Vom »hochverdienten Sieg« bis »Desaster«

Parteien und Fraktion aus dem Einbecker Rat zum Ergebnis der Landtagswahl vom Sonntag

Einbeck. Die Landtagswahl vom Sonntag hat der SPD den Wahlsieg gebracht, dem Land aber keine eindeutige Regierungskoalition. Den Wahlkreis hat SPD-Kandidat Uwe Schwarz klar gewonnen, und die SPD ist hier auch stärkste Kraft geworden, wobei sie prozentual zulegen konnte. Die CDU hat Stimmen abgeben müssen. Die FDP hat ein Plus bei den Erststimmen eingefahren. Die Grünen wurden bei Erst- und Zweitstimmen von der erstmals angetretenen AfD überholt. Die Einbecker Morgenpost hat die im Rat vertretenen Parteien um ein Fazit zur Wahl gebeten.

Von einem »hochverdienten Wahlsieg für Uwe Schwarz und Stephan Weil« spricht die Einbecker SPD. Sie gratulierte dem Landtagsabgeordneten Uwe Schwarz zum erneut mit einem hervorragenden Ergebnis errungenen Direktmandat. Die Einbecker Wähler hätten zu Recht die Leistungsbilanz der SPD-geführten Landesregierung und ihres Abgeordneten honoriert. Mit Uwe Schwarz werde der Wahlkreis weiter durch einen kompetenten und engagierten Sozialpolitiker vertreten. »Daran konnten nach einem von den Gegenkandidaten fair und sachlich geführten Wahlkampf auch die unlauteren Unterstellungen aus Kreisen der Einbecker CDU zum Einbecker Krankenhaus nichts ändern«, so der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Marcus Seidel.

Getrübt werde das Wahlergebnis durch das Abschneiden und vor allem dem Einzug der rechtspopulistischen AfD in den Landtag. »Es war sträflich, dass Herr Althusmann noch im Wahlkampf dies als Chance tituliert hatte und damit die rechtsradikalen Kräfte weiter hoffähig gemacht hat«, so Seidel.

Die SPD sei bei dieser Landtagswahl nicht nur in Einbeck und im Wahlkreis, sondern erstmals seit 19 Jahren wieder landesweit stärkste Kraft. Die SPD in Einbeck nehme dieses Ergebnis als Rückenwind für ihre weitere kommunalpolitische Arbeit, kündigte Rolf Hojnatzki an. Dabei gehe es aber auch darum, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen, die mit ihren Stimmen jetzt hohe Erwartungen verbinden würden. Das habe sich in den vielen Gesprächen im Wahlkampf gezeigt. Soziale Gerechtigkeit und Sicherheit in allen Lebensbereichen müssten die Leitlinie vor Ort, aber auch für die Landes- und Bundespolitik sein.

»Das zentrale Signal der Landtagswahl lautet: Rot-Grün ist abgewählt.« So interpretiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Ebrecht den Wahlabend. Dieses Ergebnis werde sich zukünftig hoffentlich auch vor Ort widerspiegeln. »Von einer neuen Regierung erwarten wir auch in unserer Region eine bessere Schulpolitik, eine bessere Ausstattung und einen respektvolleren Umgang mit der Polizei.« Das CDU-Ergebnis sei nicht gut, stellt er weiter fest. Das schlechte Abschneiden, insbesondere auch das persönliche Ergebnis des CDU-Kandidaten, mache es aus Sicht der Einbecker CDU erforderlich, dass es in Hannover und in der Region zu inhaltlichen und personellen Veränderungen komme. Daran führe kein Weg vorbei. Das absolut vordringliche politische Thema sei für die CDU der Ausbau hin zu einer zeitgemäßen Breitbandversorgung. »Hier muss die neue Landesregierung ran - und zwar schnell. Wir werden dafür sorgen, dass sich der Kreistag in einer Sondersitzung damit beschäftigt.« Die CDU fordere zudem, dass sich die gewählten Parlamentarier nachdrücklich mit dem Thema auseinandersetzten und sich dafür stark machten, dass die Region nicht länger vom schnellen Internet abgekoppelt bleibe.

»Aus Sicht der FDP-Stadtratsfraktion freue ich mich, dass Christian Grascha wieder in den Landtag eingezogen ist«, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Reinhard Binder. Das politische Gewicht der FDP-Fraktion steige mit dem beachtlichen Ergebnis von Fraktionsmitglied Dr. Marion Villmar-Doebeling in Northeim. Mit 9,63 Prozent habe die FDP in Einbeck ihren lokalen Stellenwert unterstrichen. Die Koalition von SPD und Grünen in Hannover sei wahrscheinlich nicht weiterzuführen. Das bedeute für Einbeck, dass die Bestrebungen bei der Umgestaltung der Schullandschaft zunächst gebremst seien, da sich alle möglichen Koalitionspartner diesbezüglich festgelegt hätten. »Wir erwarten, dass der lange verschlafene Ausbau des Glasfasernetzes nun schnell erfolgt und den Versprechungen des Südniedersachsenprogrammes nun außer Stellenschaffungen substanzielle Verbesserungen folgen«, fährt Dr. Binder fort. Die zum Teil verwunderlichen Vorstellungen des Landwirtschaftsministers würden, zum Segen der in der Landwirtschaft und in der Saatzucht Beschäftigten, an Durchschlagskraft verlieren. »Die Stimmenverteilung bei der Landtagswahl bedeutet für uns keine Änderung der lokalen Konsensbeschlüsse, insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Haushaltsberatungen«, so der Fraktionsvorsitzende weiter.

