Wombat ist weiter an offener Diskussion interessiert

»Bürgergespräch« im BBS-Forum über die Planungen für das Poser-Gelände / Vorhaben stößt auf Kritik, aber auch auf Zustimmung

Es gab Kritik am Vorhaben, aber auch Anerkennung und Ermutigung: Sowohl Vertreter der Entwicklungsgesellschaft Wombat aus Sangerhausen als auch der ima.komm, die ein Gutachten erstellt hat, haben am Montagabend im BBS-Forum ihre Pläne zum Poser-Gelände erläutert. Das weitgehend ungenutzte Industriegelände soll neu genutzt werden, unter anderem mit der Neuansiedlung eines Möbelmarktes, der Umsiedlung von expert Medialand vom Butterberg dorthin und mit einem Kaufland-Supermarkt, ebenfalls als Neuansiedlung. Gerade das ruft seit Wochen Bedenken bei den Kritikern hervor. Ein »Bürgergespräch«, so der Wunsch von Bürgermeister Ulrich Minkner, der den Abend moderierte, sollte informieren, zumal das offizielle Verfahren erst in den nächsten Monaten weiterläuft.

Einbeck. Verwaltung, Handel, Hotel – verschiedene Projekte hat die Firma Wombat als Entwicklungsgesellschaft in den 15 Jahren ihres Bestehens umgesetzt und die Objekte anschließend auch meist behalten. Das Gelände auf dem Poser-Grundstück zwischen Hullerser Landstraße und Markoldendorfer Straße sei rund 70.000 Quadratmetern groß, berichtete Marcus Schlösser von Wombat.

Geplant sind auf dem Grundstück zwischen Hullerser Landstraße und Markoldendorfer Straße ein Kaufland mit 3.600 Quadratmetern Verkaufsfläche, davon 900 Quadratmeter sogenannter Non-Food-Bereich, plus 400 Quadratmetern Vorkassenzone, ein Möbel-Boss-Markt mit 4.000 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie die Umsiedlung von expert Medialand vom Butterberg mit 1.400 Quadratmetern. Weitere Gewerbeflächen würden als Hallen zur Verfügung stehen, außerdem 600 Quadratmeter Fläche für Handel, allerdings unter den Beschränkungen der Einbecker Sortimentsliste, also keine innenstadtrelevanten Artikel. Geplant sind 329 Parkplätze vor Kaufland und 213 vor Möbel-Boss. Erschlossen wird das Gelände über eine neue Stichstraße mit Kreisverkehr. In einem zweiten Schritt, so Marcus Schlösser, könnte man sich auch der Raab-Karcher-Fläche widmen, wenn dort die Eigentumsfragen geklärt seien. Einbeck, hieß es auf Nachfrage, sei ein Zufallsstandort. Zunächst habe sich Wombat für das Nachbargelände interessiert.

Der Mix für das Poser-Gelände sei frequenzstark, eine Bereicherung für das Handelsgeschehen in Einbeck. Mit aller Intensität wolle man deshalb an der Umsetzung arbeiten. Für die ima.komm, das Institut für Marketing und Kommunalentwicklung, stellten Institutsleiter und Geschäftsführer Dr. Peter Markert sowie Mitarbeiterin Julia Bubbel das Gutachten vor, das zum Standort erarbeitet wurde. Um ein belastbares Gutachten zu erstellen, wurden Einbeck und sein Umland betrachtet. Bei der Beurteilung standen vier Fragen im Mittelpunkt: Ist der Standort wettbewerbsneutral, ist er sinnvoll, nutzt das Vorhaben Einbeck, und hat das Vorhaben raumordnerische Auswirkungen? Der vorhandene Bestand wurde dazu sortimentsscharf erfasst.

Es wurden Kunden- und Passantenbefragungen durchgeführt, eine Begehung hat stattgefunden, eine Fotodokumentation wurde erstellt. Daraus habe man belastbare Bestandsdaten gewonnen. Als Einzugsgebiet gelten Einbeck und Dassel. Untersucht wurde weiter, wie viel Kaufkraft durch das Projekt abfließen und wie viel neu nach Einbeck kommen könnte. Zur Umverteilung in Einbeck stellte Markert fest, der Wert bleibe mit acht Prozent unter der Zehn-Prozent-Marke, die für die Innenstadt als schädlich angesehen werde. Sowohl für Lebensmittel als auch für Möbel und Elektro seien die Veränderungen als verträglich zu werten. Weiter sei der Standort sinnvoll, obwohl er nicht integriert sei. In der Region gebe es schon Einzelhandel, und die bisher gefahrene Zwei-Pol-Strategie mit zwei verschiedenen Handelszentren werde eingehalten.

