Weitere Oldtimer-Schätze kommen ans Licht

PS.SPEICHER zeigt gesamte Sammlung: Depots werden nach und nach eröffnet | Neues Besucherzentrum

Gabriele Rehkopf-Adt und Karl-Heinz Rehkopf schieben die Tür des neuen Kleinwagen-Depots in der Schusterstraße auf – für die Öffentlichkeit zugänglich ist es ab Sonntag.

Einbeck. Kein lauter Knall, das hat Corona verhindert, sondern, den Bedingungen angepasst, mehrere etwas leisere Knalle, damit kommen lange verborgene Oldtimer-Schätze nun ans Licht. Der PS.SPEICHER zeigt erstmals seine gesamte Sammlung, drei Depots werden dazu in den kommenden Wochen geöffnet. Den Auftakt macht am morgigen Sonntag, 19. Juli, das PS.Depot Kleinwagen in Verbindung mit einem Besucherzentrum. Die Depots Motorrad und Automobil sowie die »Lanz-Wirtschaft« im Depot Lkw + Bus folgen.

Eigentlich sollte die Depot-Eröffnung mit dem besagten großen Knall jetzt erfolgen im Zusammenhang mit den Einbecker Oldtimer-Tagen zum sechsten Geburtstag des PS.SPEICHERs. Doch die Corona-Pandemie hat alles durcheinander gewirbelt. Stifter Karl-Heinz Rehkopf dankte allen, die daran mitgewirkt hätten, dass dieser Teil des Museums nun öffnen dürfe, namentlich der Stadt Einbeck für ihre Unterstützung. »Einbeck wird zum Mekka der Oldtimerei«, damit habe Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek Vorausschau bewiesen. Nahezu eine halbe Million Besucher seien inzwischen hier gewesen – und begeistert.

Als Kenner und Könner hat das Ehepaar Kaluza mit seinem Unternehmen ö_konzept auch die Depots gestaltet, zusammen mit der Mannschaft der Kulturstiftung. Im PS.SPEICHER sind 450 Fahrzeuge zu sehen, mit den Depots werden es rund 2.500 sein – eine Zahl, die er, bekannte Karl-Heinz Rehkopf, früher immer geheim gehalten habe. Das sei die größte Sammlung historischer Fahrzeuge in Europa.

Dass Corona das erarbeitete Konzept ausgebremst habe, sei schade – eigentlich. Dass man nicht alles gleichzeitig eröffnen könne, sei ein Riesenzufall, den man zu nutzen wisse. Technisch wäre das Vorhaben ohnehin schwierig gewesen, hätte man es mit der gewohnten Akribie umsetzen wollen, und für die Gäste wäre eine solche Masse an Fahrzeugen auch zu viel gewesen. Man brauche, war Rehkopf sicher, einen ganzen Tag, besser zwei, um alles aufzunehmen. »Das ist wie ein Feuerwerk an fünf Stellen gleichzeitig, das würde den Besucher erschlagen.« Menge und Vielfalt an Fahrzeugen seien so nirgends zu finden. Man habe sich deshalb damit angefreundet, nach und nach zu eröffnen.

Mit über 80 Jahren erlebe er, wie sich sein Lebenswerk vollende, freute sich der Stifter, mit tüchtigen Leuten, denen er nur mit Beifall hinterher laufen könne.
Auf die geplanten Aktivitäten ging Geschäftsführer Lothar Meyer-Mertel ein: Die Party zum Geburtstag sei abgesagt, durch den wochenlangen Lockdown seien die Besucherzahlen gesunken. Zudem habe Corona den Baufortschritt in den Depots verzögert. Ausgefallene Messen, wenig Aktivitäten: Man habe im Vorfeld gar nicht den gewünschten Aufschlag vorbereiten können.

Nachdem jetzt das Depot Kleinwagen und das Besucherzentrum öffnen, folgen im August die »Lanz-Wirtschaft« im PS.Depot Lkw + Bus und das Motorrad-Depot mit Weltmeister Toni Mang sowie im September das PS.Depot Pkw, beide in der Bismarckstraße. Unter Corona-Bedingungen werde man langsam in den Markt hineinwachsen. Derzeit starte man mit »Aktivitäten light«, so der Geschäftsführer. Auf Informationen müssen die Besucher nicht verzichten: Ab Anfang September läuft ein innovatives Informationssystem, das Fakten über WLAN aufs Handy überträgt.

