Gruselgeschichten…

…über das Mittelalter bei Stadtführung

Einbeck. Zur abendlichen Stadtführung unter dem Motto »Henker, Gauner, Folterknechte« konnte Alexander Kloss rund 25 Ferienpasskinder begrüßen. »Vor knapp 400 Jahren, im Mittelalter, war alles nicht so gut und zivilisiert wie heute«, sagte Kloss. Zuerst ging es in den Keller des Alten Rathauses, der durch sein Kreuzgratgewölbe etwas besonderes sei, da von dieser Bauform nur noch drei Keller in Einbeck existieren. Beim großen Stadtbrand habe sich im Rathauskeller das Pulverlager befunden, so dass das »gesamte Gebäude in die Luft flog«. Es sei aber historisch korrekt wieder aufgebaut worden.

Kloss erläuterte auch, woher die Redewendung »jemandem Feuer unter dem Hintern machen« stammt: Es habe einen (mittlerweile zugemauerten) Raum unter dem Sitzungssaal des Rathauses gegeben, dessen Boden mit Löchern versehen war. Tagten die Ratsherren nun im Winter, wurde im Keller ein Feuer angezündet, damit die Politiker es warm hatten. Weiter ging es zum Eickeschen Haus, dessen besondere Schnitzereien Erwähnung fanden. Auch die Symbole an den Häusern, die das Böse fernhalten sollten, zeigte Kloss den Kindern.

Die nächste Station war der Diekturm, benannt nach Heinrich Diek, der für den verheerenden Stadtbrand im Jahr 1540 verantwortlich gemacht wurde. Den Originalkäfig, in dem der Verbrecher zur Folter an dem Turm aufgehängt wurde, konnten die Kinder bereits im Alten Rathaus ansehen. Der Legende nach wurde Diek von seinem Bruder nach tagelanger Folter durch einen Kopfschuss von seinem Leid erlöst, dies sei jedoch »ein Märchen«, da es damals noch keine Schusswaffen gegeben habe, die den Eisenkäfig so hätten durchschlagen können, wie es das Einschussloch zeige.

In Wahrheit sei er dreimal gefoltert und befragt worden, und habe sich dreimal schuldig bekannt, wie es früher für einen Schuldspruch nötig war. Er wurde, durch die Folterungen bereits erheblich geschwächt, zum Tode verurteilt und in dem Käfig am Diekturm aufgehängt, wo er verdurstete. Neun Jahre lang hingen seine Knochen noch dort, zur Mahnung seines schlimmen Verbrechens. Im Turm selber steht ein so genannter »Gerichtsstuhl«, auf dem früher ein Doppelmörder festgeschnallt wurde, damit er in der Zeit bis zu seiner Hinrichtung keinen Selbstmord verüben konnte. Weiter ging die Führung über den Bäckerwall, vorbei am Haus des letzten Henkers, der in Einbeck lebte, und in die Marktkirche. Dort spielte Kloss abschließend noch die Orgel für die von der Führung sichtlich beeindruckten Kinder, die sich an diesem Abend bei alten Geschichten so richtig gruseln konnten.tc