Überzeugende Ideen für das Wissensquartier

Förderung für ersten Bauabschnitt mit Kindergarten-Neubau erwartet | Konzept für Museum, Archiv, Bibliothek

Planungen für das Wissensquartier mit Neubau des Kindergartens Münstermauer sowie einem Konzept für Stadtmuseum, Stadt­archiv und Stadt­bibliothek sind jetzt in einer gemeinsamen Ausschusssitzung vorgestellt worden.

Einbeck. Das geplante Wissensquartier in der Einbecker Innenstadt war Thema der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Jugend, Familie und Soziales sowie für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung. Zunächst stellten Fachbereichsleiter Joachim Mertens und Christian Fricke vom Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Stadt Einbeck den ersten Bauabschnitt vor, den Neubau des Kindergartens Münstermauer; das Vorhaben ist durchgeplant, und auch zur Finanzierung sind die Überlegungen bereits weit vorangekommen. Anschließend erläuterte Dr. Elke Heege, Leiterin von Stadtmuseum und Stadtarchiv, die Ziele des zweiten Bauabschnitts, der sich anschließen wird und der einen gemeinsamen Standort von Museum, Archiv-Neubau und Bibliothek vorsieht.

In der Vorlage der Verwaltung hieß es zum zwischen Auf dem Steinwege und Münstermauer/Stadtgrabenstraße geplanten Projekt: »Das Konzept Wissensquartier sieht vor, durch Zusammenführung und Vernetzung von außerschulischen Kultur- und Bildungsangeboten an einem Standort einen Raum für Begegnung und Bildung im direkten Lebensumfeld vieler Menschen bereitzustellen. Das Wissensquartier soll Treffpunkt sein und Freiraum bieten für Austausch, (Kennen-)Lernen und verschiedenste kulturelle Aktivitäten.«

Neubau für vorhandenen Kindergarten

Für den ersten Bauabschnitt, den Kindergarten-Neubau, können Förderprogramme in Anspruch genommen werden, unter anderem »Investitionspakt Soziale Integration im Quartier«. Dafür ist eine Fördersumme von 2,24 Millionen Euro angemeldet. Einen offiziellen Bescheid gebe es noch nicht, allerdings die Ankündigung, dass mit 90 Prozent Förderquote zu rechnen sei, hieß es. Das ermutige dazu, die Planungen voran zu bringen. Zunächst werde man, so Projektleiter Christian Fricke, den vorhandenen Kindergarten abbrechen. Er sei »in die Jahre gekommen«. Dann soll ein Neubau errichtet werden, im Einklang mit dem Freigelände, der Krippe und den Plänen für den zweiten Bauabschnitt. Die Baustellenzufahrt erfolgt über eine Verbindung zur Stadtgrabenstraße. Es handele sich um schwierigen Baugrund. Man werde auf einer Fläche von 1.000 Quadratmetern einen Bodenaustausch bis zu einer Tiefe von 1,50 Metern vornehmen müssen. Auch archäologische Grabungen würden vorgenommen, was Auswirkungen auf Baukosten und -zeit haben werde. Weiter sei die Böschung zur Münstermauer zu sichern.

Während Bauzeit Umzug in ehemaligen Kinderhort

Der neue Kindergarten bietet Platz für drei Kita- und eine Krippengruppe, jeweils mit Sanitärräumen, die den Gruppenräumen auch farblich zugeordnet werden. Das Foyer bekommt ein Glasdach. Der Eingangsbereich mündet in einen großen Bewegungs- und Mehrzweckraum. Alles soll, so der Planer, offen, luftig und transparent sein. Bei der Fassade wird die Struktur der Münstermauer aufgegriffen mit Kalksteinoptik und einem Übergang zu einem roten Ziegelton. Außerdem gibt es eine vorgehängte Holzfassade und ein begrüntes Flachdach mit einer Sedum-Kräuter-Mischung, die 20 bis 30 Zentimeter hoch wird und nur extensive Pflege braucht.

Für die Übergangs- beziehungsweise zweijährige Bauzeit wird der Kindergarten in den benachbarten ehemaligen Kinderhort umziehen, der seit 2016 leersteht. Dafür entstehen Kosten von etwa 36.000 Euro, für die es noch keinen Haushaltsansatz gibt.

3,2 Millionen Euro für ersten Bauabschnitt

Die Planungen, berichtete Christian Fricke, würden laufen. Man könne im Herbst einen Bauantrag stellen. Parallel zum Genehmigungsverfahren könnten erste Ausschreibungen für Abbruch und Rohbau erfolgen. Er rechne mit einem Baubeginn im Frühjahr 2020. Für das laufende Jahr stehen für das Projekt 350.000 Euro im Haushalt. Weitere 2,85 Millionen sollen 2020 eingestellt werden, so dass der erste Bauabschnitt mit 3,2 Millionen Euro beziffert werden kann.

Die Planungen haben beide Ausschüsse überzeugt: Jeweils einstimmig sprachen sich die Mitglieder dafür aus, das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement mit der Weiterführung des Projekts zu beauftragen.