Die innerstädtischen Depots liegen eng beieinander. Der Besucher kann sich in ein Zeitfenster einbuchen. Ausgangspunkt ist das neue Besucherzentrum in der Schusterstraße, von wo aus die Gäste starten. Hier bekommt man einen Imbiss, die Kinder haben Gelegenheit zum Spielen, und man kann gemütlich sitzen in historischem Mobiliar: Von Rainer Koch stammt als Leihgabe die Einrichtung des Gasthauses »Zur Stadt Einbeck«, das Inge Schneider bis vor einigen Jahren in der Benser Straße betrieben hat – ein Stück Lokalgeschichte. Die Gruppengröße ist auf zehn Personen begrenzt, 20 sind für Nach-Corona-Zeiten möglich.
22.000 Quadratmeter Fläche stehen mit den Eröffnungen zur Verfügung – die drei jetzt anstehenden Depots bieten allein 10.000 Quadratmeter, erläuterte Holger Eilers, Vorstand der Kulturstiftung Kornhaus. Die Depots seien bisher als Lager angesehen worden, Großgaragen in drei Gebäuden und sieben Etagen. Schmucklos waren die Fahrzeuge dort aufgereiht. Wenn man nun den Zutritt ermögliche, sei das eine Herausforderung: Um- und Ausbauten waren erforderlich, unter anderem unter Sicherheitsaspekten und um Barrierefreiheit zu ermöglichen. Rund 1,2 Millionen Euro habe man in die drei Depots investiert.

Mit der Ausstattung wolle man aber nicht in Konkurrenz zum PS.SPEICHER treten. Hier liege, so Eilers, der Fokus auf der Menge. Sehr dankbar sei die Kulturstiftung, dass sie das beträchtliche Investment nicht alleine schultern musste. Unter anderem gab es Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Landesentwicklung (EFRE) durch die Förderbank des Landes sowie aus dem Topf »Gemeinschaftsaufgabe – Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« in Höhe von zusammen 670.000 Euro. Die Förderfreunde hätten sich ebenfalls beteiligt, mit einen Wandgraffiti auf dem Vorplatz und der Gestaltung einer Kinderecke im Besucherzentrum.

Zudem, ergänzte Lothar Meyer-Mertel, habe man vom Teilhabechancengesetz des Bundes profitieren und so Personalkosten senken können: Neun Mitarbeiter seien bisher über diese Förderung eingestellt worden, vier bis fünf würden noch erwartet.

Wie sich die Besucherzahlen künftig entwickeln würden, »ehrlich, wir wissen es nicht«, stellte Holger Eilers fest. Abhängig von Corona müsse man abwarten, um dann hoffentlich 2021 »in echt« durchzustarten.

»Wir sind die Schönmacher«, lachte Matthias Kaluza. Im Gegensatz zur Dauerausstellung stehe in den Depots Funktionalität im Vordergrund. Bauliche Zwänge waren zu beachten. Ziel sei es, die Fahrzeuge aber dennoch so zu präsentieren, dass sie nicht nur für Freaks und Oldtimerfans interessant seien, die sich jede Schraube einzeln betrachteten, sondern auch für Familien: Da müsse die Vielfalt beeindrucken bei motor- und muskelbetriebenen Fahrzeugen und Skurrilitäten. Emotionen sollen Collagen aus zeitgenössischen Fotos wecken, die das Flair der jeweiligen Zeit vermitteln.

Im Depot Kleinwagen, bislang nur zu speziellen Anlässen öffentlich zugänglich, sind 250 Klein- und Kleinstwagen aus rund 90 Jahren zu sehen. Dabei sind unter anderem elektrisch getriebene Fahrzeuge, Skurrilitäten und Kuriositäten sowie beispielsweise auch eine Reihe »Moorleichen« aus Blech.

Die Fülle sei das Ergebnis einer 50-jährigen Sammelleidenschaft, erläuterte Karl-Heinz Rehkopf, die meisten Exponate seien durch seine Hände gegangen. Mit den Fahrzeugen habe er sich »hochgedient«, schmunzelte er: 100, 125, dann 200 Kubikzentimeter, schließlich waren es sechs Motorräder, eine kleine Sammlung, danach ein Opel Olympia.

Für die Buchung über das System Regiondo stehen folgende Zeitfenster zur Verfügung: dienstags bis freitags von 11 bis 15 Uhr sowie sonnabends und sonntags von 10 bis 16 Uhr; mit steigender Nachfrage kann sich dieses Angebot ändern. Der Eintritt beträgt pro Depot zehn Euro, ermäßigt sechs Euro. Die Zufahrt zum Depot Kleinwagen und zum Besucherzentrum erfolgt über die Schusterstraße. Das PS.Depot Lkw + Bus im Otto-Hahn-Park ist sonnabends von 10 bis 18 Uhr geöffnet; eine Anmeldung ist hier nicht erforderlich.ek