»Totalkünstler« feiert 80. Geburtstag

Timm Ulrichs hat die Skulptur »Von Null bis unendlich« erschaffen

Timm Ulrichs zählt die Einbecker Skulptur zu seinen zehn wichtigsten Arbeiten.

Einbeck. Der Konzeptkünstler Timm Ulrichs feiert heute am 31. März 2020 seinen 80. Geburtstag. In Einbeck ist eine seiner Arbeiten zu sehen: »Von Null bis unendlich«. Im Januar wurde ihm von der Berliner Akademie der Künste der diesjährige Käthe-Kollwitz-Preis zuerkannt. Der gebürtige Berliner wird damit für sein Lebenswerk gewürdigt – dieses sei für nachfolgende Künstlergenerationen bis heute eine Fundgrube und Inspirationsquelle, heißt es in der Begründung der Jury. Im Haus am Lützowplatz in Berlin läuft noch bis Juni anlässlich seines Geburtstages eine Ausstellung.

Unter dem Titel »Ich, Gott & die Welt |100 Tage – 100 Werke – 100 Autoren« lässt Timm Ulrichs bis zum 14. Juni 2020 sein bisheriges Schaffen mit Hilfe von 100 ausgewählten und von 100 Autorinnen und Autoren kommentierten Werken Revue passieren. Bei der Finissage soll dann ein Katalog erscheinen. Durch die aktuelle Corona-Pandemie ist das Ausstellungshaus jedoch zunächst bis 19. April geschlossen.

Von Timm Ulrichs stammt das Kunstwerk »Von Null bis unendlich«, das seit Dezember 2018 in Einbeck nördlich der Marktkirche in der Fußgängerzone steht. Er zählt die Einbecker Skulptur zu seinen zehn wichtigsten Arbeiten, wie er bei der Einweihung sagte. Ein sich bewegendes, gebogenes Edelstahlrohr formt das Unendlichkeitszeichen, die liegende Acht, und verwandelt sich dann in eine Null. Je nach Standort steht der Betrachter entweder dem Nichts oder der Unendlichkeit gegenüber. Ein Motor hält die Skulptur langsam, permanent in Bewegung und lässt aus dem Nichts die Unendlichkeit und aus der Unendlichkeit das Nichts immer wieder von Neuem entstehen. »Diese Skulptur ist die einzige, von der ich annehme, dass sie gewinnt, wenn man weiter weg geht«, appelliert Timm Ulrichs zum Abstand. »Je dichter man dran ist, desto weniger erkennt man das Prinzip.« Die grazil-dünne Skulptur sei »eine Denkfigur, die gar nicht so viel optisch hergibt, sondern sich mehr im Kopf abspielt«. Sie solle zu Zweifel, Neugier und Phantasie anstoßen, wünscht sich Timm Ulrichs.

Der 1940 in Berlin geborene Konzeptkünstler studierte Architektur an der Technischen Hochschule Hannover. Als »Totalkünstler« hat Ulrichs 1959 die »Werbezentrale für Totalkunst, Banalismus und Extemporismus« gegründet. 1961 erklärte er sich zum »Ersten lebenden Kunstwerk«. Timm Ulrichs war von 1969 bis 2005 Professor für Bildhauerei und Totalkunst in Braunschweig und Münster. 1977 war er Teilnehmer der documenta in Kassel. Große Einzelschauen fanden 1984 in Ludwigshafen, 1991 in Madrid und Recklinghausen, 1994 in Budapest, 2001 in Antwerpen (Plastik und Skulpturen) sowie 2002 in Hannover (Druckgrafik) statt. 2010 widmeten das Sprengel Museum und der Kunstverein Hannover dem Pionier der Konzeptkunst eine große Retrospektive unter dem Titel »Betreten der Ausstellung verboten!«.oh