Von den Personal- zurück zu den Sachfragen

SPD-Ortsverein und -Ratsfraktion zur »Causa Kloss« | Unerwartet hohe Wellen geschlagen

Eunice Schnitzki, Marcus Seidel, Rolf Hojnatzki und Peter Traupe (von links) als Vertreter des SPD-Ortsvereins und der SPD-Ratsfraktion haben Stellung genommen zum Austritt von Alexander Kloss aus der Partei und zur Vorgeschichte dazu.

Der Rückzug des unterlegenen Kandidaten Alexander Kloss aus der SPD-Ratsfraktion und schließlich aus der Partei hat mög­licherweise mehr Aufsehen erregt als die Wahl von Dirk Heitmüller zum SPD-Bürgermeisterkandidaten. Ohne Nachtreten, wie sie versichert, wollen SPD-Ortsvereins- und Fraktionsspitze nun wieder Ruhe in die politische Arbeit bringen, sich von Personal- auf Sachfragen konzentrieren.

Einbeck. Gern würde man, so der Fraktionsvorsitzende Rolf Hojnatzki beim dazu vereinbarten Pressetermin, ausschließlich über den anstehenden Bürgermeisterwahlkampf und die Fraktions­arbeit sprechen, aber die Angelegenheit steht natürlich im Raum, wenngleich, wie die SPD versichert, ohne Nachharken und ohne Abrechnung. »Wir bedauern im Grunde, dass der ­Umgang von Alexander Kloss mit seiner eindeutigen Wahlniederlage unsere anderen Aktivitäten überschattet«, so Hojnatzki.

Austritt zur Kenntnis genommen

Kloss hatte nach 25 Jahren in der Partei und 19 Jahren Mitgliedschaft im Einbecker Rat am 13. Juli seinen Parteiaustritt erklärt; zunächst hatte er das zum Sommer 2021 geplant, den Austritt dann aber doch kurzfristig vollzogen. Er sei, hieß es von der SPD-Spitze, von Partei und Fraktion angeschrieben worden, sich zu den von ihm im Vorfeld erhobenen Vorwürfen zu äußern beziehungsweise sie zu belegen. Einen wie von Kloss angekündigten Austritt auf Raten habe man sich nicht vorstellen können, erläuterte Hojnatzki, und das würden auch die Statuten nicht hergeben. Entweder hätte er seine Anschuldigungen zurücknehmen können oder die Konsequenzen ziehen und umgehend austreten müssen.

Alexander Kloss habe sich zu den Vorwürfen nicht geäußert und auch keine Belege vorgelegt. »Das ist seine persönliche Meinung, und die stimmt mit der Realität nicht überein.« Den Austritt, für den es keine Kündigungsfristen oder Wartezeiten gibt, habe man zur Kenntnis genommen, sagte Hojnatzki, er sei sofort erfolgt, und damit sei automatisch auch der Austritt aus der Fraktion verbunden. »Wir gehen jetzt zur normalen Arbeit über.« Logisch, fügte er hin, wäre es, auch den Ratssitz zurückzugeben. Erfolge das nicht, bleibe Kloss weiterhin demokratisch gewähltes Mitglied des Rates.

Umgang mit kritischen Fragen

Er habe den Eindruck, als seien Alexander Kloss bei seinen Äußerungen in den sozialen Netzwerken mal die Pferde durchgegangen. Dass die Äußerungen solche Wellen schlagen würden, habe sich nicht angekündigt.

Zu den nächsten Aufgaben der Fraktion zähle unter anderem, dass drei Ausschüsse neu zu besetzen seien: Alexander Kloss war Sprecher der SPD im Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung, und er hat im Ausschuss für Kernstadtfragen sowie im Ausschuss für Umwelt, Energie und Bau mitgearbeitet.
Sollte er Teile seines Wahlprogramms für das Bürgermeisteramt jetzt weiterverfolgen, sei das nicht mit der SPD-Fraktion abgestimmt, hieß es weiter. Es gebe darin auch Themen, die ausdrücklich nicht parteikonform seien, etwa die Außenwerbesatzung.

