Wenn sich der Mensch zum Mond schießt

Schauspieler Rufus Beck und das Göttinger Symphonie Orchester präsentieren Jules-Verne-Klassiker in PS.Halle

Mit Stimmgewalt, Charme und Wortwitz reist Rufus Beck, musikalisch untermalt vom Göttinger Symphonie Orchester auf Jules Vernes Pfaden.

Einbeck. Rufus Beck und das Göttinger Symphonie Orchester (GSO) haben mit ihrer musikalisch-literarischen Bühnenshow des Jules- Verne-Klassikers »Von der Erde zum Mond« im Rahmen des »Göttinger Literaturherbstes« Premiere in der Einbecker PS.Halle gefeiert. Schauspieler und Synchronsprecher Beck verlieh dem Stück mit wandlungsfähiger und präziser Stimme eine eigene Note, das GSO untermalte und akzentuierte die Dramaturgie und Komik der Aufführung.
Es begann mit einem Marsch: Zu rasselnden Snare-Wirbeln, begleitet von zeitgenössischen Bildern und Animationen, erhob der Darsteller zum ersten Mal seine Stimme: Der in Baltimore gegründete Kanonenclub kam während der Sezessionskriege auf die waghalsige Idee, mit seinem Wissen um die Ballistik, einen Menschen auf den Mond zu schießen. So verrückt dieses Vorhaben auch klingen mochte, die Tatsache, dass Jules Vernes Geschichte 1865 erschien, etwa 100 Jahre vor der eigentlichen Mondlandung der Amerikaner, ist nicht weniger als ein visionäres Meisterwerk. Der Humor, der bereits in der Geschichte steckte, wurde durch die individuelle Bearbeitung Becks und des GSO eleviert.

Barbicane, der Vorsitzende des Kanonenclubs, das Mathe-Genie James T. Maston und weitere Mitglieder hatten nach dem Krieg Langeweile, und bevor sie einen weiteren anzettelten, um Beschäftigung zu finden, widmeten sie sich lieber der Reise zum Mond. Die Idee: Wenn die Anfangsgeschwindigkeit des »Reisegeschosses« 11.000 Kilometer pro Stunde überschreitet, es aus einem 270 Meter langem Geschützrohr aus Gusseisen mit etwa 400.000 Pfund Schießbaumwolle abgefeuert werde, könnte der Coup gelingen. Auch wenn Medien und Öffentlichkeit an der Umsetzung zweifelten, die Mitglieder des Kanonenclubs waren fest entschlossen.

Schnell war die Abschussstelle gefunden, die Finanzierung sichergestellt und 1.200 Hochöfen gebaut, die notwendig waren, um das 270 Meter-Kanonenrohr in die Erde zu gießen. Ein bemerkenswertes Detail stellte Beck heraus. In Jules Vernes Buch sei der Raketenstart von Tampa Bay/Florida aus erfolgt. Der »echte« Start 1969 erfolgte lediglich 200 Kilometer von Vernes Standort entfernt in Cape Canaveral.

Mit einem brachialen Knall wurde schließlich die Columbiade gen Himmel geschickt, der sich aufgrund der heftigen Explosion tagelang verdunkelte. Doch was war mit der Columbiade geschehen? Nachdem sich der Himmel klärte entdeckten Wissenschaftler, dass sie wahrhaftig zum Mond geflogen war, nur leider nicht auf diesem gelandet ist. Sie flog so knapp am Mond vorbei, dass sie in seine Umlaufbahn geriet und ein Trabant des Trabanten der Erde wurde.

Ob mit ernster, klarer Stimme, französischem oder »kölschem« Akzent, Beck verlieh jeder Figur Eigenheit und Leben, ergriff so sein Publikum, das ihm und dem GSO zum Abschluss minutenlangen Applaus schenkte. Ein weiterer »Star« des Abends war die Liedauswahl, die zum einen den Geist der Bürgerkriegszeit einfing und von pompös bis spannungsgeladen die Erzählung untermalte. Die PS.Halle war beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt, und so hatte Beck bei der anschließenden Autogrammstunde noch eine Menge Unterschriften für seine Fans zu leisten.kw