Vor 50 Jahren einfach durchgebrannt

»Star Wars«, Shakespeare und Familie von Lessing produzieren amüsantes Chaos

Das Ensemble des »Münstheaters« der Ein­becker Münstergemeinde spielte am vergangenen Wochenende das Stück »Friede, Freude, Eierkuchen« aus der Feder von Regisseur John Deppe. Die Geschichte um die Hochzeit der beiden Rentner Ernestine und Paul wartete mit Seitenhieben auf verschiedene Epochen, Film­anspielungen und Momenten aus der Welt­lite­ratur auf.

Einbeck. Familie von Lessing steckt in den Hochzeitsvorbereitungen für Großmutter Ernestine (Barbara Sattler-Müller) und ihren zukünftigen Gemahl Paul (Michael Weber). Die beiden wünschen sich eine Aufführung aus Romeo und Julia, also probt die gesamte Familie gemeinsam eine Szene aus Shakespeares Werk.

Enkeltochter Ella (Ida Döhrel) führt Regie, Sohn Hannes (Christian Lodder) und Ernestines kleiner, etwas simpler Bruder Willi (Thomas Döhrel) spielen die Montagues. Während also Hannes mit einem »Lichtschwert«, wie der in ein »Star Wars« T-Shirt gewandete Willi den zum Angriff geschwungenen Staubsauger nennt, auf Paul losgeht, versucht der in orangene Gewänder gekleidete Ex-Mann von Hannes Frau Marion (Ute Räbiger), Karl Friedrich (Wolfgang Erbach), die Situation zu schlichten. Offensichtlich von der Tradition tibetanischer Mönche inspiriert, möchte er den Konflikt gewaltlos lösen. Dies ist alles überhaupt nicht im Sinne der Regisseurin, die entnervt »cut« ruft. Paul bringt es im Gespräch mit Ernestine auf den Punkt: »Vielleicht hätten wir die Rollen von Romeo und Julia spielen sollen.«

Es stellt sich bald heraus, dass Paul der leibliche Vater von Hannes und Klara (Sonja Ahrens) ist, er weiß es nur nicht. »Vor 50 Jahren auf der Kreuzfahrt, da haben wir uns kennengelernt«, verrät Ernestine Hannes eines Nachts, als er in roter Glitzerjacke und vollkommen betrunken nach Hause kommt, »und sind einfach durchgebrannt«. Auch Hannes Töchter Camille (Lisa Neumann) sowie Madita (Johanna Rörig) ahnen nichts von ihrem wahren Opa. Nach einer irrwitzigen, von Musik begleiteten Reise durch die vergangenen Jahrzehnte, bei der das ganze Ensemble unter anderem mit weißen Handschuhen zu Michael Jacksons »Thriller« tanzt, verdeutlichen Hannes und Marion den Kindern den Mauerfall: Kurzerhand werden die Stühle zur Grenze umfunktioniert und die Jugend nach Ostdeutschland abgeschoben. Da es dort jedoch weder Schokoladenbrotaufstrich noch Mettbrötchen (für Willi, der dafür auch nachts aufsteht) gibt, kommt es zur Revolution und Grenzöffnung.

Das Stück lebte von den phänomenalen Leistungen seiner Darsteller. Michael Weber als Hannes löste Lachkrämpfe im Publikum aus, als er offensichtlich völlig »blau« Ernestine verrät, er käme gerade vom Englischkurs und man sei anschließend noch im Pub hängengeblieben. Als er sich und ihr noch einen einschenkte und dabei bierernst »downstairs with it, we drink a bittle lit« sagte, bogen sich die Zuschauer vor Lachen.

Willis schlichtes Gemüt und seine Liebe zu Science-Fiction-Sagen wurde dadurch erklärt, dass ihm »als Kind eine Kokosnuss auf den Kopf gefallen ist«. Sein Wahlspruch schien »Möge die Macht mit Dir sein« zu sein, zudem nahm ihn Hannes einmal beiseite, um zu erklären, »wer Obi Wan-Kenobi ist«. Einen bestimmten Schauspieler zu loben, würde der Sache jedoch nicht gerecht: Alle spielten hervorragend. Charmant verpackt, mit viel Humor und deutlichen Anleihen von Romeo und Julia in der Vorgeschichte von Paul und Ernestine, zeigten die Darsteller, dass im Kreise der Familie alles möglich ist – vielleicht sogar Friede, Freude, Eierkuchen. Wer wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht oder sich einfach nur zwei Stunden bestens unterhalten lassen will, sollte eine er weiteren Aufführungen am Freitag und Sonnabend, 26. und 27. November, nicht versäumen. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.tc