Mit Einschränkungen mache der Standort Sinn. Für den Wettbewerb im Bereich Lebensmittel sei der Standort unschädlich. Im Bereich Möbel werde sogar Kaufkraft zurückgewonnen, und es komme zu einer Stärkung des westlichen Marktgebietes. Das stärke den Standort Einbeck. Raumordnerische Auswirkungen seien nicht zu erwarten, so dass es auch für diese Frage grünes Licht gebe. Das spezielle Verfahren erkläre auch das im Vergleich zu einem früheren Gutachten andere Ergebnis: »Wir hatten einen anderen Ansatz, beispielsweise bei der Kaufkraft.« Der Wettbewerb werde sich verschärfen, aber Existenzen seien nicht gefährdet, und somit sei die Ansiedlung in Ordnung. In der Diskussion wurden verschiedene Bedenken deutlich, etwa zu den Auswirkungen im Lebensmittelbereich. Man habe, so Marktkauf-Betriebsratsvorsitzende Angela Engelhardt, keine Angst vor Kaufland, wohl aber vor der Großfläche, wobei der geplante Möbelmarkt »super« sei. Wombat-Kritiker Holger Niedrig versuchte die Firmenvertreter herauszufordern: Es gebe kaum etwas über sie im Internet zu recherchieren. Das sei ja kein Makel, so Firmenvertreter Thomas Leimbach. Wombat sei einer der erfolgreichsten Immobilienentwickler im Südwesten Sachsen-Anhalts. Der Helme-Park in Sangerhausen sei ein Aushängeschild des Unternehmens, eine Erfolgsgeschichte »par excellence«. Wenn es Zweifel an der Leistungskraft und Entschlossenheit der Firma gebe, sollte man sich vor Ort darüber informieren. Man habe, so Schlösser und Leimbach, Lust auf herausfordernde Projekte. Das Vorhaben sei groß, aber nicht zu groß, es mache Spaß, so etwas zu entwickeln. Ohne Kaufland, das machten sie deutlich, werde das Vorhaben nichts, denn das sei der Ertrags-Bringer.

Arbeitsplätze sind mit der Ansiedlung verbunden: bei Möbel-Boss etwa 25 Vollzeitbeschäftigte, Kaufland wird etwa 80 bis 90 Mitarbeiter haben, jeweils zu einem Drittel in Vollzeit, in Teilzeit sowie in »unterschiedlichen Intensitäten«, wobei Kaufland ein Arbeitgeber sei, der zu Unrecht in Zweifel gezogen werde. Bei einer Expert-Umsiedlung und -Vergrößerung sei ebenfalls mit zusätzlichen Stellen zu rechen. Allerdings, auch das machte Wombat deutlich, wolle man die politische Entscheidung nicht mit dem Argument der Arbeitsplätze beeinflussen.

Ein Lebensmittelmarkt mache die Stadt nicht attraktiver, so Carsten Ilsemann, Edeka am Königsberger Platz. »Schaffen Sie Industriearbeitsplätze«, forderte er. Neuansiedlungen in diesem Bereich, gab Bürgermeister Ulrich Minkner zu bedenken, seien ein »Traum«. Das habe die Stadt in den letzten Jahren trotz zahlreicher Initiativen erleben müssen, und das habe vor kurzem auch ein Experte der NBank deutlich gemacht.

»Konkurrenz belebt das Geschäft«, so ein Befürworter der Pläne. Investitionen wie diese – im Raum stehen 20 Millionen Euro – seien auch ein Zeichen für die Zukunft der Stadt. Wenn man das nicht wolle, könne man gleich abschließen. Und noch weitere positive Stimmen erhielt das Vorhaben: Diese Chance sollte man nutzen und den Investor nicht verprellen. Bedenken sollte man, dass somit eine drohende Industriebrache beseitigt werde, und wenn dieses Vorhaben erfolgreiche wäre, könnte man möglicherweise weitere Investoren anziehen. Der Rat sollte eine Entscheidung fällen, die für alle Bürger gesund sei.

Rat und Verwaltung, betonten die Vertreter von Wombat, seien fair, offen und transparent mit ihnen umgegangen. Kritik könne man aushalten. Aber man wolle auch gute Nachbarschaft mit den Einbeckern, und man wolle dazu beitragen, das das industrielle Erbe nicht zu einer Belastung werde. An einer offenen Diskussion sei man weiter interessiert. Die Unterstützung, die man erfahren habe, gebe Kraft für die Umsetzung des Projekts.ek