Türen öffnen, damit Gott einziehen kann

Familiengottesdienst in der Münsterkirche mit Tür-Geschichten | Hoffnung, obwohl Türen geschlossen bleiben müssen

Die erste Kerze war angezündet, und Pastor Daniel Konnerth und Sara Mau trugen im Familiengottesdienst aus den Einsendungen der Gemeinde zum Thema Türen vor.

»Macht hoch die Tür, die Tor macht weit«, so heißt ein bekanntes Advents- und Weihnachtslied. Die geöffneten Türe, die weiteren Tore wird es in dieser Adventszeit in der bekannten Form nicht geben. Die Corona-Pandemie zwingt zu Kontaktbeschränkungen. Welche Bedeutung Türen haben, geöffnete oder geschlossene, das war Thema des Familiengottesdienstes zum ersten Advent in der Einbecker Münsterkirche.

Einbeck. »Frohes neues Jahr« wünschte Pastor Daniel Konnerth den Gottesdienstbesuchern – nicht viereinhalb Wochen zu früh, sondern passend zum Beginn des neuen Kirchenjahres, das am ersten Adventssonntag beginnt. Es sei eine seltsame Zeit, stellte er fest: Türen würden sich schließen, von Theatern und Restaurants ebenso wie von Häusern und Wohnungen, wo man Freunde nicht mehr wie bisher begrüßen dürfe. Das sei schmerzhaft. Aber der Advent setze etwas dagegen, auch mit inneren Türen, die man öffnen könne.

Der Advent zeige, dass in der Dunkelheit ein Licht warte. Gott schütze die Menschen wie ein Dach, er liebe sie wie Vater und Mutter, und er trage sie wie fester Boden. Die erste Kerze am Adventskranz wurde von einem der jüngsten Gottesdienstbesucher angezündet. Manchmal würden Türen zugeschlagen, nicht nur wegen Corona. Es gebe aber auch die Hoffnung, dass sich Türen öffneten, wo man es nicht erwarte – und dass Gott damit in die Kirche und die Herzen komme.

Gott öffne kleine Türen und große Tore, das verspreche Psalm 24, die Grundlage für das bekannte Lied. Gott wolle einziehen, er sei ein starker Herr, ein Freund. »Er steht dir bei, mach ihm die Tür auf«, so die Botschaft dahinter.

Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde hat Mitglieder gefragt, ob es in ihrem Leben wichtige Türen gibt oder gegeben hat. Viele haben sich beteiligt, und einige dieser Ein­becker Tür-Geschichten wurden im Gottesdienst vorgestellt.

Ganz unterschiedliche Türen sind es, die für die Gemeindeglieder Bedeutung haben: Die Autotür des Fahrschulwagens gehört dazu, nachdem endlich die Prüfung bestanden war, die große weiße Tür der Tiefkühltruhe, hinter der sich Eis verbirgt, die Zimmertür, hinter der der Fernseher steht. Türen sind aufgegangen durch die Geburt jüngerer Geschwister. Unvergessen ist die Tür des Elternhauses als Symbol für Heimat und Familie. Bücher können Türen öffnen, aber auch die Klotür und die Schultür sind wichtig, genau wie die Zimmertür, die man bei Bedarf schließen kann, je nachdem, ob man seine Ruhe haben möchte oder ob es nach Pizza duftet. Eine Tür kann das Schicksal positiv beeinflussen, man freut sich, wenn alte Freunde unerwartet durch eine Tür kommen, oder man lässt sich immer wieder aufs Neue von einer High-Tech-Tür überraschen. Nicht nur eine Tür, sondern ein ganzes Tor zur Welt hat sich für viele Menschen 1989 geöffnet. Die Tür, hinter der die Haustiere warten, kann glücklich machen, ebenso die Tür des Kleiderschranks oder die Vorfreude auf die Tür der Liebe. Mal nimmt man Türen bewusst wahr, etwa wenn sich dahinter frische Luft befindet, mal durchschreitet man sie unbewusst, und wenn sich Türen des Herzens öffnen, verändert sich das Leben jedes Mal ein Stück.

»Warum öffnen wir Türen trotz Corona?«, fragte Pastor Konnerth. Kirche würde nichts produzieren, verkaufen oder ausliefern. Aber Christen hätten die Aufgabe, Türen zu öffnen, damit der Herr einziehen könne, der Leben bringe. Hier knüpfte man an die alte jüdische Tradition an. Gott sei der Freund der Menschen, er stehe ihnen bei. Christen hätten nichts anders anzubieten als die Hoffnung, und die sei mit dem ersten Advent sehr konkret geworden. In diesen Tagen ziehe Gott mit Heil und Leben in die Welt, mit Sanftmütigkeit und Barmherzigkeit: »Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.«
Der Gottesdienst war zugleich der Auftakt für die aktuelle »Brot für die Welt«-Aktion: In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf der Bekämpfung von Kinderarbeit. Rund 150 Millionen Mädchen und Jungen haben weltweit keine unbeschwerte Kindheit, sondern sie müssen durch ihre Arbeit den Unterhalt ihrer Familien sichern.

Kantorin Ulrike Hastedt an der Orgel und Roland Borchardt, Trompete, trugen dazu bei, adventlichen Glanz in den Gottesdienst zu bringen. Und während die Besucher sonst am ersten Advent zum Kirchkaffee unter die Empore eingeladen sind, war das diesmal nicht erlaubt. Stattdessen lud eine mit Kerzen, Gestecken und vielen Süßigkeiten bestückte lange Tafel ein, sich dort – coronagerecht mit Abstand – Süßes für den Heimweg mitzunehmen.ek