Weitere Bachelorarbeit zum Märchenwald

Forstwirtschaftsstudentin Lena Blendermann hat über Mikrohabitate geforscht | Erfassung und Bewertung

Dr. Peter Meyer, Lena Blendermann und Professor Dr. Helge Walentowski (von links) im Einbecker Märchenwald, über den die Studentin ihre Bachelorarbeit verfasst hat.

Einbeck. Lena Blendermann, Studentin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Göttingen, Studiengang Forstwirtschaft, hat die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit über die Erfassung und Bewertung von Mikrohabitaten im Märchenwald vorgestellt. Auf Initiative von Henning Städtler wurde das Thema von Professor Dr. Helge Walentowski (HAWK) gerne aufgegriffen.

Nach einer Einführung zum Erkennen und Bestimmen von Habitatbäumen wurde das Aufnahmeverfahren festgelegt. Als Hilfsmittel diente der »Katalog der Baum-Mikrohabitate« von Kraus. Für jeden Baum wurde eine Identifikationsnummer vergeben, und die zugehörigen Untersuchungsparameter wurden erstellt. Jeder in Frage kommender Baum wurde vom Stammfuß bis zur Krone in Augenschein genommen und noch einmal aus der Nähe von allen Seiten her untersucht. Der Standort des Baumes wurde mit einem GPS-Gerät erfasst. Neben der Baumart wurden der Brusthöhendurchmesser (BHD) gemessen, die vorgefundenen Mikrohabitate wurden fotografiert und tabellarisch eingetragen. Die Habitatbäume wurden bereits 2015 im Zuge einer anderen Bachelorarbeit erfasst.

Die Katalogisierung erfolgte nach den Hauptkriterien Baumhöhlen, Stammverletzungen, Bruchwunden, Rinde, Totholz, Deformierung, Wuchsform, Nester und Epiphyten (Aufsitzerpflanzen). Jedes Hauptkriterium wurde noch weiter unterteilt, etwa bei den Höhlen in Spechthöhlen, Stamm- und Mulmhöhlen, Asthöhlen, wassergefüllte Baumhöhlen, Bohrlöcher.

Für die Auswahl von sogenannten Leitarten wurden Biologie-Experten zu Rate gezogen. Im Märchenwald wurden 1.247 Habitatbäume erfasst – rund 40 Prozent Eichen, 17 Prozent Eschen, 16 Prozent Buchen und 15 Prozent Bergahorn. 239 Bäume haben einen BHD von über 80 Zentimetern. Lena Blendermann erfasste 3.476 Mikrohabitate. Den Löwenanteil machen die Stamm- und Asthöhlen aus.

Dem aktuellen Wert von 52 Habitatbäumen pro Hektar und knapp 42 Kubikmetern Totholz je Hektar im Märchenwald stehen in der Nachbarabteilung 38 im Wirtschaftswald vier Habitatbäume je Hektar gegenüber, ein Wert, der von seiner Waldentwicklung her nicht unbedingt vergleichbar ist. Aus der Vogel-Fauna zählen besonders die Spechte zu den Leitarten, aber auch Hohl- und Turteltaube sowie Waldkauz und Trauerschnäpper. Aus dem Bereich der Käfer wurde als wichtigste Leitart der Mulm-Zwergstutzkäfer (Aeletes atomarius) ausgewählt, außerdem der Rotblaue Ulmenprachtkäfer (Agrilus auricollis), der 2016 vom Diplombiologen Dr. Reiner Theunert erstmals für Niedersachsen im Märchenwald nachgewiesen wurde, sowie einige weitere seltene Käfer.

Der Märchenwald Einbeck weist mit 146 Mikrohabitaten pro Hektar eine hohe Zahl von potenziellen Lebensräumen für tierische und pflanzliche Organismen aus. Neben der Vielzahl von Höhlen sprechen auch das große Totholzangebot im Kronenbereich, die Rauhigkeit der Rinde und Starkastabbrüche für ein hohes Maß an Natürlichkeit. Holzbewohnende Käfer besitzen oft nur ein geringes Ausbreitungsvermögen und finden hier ein dauerhaftes Refugium. Da der Märchenwald keine fixierte Grenze für die nachgewiesenen Arten darstellt, trägt auch der umliegende Wirtschaftswald eine Mitverantwortung für den Erhalt vieler Arten.

Weil die Eiche im Märchenwald für die Leitarten eine wesentliche Rolle spielt, schlägt Lena Blendermann vor, alternative Erhaltungsmaßnahmen auch im Wirtschaftswald zu übernehmen, beispielsweise das Einbringen von Eichen und Ulmen, ein Biotopverbund von Habitat- und Totholzbäumen oder frühzeitige Auswahl von Habitatbaum-Anwärtern. Das Fazit der Studentin: Das Verfahren der Habitatbaumerfassung stellte sich als sehr aufwendig heraus. Jeden Baum einzeln von allen Seiten zu betrachten, nahm viel Zeit in Anspruch – eine Arbeit, die sich gelohnt hat, wie ihre Prüfer Professor Dr. Helge Walentowski (HAWK) und Dr. Peter Meyer Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) ihr bestätigten.

Der zuständige Revierleiter Klaus Weinreis musste leider kurzfristig absagen.hst