»Gemeinsame Vision« für Museum und Bibliothek

Den Kindergarten eng ans Wissensquartier anbinden und beidseitig kurze Wege ermöglichen, das sei eine Grundidee gewesen, führte Dr. Elke Heege aus. Sie freue sich, dass das Thema in diesem Rahmen zum ersten Mal so ausführlich erläutert werde. Bereits seit 2013, erinnerte sie, gebe es Überlegungen zur notwendigen Vergrößerung des Archivs.

Dazu wurden bestehende bauliche Möglichkeiten ebenso geprüft wie ein Neubau. 2017/18 sei ein Masterplan für das Stadtmuseum erstellt worden, und dem folge man konsequent. Darin wurden vier wesentliche Veränderungen angeregt: die fachliche Verstärkung im Bereich Museumspädagogik, um auch andere Zielgruppen und Arten der Wissensvermittlung zu erreichen, die teilweise Erneuerung der Ausstellung, die Umsetzung von Barrierefreiheit, die auch inhaltliche Hemmnisse berücksichtige, sowie die stärkere Vernetzung von Kultureinrichtungen. Gemeinsam wolle man ein noch besseres Angebot schaffen, und deshalb habe man die Bibliothek ins Boot geholt.

Bei der gezielten Vermittlung von Lese- und Schreibkenntnissen komme ihr künftig eine größere Rolle zu, und auch die digitale Angebotspalette wolle man erweitern, wobei man da durch den Zukunftsvertrag in den vergangenen Jahren sehr eingeschränkt war. Das Bibliotheksgebäude sei funktionell und optisch in gutem Zustand, allerdings stamme es aus den 60er Jahren, und es sei für moderne Anforderungen nicht gut gerüstet. So habe man eine gemeinsame Vision entwickelt, »und kommen Sie mir jetzt nicht mit Helmut Schmidt«, schmunzelte Dr. Heege. Man wolle eine Öffnung der Einrichtungen für die Stadtgesellschaft erreichen, einen Ort für Integration und Inklusion.

In der Nachbarschaft zum geplanten Wissensquartier gebe es zwei Schulen, zwei Kindergärten, zwei Kirchengemeinden und mehrere Vereine. Eine enge Zusammenarbeit biete sich an. Die Aufenthaltsqualität in der Stadt solle sich verbessern, man wolle ein Angebot zum Lernen sowie für Hobby und Freizeit machen. Dazu zählen beispielsweise ein großes Forum, in dem man sich begegnen kann, und ein Lesesaal, der für Recherche genutzt wird. Die Funktionsräume werden von den drei Einrichtungen gemeinsam genutzt. Letztlich entstehe ein dritter Ort, ein Ort ohne Kosten und Verpflichtungen, »in den man gehen kann«, neben dem Zuhause und der Arbeitswelt, für Austausch, Diskussion und gesellschaftliche Teilhabe. Zu sehen sei auch eine Kreuzungsachse zur Magistrale der Baukultur. Dieser neue kulturelle, integrative Schwerpunkt in der Innenstadt werde wahrgenommen, war sie sicher.

Daraus würden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für ehrenamtliche Aktivitäten ergeben. Haupt- und Ehrenamt müsse man »zusammen denken«, nur so könne es funktionieren.

Archiv ist eine Pflichtaufgabe der Stadt

Wie das ehrgeizige Projekt gelingen könne? Es gebe bereits viel positive Resonanz, beispielsweise aus dem zuständigen Ministe­rium in Hannover, gerade wegen der Kombination mit dem Kindergarten. Der Zusammenhang mache das Vorhaben auch förderfähig, das gelte für die Bibliothek und das Museum, und die Unterstützung werde beispielsweise deutlich am immens hohen Förderanteil für den Kindergarten-Neubau. Das Archiv, fuhr Dr. Heege fort, sei eine Pflichtaufgabe der Stadt, dafür bekomme man leider keine Förderung. Der große Entwurf habe jedoch einen vielfachen Mehrwert.

Der zweite Bauabschnitt könne erst begonnen werden, wenn der erste Abschnitt fertig sei, denn der Kindergarten werde übergangsweise im Hort untergebracht, den man dann für die weitere Planung brauche. Das gebe aber Zeit, weitere Förderer zu begeistern. Außerdem stehe ab 2021 möglicherweise wieder das LEADER-Programm zur Verfügung.

Die Gesamtkosten ließen sich zum jetzigen Zeitpunkt nur grob schätzen, man rechne mit zehn bis elf Millionen Euro, und gebaut werde nur, wenn man eine »erhebliche Förderung« erwarten könne. Sie wünsche sich einen Architektenwettbewerb um den besten und raumsparendsten Entwurf – und dass gemeinsam am Wissensquartier weitergearbeitet werde. Es sei ein Projekt für die Einbecker Bürger, das auch vorbildhaft in die Region hinein wirke. Daran sollte man gemeinsam konstruktiv arbeiten.

Er halte die Ideen für eine tolle Sache, sagte Joachim Dörge, CDU. Allerdings könne er sich nicht vorstellen, dass so viel in die Gebäude passe, die dort Platz finden würden. Man habe bereits überlegt, die Archiv-Lagerräume in den »Untergrund« zu bauen, erläuterte Dr. Heege. Den Platz optimal auszunutzen, sei eine große Aufgabe. Man wolle den Gesamteindruck des Bereichs nicht zerstören, deshalb werde man auch keinen »Klotz« dorthin setzen.ek