»Wir erfüllen Museumsstandards nur zum Teil«

Ungünstige Aussichten für Standort Auf dem Steinwege: Museumsleiter heckhoff stellt Zukunftskonzept vor

Um die Zukunft des Stadtmuseums ging es bei der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Kultur, Schule und Sport. So wie es derzeit ist, kann es nicht bleiben: Das ist die Zusammenfassung der Ausführungen von Marco Heckhoff, Sachgebietsleiter Kultur und Leiter des Stadtmuseums. Die Politik hat dem – nach Informationen vor Ort – im Grundsätzlichen zugestimmt. Welche Lösungen es geben könnte, darüber soll in zeitlich überschaubarem Rahmen gesprochen werden, mit einem Ergebnis möglichst innerhalb der nächsten Monate.

Einbeck. Er könne mit seinem Vortrag zum künftigen Konzept nur einen Impuls geben, viele Rahmenbedingungen seien noch offen, stellte Marco Heckhoff fest. »Ein Museum ist eine dauerhafte Einrichtung, die keinen Gewinn erzielen will, öffentlich zugänglich ist und im Dienst der Gesellschaft und deren Entwicklung steht. Sie erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses«, diese Definition liefere das International Council of Museums, eine internationale, nichtstaatliche Organisation für Museen. Präsentieren, vermitteln, bewahren und erforschen – ein zukunftsfähiges Konzept müsse alle definierten Aufgaben und Prozesse berücksichtigen, die öffentlich sichtbaren und die unsichtbaren, führte Heckhoff aus.

Fundament und Dach eines Museums Stelle man sich ein Museum als Gebäude vor, so seien der Bestand und das Magazin das Fundament. Sie gelte es zu erwerben und bewahren. Auf den Säulen »erforschen, vermitteln und präsentieren« ruhe das, die Ausstellung. Alle müsse dabei zusammenspielen und ineinander greifen. So sei eine tolle Ausstellung mit einem schlechten Depot nicht sinnvoll, und die Ausstellung sei auch nur die sichtbare Spitze; vieles wirke im Hintergrund. »Wir erfüllen die Standards nur zum Teil«, stellte Heckhoff fest. Das gelte beispielsweise für Bestand und Präsentation. Die Vermittlung sei angemessen, die Erforschung dagegen nicht existent, weil man dafür keine Ressourcen habe. Somit gerate auch das Dach, die Ausstellung, in Schieflage, alles komme ins Wanken.

Zukunftskonzept Für das Zukunftskonzept müssten grundlegende Kriterien festgelegt werden. So sei der Standort die wichtigste Rahmenbedingung: Müsse dies ein historischer Ort sein, der die Besucher von sich aus anziehe, oder könne extra etwas konzipiert werden? Überlegungen müsse man auch zur Zielgruppe anstellen, und es müsse um Kooperationen, soziale Einbindung und das Museum als außerschulischen Lernort gehen. Der Standort, betonte er, habe größten Einfluss auf die Arbeit. Aus der Standortanalyse werde sich vermutlich ergeben, dass dezentrale Lösungen möglich seien, man also Museum und Magazin trennen könne.

Die Zielgruppe seien Einwohner der Kernstadt und, das sei ihm sehr wichtig, der Ortschaften, sie müssten stärker angesprochen werden. Ebenso müsse das Museum interessant sein für Gäste aus der Region und für Touristen. Auch lokale Unternehmen beziehungsweise der Wirtschaftsstandort Einbeck sollte einen Mehrwert daraus ziehen können. Ein kompakter Abriss der Stadtgeschichte von der Gründung bis heute sei wichtig. Ein Beitrag zu definierten Kernthemen, in Anlehnung an den Markenprozess, müsse erarbeitet werden, und man sollte eine Vernetzung der kulturellen Angebote schaffen. Zentral und barrierefrei Ein Museum, fuhr Heckhoff fort, müsse zentral und barrierefrei erreichbar sein, physisch und psychisch.

»Wir schließen jetzt viele Besucher aus«, mahnte er. Es müsse modern sein, mit flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten und funktionalen Räumen. Klar definierte Kernthemen Für die Zukunft wünsche er sich auf der inhaltlichen Ebene klar definierte Kernthemen. Man müsse einen »roten Faden« durch die Einbecker Geschichte ziehen, mit leichter Orientierung und vielfältiger und nachhaltiger Ausstellungstechnik. Attraktive Sonderausstellungen sollten einen Einbeck-Bezug haben, und das Museum sollte ein vielfältig nutzbarer kultureller Ort sein.

