»Wir fahren einfach mal nach Vladivostok«

Bei den Förderfreunden berichteten Heike Fischbach und Bodo Rengshausen-Fischbach von ihrer Tour

Von ihrer abenteuerlichen Reise vom Okzident zum Orient berichteten Heike Fischbach und Bodo Rengshausen-Fischbach bei den Förderfreunden. Dr. Günter Diener bedankte sich bei ihnen für den kurzweiligen Reisebericht.

Einbeck. Mehr als 335.000 Kilometer hatte der himmelblaue Volvo 145 Express schon auf dem Tacho, da könnte man mit ihm einfach Mal weitere 22.000 Kilometer bis nach Vladivostok fahren, erklärten Heike Fischbach und Bodo Rengshausen-Fischbach bei ihrem Vortrag bei den Förderfreunden vom PS.SPEICHER. Mit dem Auto von 1972 kamen sie 2019 in 100 Tagen durch 13 Länder und erlebten zwischen Okzident und Orient unzählige besondere Momente. Sie lernten hilfsbereite Menschen kennen und bewältigten spezielle Herausforderungen an Grenzen mit ihrem Volvo auf nicht immer einfach zu befahrenden Straßen.

Der aufgehenden Sonne entgegen zu reisen, dies übe einen großen Reiz aus, sagte Dr. Günter Diener von den Förderfreunden. Unter dem Motto »Einsteigen, losfahren, ankommen« bewältigten Heike Fischbach und Bodo Rengshausen-Fischbach ihre Tour entlang der Seidenstraße und der Transsibirischen Eisenbahn. Es ging durch Österreich, Ungarn, Serbien, Bulgarien, Türkei, Georgien, Armenien, Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgistan, Kasachstan und Sibirien bis an den Zielort, den sie am 9. September 2019 erreichten.

Rengshausen-Fischbach erklärte, dass er vor 38 Jahren als Student schon einmal die Idee hatte, nach Indien zu fahren. Probleme in Afghanistan unterbanden dies, eine Durchfahrt durch das Land war nicht möglich.

2018 suchten Fischbach und Rengshausen-Fischbach ein spezielles Auto, um ihre »Tapir«-Produkte zur Wagenpflege zu präsentieren. Sie stießen auf einen hellblauen Volvo 145 Express, den sie unbedingt haben wollten. Das Reisegefährt hat zwei Liter Hubraum, 82 PS, vier Scheibenbremsen und sehr einfache und robuste Technik, erklärte der Krimmenser; aber keine Servolenkung (»Die braucht man nicht, wenn man in Bewegung ist«) und auch keine Klimaanlage, die gelegentlich vermisst wurde.

Sie dachten sich: »Wir fahren einfach mal nach Vladivostok.« Die Vorbereitungen begannen, Unterkünfte wurden gebucht, Kontakte geknüpft sowie sich um Visa und Karten für das Navi gekümmert. Anfang Juni 2019 erfolgte der Start. Kompliziert stellten sie sich die Tour nicht vor, brauchten sie doch von den 13 Ländern nur für Iran, Turkmenistan und Russland Visa. Zu viel packten sie ein, der Volvo war »rappelvoll«. Fischbach-Rengshausen baute extra noch eine verstärkte Hinterachse ein, für alle Fälle hatten sie eine Winde dabei.

Die erste Etappe führte von Krimmensen nach Istanbul. Die 2.500 Kilometer absolvierten sie in fünf Tagen. Von Beginn an führte Rengshausen-Fischbach ein Tagebuch, um Erlebnisse, Impressionen und Ereignisse festzuhalten.

»Der Volvo schnurrte wie ein Kätzchen«, stetig gab es Lob und Anerkennung. Sie genossen es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, Sehenswürdigkeiten anzuschauen sowie das Leben vor Ort kennenzulernen.

Manches Mal stellte sich die Hotel-Suche trotz allem als Herausforderung dar, da Straßen gesperrt und blockiert waren oder sich die Straßenführung geändert hatte. Oft bekamen sie Hilfe von Einheimischen; Sprachbarrieren wurden mit »Telefonjokern« behoben. Sie riefen Bekannte an, die bei der Übersetzung halfen.

Über den Bosporus kamen sie nach Asien. Begrüßt wurden sie mit Verkehrschaos und verwirrenden Einbahnstraßen. Die zurückgehende Weltoffenheit in Istanbul missfiel ihnen.

Weiter ging es über Ankara ans Schwarze Meer, es wurde hügeliger und karger. Wohl fühlten sie sich in lokalen Gasthäusern mit landestypischen Gerichten. Einfallsreichtum bewunderten sie, wenn zum Beispiel mithilfe von Flex-Einsatz aus Limousinen Cabrios wurden.

