Vergessene Testamente Vergangenheit
Zentrales Register / Gespeichert werden lediglich die Verwahrangaben
Einbeck. Damit im Sterbefall das Nachlassgericht schnell und vor allem richtig entscheiden kann, muss es wissen, welche Urkunden den letzten Willen des Erblassers enthalten. Bislang mussten dafür »gelbe Karteikarten«, die bei den mehr als 5.000 Geburtsstandesämtern in Deutschland verwaltet werden, in Augenschein genommen werden. Solche Karteikarten wurden immer dann ausgefüllt und versandt, wenn bei einem Notar ein Testament errichtet oder ein Erbvertrag geschlossen wurde beziehungsweise ein handschriftliches Testament in die besondere amtliche Verwahrung des Amtsgerichts gelangte.
Das Testamentsregister beendet die Zettelwirtschaft der inzwischen 15 bis 20 Millionen Karteikarten. Ab 1. Januar 2012 werden erbfolgerelevante Urkunden bei der Bundesnotarkammer in einem elektronischen System registriert. Vorteil: Im Sterbefall werden sowohl das zuständige Nachlassgericht als auch die Stelle, in dessen Verwahrung sich der letzte Wille befindet, sofort elektronisch informiert. Zudem können Notare bei der Testamentsgestaltung und -errichtung künftig noch besser beraten, weil ihnen mehr Informationen zur Verfügung stehen: Notare können das Zentrale Testamentsregister wie Gerichte abfragen, um etwaige Vorurkunden, die beispielsweise die Testierfreiheit einschränken, zu ermitteln. Nicht selten war die Praxis davon geprägt, dass beispielsweise ein frühes gemeinschaftliches Testament mit dem inzwischen verstorbenen Ehegatten längst in Vergessenheit geraten war. Damit macht die Abfragemöglichkeit für Notare nun Schluss.
Bundestag und Bundesrat haben betont, mit der Bundesnotarkammer einen zuverlässigen Träger für das neue Register gefunden zu haben. Insbesondere alle Aspekte des Datenschutzes sind dadurch in besten Händen. Wie bereits beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer werden auch im Testamentsregister keine Urkundeninhalte gespeichert, sondern nur Verwahrangaben. Datensparsamkeit ist ein wichtiges Element des Datenschutzes. Das heißt: Im Register steht nur, dass ein Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag hat und bei welchem Notar beziehungsweise Nachlassgericht sich die Urkunde befindet. Welche Verfügungen die Urkunde enthält, wird nicht gespeichert. »Niemand muss deshalb eine zentrale Speicherung seines letzten Willens fürchten«, sagt Thomas Diehn von der Bundesnotarkammer. »Die getroffenen Regelungen bleiben nach wie vor Verschlusssache und unterliegen der strengen Verschwiegenheitsverpflichtung der Notare.« Das Zentrale Testamentsregister schafft aber die Gewähr dafür, dass keine Urkunde vergessen wird und alle Verwahrstellen im Sterbefall sofort benachrichtigt werden. Für die elektronische Kommunikation kann auf stark geschützte Datennetze der Notare und der Justiz zurückgegriffen werden.
Registriert werden nur solche erbfolgerelevanten Urkunden, die von einem Notar errichtet worden sind oder sich in gerichtlicher Verwahrung befinden. Für privatschriftliche Testamente, die daheim liegen, besteht keine Registrierungspflicht oder -möglichkeit. Damit soll respektiert werden, dass der Einzelne ein Testament auch ohne die fachkundige Unterstützung des Notars und nach wie vor ohne jeden staatlichen Bezug errichten kann. Rein private Urkunden kommen daher zur Regelung eines Erbfalls nur in Betracht, wenn auch deren Aufbewahrung und Ablieferung im Sterbefall zuverlässig privat organisiert werden können. Notargebühren werden ohnehin vielfach überschätzt: »Ein notarielles Testament kostet bei einem Nachlasswert von 50.000 Euro gerade einmal 132 Euro zuzüglich Umsatzsteuer«, sagt Diehn. Was viele nicht wissen: Die Gebühr umfasst sämtliche Beratungsleistungen des Notars, die Entwurfserstellung und die Beurkundung – egal wie verzwickt die Familiensituation ist.
Das Gesetzgebungsverfahren zum Zentralen Testamentsregister hat auch deshalb so viel Zeit in Anspruch genommen, weil umfassend geprüft wurde, wie die bereits vorhandenen Verwahrinformationen in das neue System integriert werden können. Nun steht fest: Die bestehenden Bestände an gelben Karteikarten werden in das Zentrale Testamentsregister im Zuge der Inbetriebnahme vollständig überführt. Damit soll ein Vollbetrieb des Registers schon innerhalb von sechs Jahren erreicht werden.
Ab 1. Januar 2012 werden neue erbfolgerelevante Urkunden ausschließlich bei der Bundesnotarkammer registriert. Bis zur vollständigen Überführung bestehender Karteikarten wird ein Sterbefall vom Testamentsregister und auch vom zuständigen Standesamt, das die gelben Karteikarten des Erblassers führt, überprüft. Dadurch ist eine reibungslose Übergangszeit sichergestellt.Die Registrierung wird voraussichtlich einmalig 15 Euro pro Erblasser kosten. Weitere Kosten fallen nicht an.oh