Wie man mit wenig Geld viel erreichen kann

»Brot für die Welt« feiert 60-jähriges Jubiläum | Ausstellung in der Marktkirche, Musik und Werbe-Ape

Superintendent Jan von Lingen (rechts) hieß Andreas Scharnhorst mit der Werbe-Ape für »Brot für die Welt« vor der Marktkirche willkommen.

Einbeck. 60 Jahre »Brot für die Welt«: Die Hannoversche Landeskirche will zum Jubiläum verstärkt für die Aktion werben und Präsenz vor Ort zeigen: Eine Ape, ein italienischer Kleinlieferwagen, hat dazu als rollende Litfaßsäule vor der Einbecker Marktkirche Station gemacht. Die »Brot für die Welt«-Band hat gesungen, und in der Marktkirche ist eine Ausstellung zu sehen. Dabei haben sich Siebtklässler der IGS mit dem Thema beschäftigt und Pappteller künstlerisch gestaltet. »Brot für die Welt« sei ein gelungenes Beispiel dafür, wie man mit wenig Geld viel bewirken könne, erläuterte der Superintendent des Kirchenkreises Leine-Solling, Jan von Lingen.

»Wer 60 Jahre alt ist, ist mit ›Brot für die Welt‹ aufgewachsen«, stellte der Superintendent fest. 60 Jahre »Brot für die Welt«: Die Landeskirche schicke dazu ein dreirädriges Fahrzeug durch 60 Gemeinden, hieß er Andreas Scharnhorst und die Ape als rollenden Werbeträger willkommen. Es sei, so der Fahrer, ein Abenteuer, damit durch ganz Norddeutschland zu fahren, mit maximal Tempo 45, auf kleinen Landstraßen und mit vielen Informationen an Bord.

Die »Brot für die Welt«-Aktion, die jährlich zum Advent beginne, bringe es im Kirchenkreis Leine-Solling regelmäßig auf eine Spendensumme von rund 100.000 Euro, berichtete der Superintendent. Die Hilfe gehe an Länder auf der Südhalbkugel, im Wechsel in Afrika, Südamerika oder auch in Asien. Als Beispiel nannte er ein Projekt in Bolivien. Dort wurden Polsterwerkstätten für Frauen eingerichtet werden, um ihnen berufliche Selbstständigkeit zu ermöglichen. Das letzte Projekt befasste sich mit Wasserversorgung in Vietnam, im Mekong-Delta, wo viele Bewohner keinen Zugang zu frischem Trinkwasser haben. Brunnenbau, Leitungssysteme, Toilettenanlagen: Mit wenig Geld könne man viel erreichen, etwa mit 140 Euro für einen Regenwassertank für eine Familie.

Derzeit heißt das Hilfsprojekt »Schule statt Kinderarbeit«. Zielland ist Sierra Leone, eines der ärmsten Länder der Welt. 60 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze, ihnen stehen weniger als 1,25 Dollar pro Tag zur Verfügung. Jedes zweite Kind muss ar­beiten, um zum Lebensunterhalt der Familien beizutragen. »Brot für die Welt« möchte das ändern.

Für 50 Euro bekommt man eine Grundausstattung von ein Schulkind, für 90 Euro Gemüsesamen für 50 Bäuerinnen – sie erhalten so eine wirtschaftliche Lebensgrundlage, und in der Folge müssen die Kinder nicht mehr arbeiten.

Für 180 Euro gibt es Reis-Saatgut für zehn Kleinbauernfamilien. Ein besonderes Problem in Sierra Leone sei zudem, dass es viele ehemalige Kindersoldaten gebe und dass Schulen geschlossen wurden aus Angst vor Ebola. Unterstützt wird »Brot für die Welt« durch einen Partner vor Ort, die Graswurzelorganisation SIGA.

»Unser Beitrag bewegt sehr viel«, betonte Jan von Lingen. Jeder neunten Mensch weltweit leide Hunger und/oder habe keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. »Brot für die Welt« unterstütze Schulen und Ausbildungszentren. Im Kampf gegen Armut, Hunger und Durst leiste die Organisation seit 60 Jahren Hilfe zur Selbsthilfe und setze sich für soziale Gerechtigkeit ein. An vielen Stellen könne man kleine Zeichen setzen. Man wolle nicht akzeptieren, dass Menschen Hunger leiden und von deutlich weniger als zwei Dollar pro Tag leben müssten: »Das ist ein Skandal.« Deshalb sei man sehr dankbar für jede Spende, die helfe, diese Situation zu verbessern.

In der Einbecker Marktkirche zeigen Schüler des siebten Jahrgangs der IGS Einbeck bei einer Ausstellung Kreativität. Mit den Lehrkräften Florian Berkenfeld, Florian Fechner und Theresa Lücking haben sie 60 Pappteller gestaltet und sich dabei mit nachhaltiger Ernährung, Klimaschutz und Hunger auf der Welt beschäftigt. Schautafeln erläutern verschiedene Aspekte dazu. So steigt der Hunger, wenn das Land knapp wird. Das wiederum hat eine Ursache im steigenden Fleischkonsum, der viel Fläche verbraucht. Nur ein Bruchteil ist dagegen notwendig für die Produktion von Gemüse. Auch Hinweise zur Verschwendung von Essen oder zu Kinderarbeit gibt es. Und man kann den eigenen ökologischen Fußabdruck darstellen, indem man Fragen zu den persönlichen Lebens- beziehungsweise Konsumgewohnheiten beantwortet. Die Besucher der offenen Marktkirche sind aufgerufen, es den Schülern gleich zu tun und selbst »ihren « Teller mit eigenen Ideen zu entwerfen. Pastorin Mingo Albrecht lud weiter dazu sein, darüber abzustimmen, welcher Teller das Thema besonders gut trifft beziehungsweise welcher den Besuchern gut gefällt.

Mit Schlagern und Gassenhauern, Evergreens und Volksliedern haben die Pastoren der »Brot für die Welt«-Band vor der Kirche für Aufmerksamkeit gesorgt und um Spenden geworben, und viele Passanten warfen gern etwas in die Sammeldose.

Bis zum 23 August ist die kleine Ape quer durch die Landeskirche unterwegs, um »Brot für die Welt« – noch – bekannter zu machen, mit Stationen in allen 48 Kirchenkreisen.

»Brot für die Welt« ist davon überzeugt, dass eine Welt ohne Hunger und Armut möglich ist. Die Organisation setzt sich dafür ein, dass jeder Mensch sein Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben umsetzen kann. Dabei ist der Schutz der Menschenrechte Voraussetzung für eine gerechte Welt.ek