Probleme am Lenkradschloss lösten sie mit gezielten Hammerschlägen. Muckte das »schnurrende Kätzchen« rum, behob Fischbach-Rengshausen die Probleme oder holte sich Hilfe in »Spezial-Werkstätten«. Manches Mal mussten sie zuerst mit den Mechanikern essen, andere Male »flohen« sie, um die Problembeseitigung nicht mit ansehen zu müssen.

Spektakuläre und überraschende Momente erlebten sie stetig. In einer türkischen Stadt sahen sie bei Sonnenaufgang viele Heißluftballons ihre Kreise ziehen. In jedem Land kauften sie ein Souvenir, das dann ihren »Tapir« zierte. Der Bremskraftverstärker zickte in Of rum. In der Werkstatt hieß es mehrmals »geprüft, zerlegt und zusammengeführt«. Der Preis für die gelungene Reparatur betrug 40 Euro.

Mehrere Stunden verbrachten sie an der Grenze nach Georgien. Dort mussten sie auch gleich eine Versicherung für ihr Auto abschließen. Einmal wollten sie einen botanischen Garten besuchen, doch Rengshausen-Fischbach lag schon wieder unter dem Auto, Öl trat aus dem Getriebe aus. Auch das Problem wurde in einer »Spezial-Werkstatt« behoben. Weiter fuhren sie über Tiflis mit morbidem Charme und Jerewan, wo sie oft hörten »Volvo gut Maschina«, durch reizvolle Gegenden bis nach Meghri, der Grenzstation zum Iran.

Nach langen Passkontrollen ging es zuerst nach Täbris. Ihnen wurde geraten, statt der gewünschten 100 Dollar nur 50 Dollar zu wechseln, denn die Anzahl von iranischen Rial-Scheinen passe sonst nicht in eine Plastiktüte. Karawansereien besuchten sie und wurden überall wohlwollend beobachtet und fotografiert. Oft hörten sie: »Welcome to Iran.«

Als Gastgeschenk waren bei Besuchen ein Kilogramm Gebäck und ein Blumenstrauß gefragt, im Privaten verzichteten die Frauen oft auf den Schleier. Diesen musste Fischbach aber in der Öffentlichkeit tragen.

Über Maschhad führte der Weg nach Turkmenistan. Dort war der Visa-Erhalt nicht einfach. Sowjetischer Charme traf auf DDR-Bürokratie und nordkoreanische Phobie, so der Krimmenser. In der Öffentlichkeit war Rauchen verboten; die Stadt war weiß, auch die Autos. An der Grenzstation gab es Lackierstationen, um die Fahrzeuge umzubemalen. Laut Gesetz muss jeder Bewohner ein Fahrrad haben, Frauen dürfen nicht Autofahren.

In Usbekistan »atmeten« Fischbach und Rengshausen-Fischbach wieder auf. Samarkand gefiel ihnen, weiter ging es entlang der Seidenstraße. Auf korrupte Polizisten trafen sie in Kirgisistan und aßen zum Frühstück Hähnchen und Fisch, etwas anderes gab es nicht.

Neuseeländische Motorradfahrer, die die Tour in entgegengesetzter Richtung fuhren, trafen sie in Kasachstan. Im Gespräch wurde bedauert, dass Heidi Hetzer, die mehrmals an der PS.Rallye in Einbeck teilnahm, nicht mehr lebt. Ein Ölwechsel nach 14.000 Kilometern stand in Astana an. »Wir reisten durch viele Länder mit Despoten«, sagte Rengshausen-Fischbach.

Weiter ging es nach Russland in Richtung Irkutsk. In Krasnojarsk, aus dem Helene Fischer kommt, besuchten sie einen Talentwettbewerb. Oft kamen sie durch trostlosen Gebiete und fuhren schnell weiter. Am Baikalsee vorbei gelangten sie nach Ulan-Ude, wo die Mongolei-Rallye endete. Ein Teilnehmerfahrzeug von 2019 steht im PS.SPEICHER, erklärte Rengshausen-Fischbach.

Nach 22.000 Kilometern erreichten Fischbach und Rengshausen-Fischbach am 9. September 2019 Vladivostok. Ihr treues Gefährt wurde in einen Container für den Rücktransport geladen. »Abschied nehmen und ankommen«, das stellen die schwierigsten Momente einer Reise dar, erklärte Fischbach-Rengshausen – so war das auch bei ihm und seiner Frau in Krimmensen und Vladivostok.

Dr. Diener bedankte sich für den interessanten Vortrag, bei dem man mitfahren durfte vom Okzident bis zum Orient. »Einsteigen, losfahren, ankommen« höre sich einfach an, doch gab es viel zu bedenken, aber auch zu erleben. Auf weitere spannende Reiseberichte freute er sich und bedankte sich bei Heike Fischbach und Bodo Rengshausen-Fischbach mit »Baikal-Wasser« für die Präsentation ihrer Tour.mru