Für den FDP-Ortsverband hebt die Vorsitzende Dr. Marion Villmar-Doebeling die Ergebnisse von 12,30 Prozent bei den Erst- und 9,63 Prozent bei den Zweitstimmen hervor: »Das zeigt für uns Freien Demokraten vor Ort, dass wir gut etabliert sind, um auch weiter liberale Akzente in der Kommunalpolitik setzen zu können.« Das gelte insbesondere für die Haushaltsberatungen sowie für bessere (digitale) Ausstattung der Grundschulen vor Ort und für eine Nachbesserung beim Hochwasserschutz. Gleichzeitig liege das Gesamtergebnis des Landkreises Northeim für die beiden Wahlkreise 18 mit Kandidatin Dr. Villmar-Doebeling und 19 mit Kandidat Christian Grascha sowohl für die Erststimmen (8,01 Prozent) als auch für die Zweitstimmen (7,84 Prozent) über dem landesweiten Ergebnis von 7,5 Prozent. Auch diese Zahlen zeigten, dass die liberale Stimme im Landkreis tragfähig sei.

Zudem stehe recht belastbar fest, dass ein Neustart von Rot-Grün nicht möglich sei. Das sei aus FDP-Sicht erfreulich. Die Aufnahme von Gesprächen für eine mögliche Regierungsbildung liege nun bei der SPD und der CDU. Allerdings habe FDP-Landesvorsitzender Stefan Birkner eine mögliche Regierungsbeteiligung an Rot-Grün, insbesondere aufgrund der Bildungs-, Landwirtschafts- und Sicherheitspolitik, ausgeschlossen. Gleichzeitig sei es für die FDP wichtig, dass durch das Scheitern der Linken an der Fünf-Prozent-Hürde eine mögliche Regierungsbildung von Rot-Rot-Grün ausgeschlossen sei. Aus Sicht des Ortsverbandes der FDP sei es umso zentraler, vor Ort die bürgerliche Mitte stärker für politische Prozesse zu interessieren und einzubinden, um diese bei der nächsten Landtagswahl wieder stärker berücksichtigen zu können.

Nicht überrascht vom Wahlausgang sind die Einbecker Grünen. »Die Skeptiker im Einbecker Ortsverband haben recht behalten«, so Sprecher Dr. Ewald Hein-Janke: »Der Wahlausgang ist für die Grünen ein Desaster. Wir haben zusammen mit der SPD in Hannover gute Politik gemacht. Auch unsere vier Minister in der Regierung haben sich bewährt. Die Früchte der rot-grünen Arbeit hat allein die SPD geerntet«, so Ratsherr Manfred Helmke. »Wir haben eine regelrechte Klatsche bekommen. Das müssen wir uns eingestehen«, stellt Ratsherr Dietmar Bartels fest. »Zu verdanken haben wir das in erster Linie unserer Überläuferin. Es ist gerecht, dass solcher Betrug am Wähler nicht honoriert wird. Auch die CDU hat für ihr undemokratisches Verhalten einen Denkzettel gekriegt«, so Dr. Hein-Janke. Hans-Jürgen Reimann resümiert: »Wir stehen vor einem Scherbenhaufen.« Die Fraktion in Hannover befinde sich in einer Klemme: Entweder müsse man vom Spielfeldrand zusehen, wie die große Koalition mit Zwei-Drittel-Mehrheit ihr Ding durchziehe, oder zähneknirschend in eine Jamaica-Koalition eintreten, um vielleicht noch ein kleines Bisschen bewegen zu können.

Froh sei die AfD, auch in Niedersachsen im Landtag vertreten zu sein, so AfD-Sprecher Maik Schmitz in einer Stellungnahme. Rot-Grün sei abgewählt, und durch den Einzug der AfD in den Landtag werde es schwer , eine stabile Regierungskoalition zu bilden. 6,2 Prozent seien sicher kein Traumergebnis, aber auf Grund der Umstände der letzten Tage und Wochen ein sehr passables Resultat. Der Austritt von Frauke Petry und die »absurden Anwürfe« gegen Paul Hampel hätten sicher zwei bis drei Prozent der Stimmen gekostet. Im Kreis Northeim habe die AfD gute Ergebnisse erzielt, sie liegen klar über dem Landesdurchschnitt. »Ich persönlich freue mich über den Erfolg, auf Platz 3 bei den Direktkandidaten gelandet zu sein und Grüne, Linke und die FDP hinter mir gelassen zu haben«, stellt Maik Schmitz fest. Das sei eine Bestätigung der guten Arbeit der AfD. 7,6 Prozent in Northeim seien ein »Klasse Resultat«: Die AfD sei angekommen.ek/oh