Die SPD habe dieses Nominierungsverfahren für die Bürgermeisterkandidatur gewollt, betonte der Ortsvereinsvorsitzende Marcus Seidel, man habe damit etwas anders machen wollen als früher. Derart mit offenem Visier aufzutreten, berge immer die Gefahr, dass etwas entgleite. Es sei in diesem Zusammenhang wichtig gewesen zu sehen, wie mit kritischen Fragen umgegangen wurde. Alle drei Kandidaten hätten die Möglichkeiten gehabt, sich vorzustellen. Die SPD habe auf ein kleines Ergebnis gehofft, was letztlich auch so eingetreten sei: Dirk Heitmüller wurde mit rund 60 Prozent der Stimmen der Anwesenden gewählt.

Er sehe darin ein beispielhaftes Verfahren, so Seidel. Interessant sei die Frage, wie man danach mit der Niederlage umgehe - professionell, weniger professionell? Eine Wahl sei nur eine Wahl, wenn man Auswahl habe. Mit einem offenen Gespräch hätte man sicher einiges klären können. »Wir bedauern die jetzige Entwicklung«, sagte Marcus Seidel. Wenn der Schnitt nun vollzogen sei, mache das zugleich die künftige Umsetzung politischer Ziele nicht einfacher.

Weiter Ratskollegen

Das Verfahren der Kandidatenauswahl lobte auch Eunice Schenitzki. Man habe mit Dirk Heitmüller, Alexander Kloss und Ulrike Schwartau drei Kandidaten gehabt, die in der Lage gewesen wären, den Wahlkampf zu führen. Alexander Kloss verhalte sich »unnötigerweise« so, wie man das jetzt erlebe. Er sei der Nachwuchs der SPD gewesen. Zum künftigen Verhältnis betonte sie, man sei sich nicht feind, sondern man bleibe Ratskollegen – nur nicht in der gleichen Partei.

Mehr direkte Gespräche im Wahlkampf

Der kommende Wahlkampf werde in anderen Formaten stattfinden als gewohnt, so die Prognose von Marcus Seidel. Man müsse sehen, welche Öffnungsklauseln die Corona-Verordnungen bis zum Wahltermin am 1. November vorsehen würden und wo man beispielsweise Räume für Veranstaltungen finde. Eine Auftaktveranstaltung im großen Rahmen, wie man sie sich gewünscht hätte, werde es eher nicht geben. Stattdessen werde man möglicherweise mehr direkte Gespräche führen. Man denke aber noch nach, was man anbieten könne. Noch in diesem Monat sollen Details veröffentlicht werden zu den inhaltlichen Schwerpunkten des Kandidaten – den Wahlkampf führe der SPD-Ortsverein, machte Seidel klar.

Zu einer möglichen Unterstützung durch andere Parteien hat die SPD Gespräche geführt – mit FDP und Grünen, wie Hojnatzki auf Nachfrage sagte.

Thema Hochwasserschutz

Zum kommunalpolitischen Thema Hochwasserschutz stellte die SPD-Spitze fest, man sollte ehrlich bleiben. Der Hochwasser-Antrag der CDU zu Vardeilsen könnte einen ganze Folge weiterer Ansprüche anderer Ortschaften nach sich ziehen. Man müsse stattdessen Verantwortungsbewusstsein zeigen und dürfe keine falschen Hoffnungen wecken, denn die Finanzierung der Maßnahmen sei das zentrale Problem. Andererseits müsse man auch berücksichtigen, dass Hochwasserschutz angesichts von Kli­mawandel und häufigerem Starkregen eine ­höhere Priorität bekommen müsse. Die Corona-Krise, mahnte Hojnatzki, werde extreme Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen haben, es bleibe nur noch Geld für das Nötigste, schlimmstenfalls lediglich die Pflichtaufgaben. Unter diesem Gesichtspunkt müsse man sich um trag- und zukunftsfähige Planungen kümmern, und da habe die Besichtigung des Ausschusses vor Ort den Weg gewiesen.ek