Wesen des Menschen als wichtiges Thema

Franz Cestik wird am heutigen Mittwoch 90 Jahre alt / Anerkannter und bekannter Maler

Der Maler Franz Cestnik begeht am heutigen Mittwoch, 3. August, seinen 90. Geburtstag. In einem langen Leben und einem auch nicht immer leichten Reifungsprozess ist aus dem jungen Musterzeichner ein weit über seine nähere Heimat hinaus bekannter und anerkannter Maler geworden. Ölgemälde, Radierungen, Holzschnitte und Zeichnungen sind seine künstlerischen Techniken, und vielseitig sind auch seine Themenbereiche: Immer wieder, durch alle Altersperioden und Schaffenszeiten, ist das Wesen des Menschen in seinen verschiedenen Ausprägungen ein wichtiges Thema: freundlich oder auch böse, nachdenklich oder auch von ausgelassener Art. Daneben das große Thema traumverlorener Landschaften unter geradezu magischem Mondlicht oder auch unter heller Sonne.

Einbeck. Und immer wieder gibt es da die Brücke, die eigentlich ein verbindendes Element ist, die bei Franz Cestnik oft aber auch, wie auf dem hier wiedergebenen Bild, in eine noch unerkennbare Weite führt. Anfang und Ende der Straße sind hier nicht dargestellt, aber hinter dunklem Berggipfel leuchtet Helligkeit unter dunkler Sonne: Der Weg – der Lebensweg – kann über Untiefen unter der Brücke und durch schwarze Hindernisse, das schroffe Gebirge, in sonnenbeschienene Helle führen – eine schöne Deutung des in einer melancholischen Grundstimmung gehaltenen Bildes.

Ein weiterer, bedeutender Bereich Cestnikscher Bildwelt sind die zahlreichen Bilder mit biblischen Themen (in der Marktkirche und auch in der Neustädter Kirche befinden sich großformatige Gemälde aus diesem Bereich). Hier sei aus der Zahl dieser Werke das weniger bekannte Bild vom »ungläubigen Thomas« wiedergegeben: Der Jünger Thomas »war nicht bei   ihnen«, den anderen Jüngern, als der Auferstandene »kam«, wie es in der poesiedurchwehten Darstellung des Johannesevangeliums heißt (20, 24 bis 31), und er zweifelte an dem Bericht seiner Mitjünger. Acht Tage später erscheint der Auferstandene  wieder, und erst da wird der bis dahin »ungläubige« »gläubig«.

Franz Cestnik malt eine kräftige Jesusgestalt, hinter der drei der anderen Jünger stehen – offenbar etwas unsicher und so, als ob sie ihren Herrn insgeheim kritisieren, weil Jesus den vorher »ungläubigen« an seine Brust nimmt: Wird der bisher »ungläubige« ihnen gegenüber, die sie doch nicht gezweifelt hatten, bevorzugt? Müssen sie, die zwar kritiklosen, aber treuen Gefolgsleute hinter dem Skeptiker Thomas stehen? Müsste es nicht umgekehrt sein? Diese Gestaltung des biblischen Berichtes im Bild kann zeigen, dass – wie auch in der Geschichte vom verlorenen Sohn – der Außenseiter nicht beiseite geschoben wird, sondern sogar eine besondere Stellung einnehmen kann, was in dem Bild deutlich gestaltet wird: eine eigene Sicht des Malers auf den »Ungläubigen« des Neuen Testamentes.Am heutigen Tag begeht der Künstler seinen Ehrentag.

Altersbedingt stellen sich an der Grenze zum zehnten Lebensjahrzehnt gesundheitliche Probleme ein, doch mag zu hoffen sein, dass Franz Cestnik mit seiner so oft bewiesenen Energie diese Schwierigkeiten meistern wird und dann noch eine Zeit gelassener Ruhe oder ruhiger Gelassenheit zusammen mit seiner Frau Anneliese und unter der einfühlsamen Fürsorge von Sohn und Schwiegertochter vor sich hat.D.A.