Festgelegte Themenbereiche Durch festgelegte Themenbereiche könne man eine Konzentration und Profilschärfung erreichen: Neben der Stadtgeschichte seien das Fachwerk, Bier und Mobilität. Auch die Stadtbrände müssten Raum bekommen, bisher würden sie gar nicht behandelt. Blaudruck sei ein wichtiger Aspekt, wobei man allerdings auch die Möglichkeiten in der Blaudruckerei am Möncheplatz sehen müsse. Wirtschaftsgeschichte ab 1800 sei darzustellen, und es schwebe ihm ein Schwerpunkt Wissensgeschichte/ Kluge Köpfe vor, so Heckhoff. Die Geschichte der Ortschaften sollte man behandeln und einzigartige Objekte aus Einbeck zeigen – da gebe es wirklich Besonderes. Mit solchen Überlegungen könne man kulturell etwas bewegen: Funktionalität, Standort, Ausstellung und Vermittlung der Geschichte der Stadt müssten ineinandergreifen.

Die Ausschussvorsitzende Beatrix Tappe- Rostalski, CDU, lobte die hervorragende Präsentation. Vor Kurzem habe sich der Ausschuss im Museum informiert und den Eindruck mitgenommen, dass es nicht nur um Inhalte gehe, sondern auch das Gebäude angefasst werden müsse. Sie gehe davon aus, dass die notwendigen Überlegungen interfraktionell mitgetragen würden – damit habe man beim Schulentwicklungsplan gute Erfahrungen gemacht. Wo wolle man hin mit dem Museum? Was müsse man dafür tun? Da gebe es viel zu betrachten. Der Vortrag habe alle wichtigen Ziele enthalten, bestätigte Klaus-Reiner Schütte, SPD. Bei der Besichtigung sei augenfällig geworden, wie viel Geld notwendig wäre, um im Gebäude für Barrierefreiheit zu sorgen. Dort zu investieren, sei schwierig. Deshalb müsse man nach einem optimalen Standort suchen. Wichtig sei ein möglichst zentraler Ort mit Raum für feste und temporäre Ausstellungen sowie Bildungsangebote. Sowohl seine Fraktion als auch die Gruppe SPD-CDU finde das Konzept gut, wobei man noch nachsteuern müsse, etwa beim Thema Fahrräder oder bei den Ortschaften. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe sei richtig. Er halte es für möglich, bis zum Jahresende Ergebnisse zu bekommen.

Kostenermittlungen zum jetzigen Standort Ob es nicht eventuell Kostenermittlungen zum jetzigen Standort aus dem Planungen zum Wissensquartier gebe, fragte Petra Bohnsack, BLGfE. Das sei schwer aus dem damaligen Gesamtkonzept herauszurechnen, hieß es; zudem seien die Planungen einige Jahre alt, die Kostensteigerungen hätten die Zahlen längst überholt. Vielleicht sollte man über eine Verlegung ins Alte Rathaus nachdenken, um die barrierefreie Gestaltung dort gleich mit zu nutzen, schlug sie weiter vor. Trennung von Depot und Präsentation Ein wichtiger Hinweis sei, dass man Depot und Präsentation trennen könne, sagte Detlef Martin, SPD.

Ein inklusionsgerechter Umbau des jetzigen Hauses werde sehr teuer. Bei einem alternativen Standort müsse man Erreichbarkeit und Parkplätze im Blick haben. Zur Frage, wie viel Personal erforderlich wäre, um im Bereich Forschung besser aufgestellt zu sein, sagte Heckhoff, dafür sei eine halbe Stelle für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter erforderlich. Er sehe für vernünftige konzeptionelle Vorarbeiten einen zeitlichen Rahmen von etwa zwölf Monaten, und er wäre glücklich, wenn innerhalb von fünf Jahren etwas erreicht würde. Bevor man eine Kostenermittlung in Auftrag gebe oder einzelne Standorte benenne, sollte man interfraktionell beraten, bestätigte auch Antje Sölter, CDU. Bei der Besichtigung habe man unter anderem Schwamm im Gebälk des Dachstuhls gesehen, und die südliche Fassade sei feucht, so Gerhard Mika, SPD.

Das mache die Sanierung schwierig. In diesem Gebäude, so sein Eindruck, könne man das Museum dauerhaft sicher nicht mehr betreiben. Auch er warnte davor, die Verwaltung schon jetzt mit Kostenrechnungen zu beschäftigen. »Handlungsdruck« »Wir haben Handlungsdruck und sollten nichts auf die lange Bank schieben«, fasste Beatrix Tappe-Rostalski zusammen. Einstimmig sprach sich der Ausschuss dafür aus, eine Arbeitsgruppe einzurichten; ihre Besetzung richtet sich nach der Fraktionsstärke im Rat. In diesem Rahmen soll geklärt werden, wohin die Überlegungen gehen sollen. Und auf der Basis dieser ersten Beratungen und des soeben Gehörten wäre die Eröffnung eines neuen Museums im Juni 2027 die Idealvorstellung, so die Ausschussvorsitzende.ek