Zusammenarbeiten, um den Ort attraktiv zu erhalten

Ortskern Salzderhelden: Entwicklungskonzept im engen Schulterschluss mit Bürgern erstellen / Gegen Leerstand und Überalterung

Gemeinsam daran arbeiten, dass der Ort lebenswert bleibt, das ist das Ziel des Entwicklungskonzepts für den Ortskern Salzderhelden. Ein erster wichtiger Schritt dazu war jetzt die Vorstellung einer Bestandsaufnahme durch die Stadtverwaltung. Daraus geht hervor, auf welche Umwandlungen man sich einstellen muss. Nun sind die Bürger am Zug, denn der Prozess soll nicht übergestülpt werden, sondern unten beginnen. Im Ortskern muss man sich auf eine alternde Bevölkerung und zahlreiche Leerstände gefasst machen, da ist es wichtig, neue Ideen zu entwickeln.

Einbeck. Ortskernentwicklung anstelle von Baugebieten auf der grünen Wiese, dafür müsse man mit den Bürgern Konzepte erarbeiten, stellte Ortsbürgermeister Albert Thormann bei der Begrüßung der Teilnehmer des Informationsabends in der gut gefüllten Sporthalle fest. Man wolle gemeinsam etwas tun, um zu verhindern, dass der Ortskern wüst falle und dass die Immobilien nichts mehr wert seien.

Er freue sich über die große Resonanz, betonte der Fachbereichsleiter Bauen, Planen, Umwelt, Gerald Strohmeier. Der demografische Wandel gehe alle an, er sei ein Dauerthema, ebenso wie künftiger Fachkräftemangel. Nachdem es Jahrzehnte immer um Erweiterungen gegangen sei, müsse man jetzt Schrumpfungsplanung in Angriff nehmen. Die städtische Infrastruktur bleibe auch bei weniger Einwohnern erhalten, mitsamt der anfallenden Kosten. Städte könnten nur erhalten werden, wenn sie mit Nutzung und Leben gefüllt seien. Der demografische Wandel sei somit auch eine Chance, das historische Erbe zu nutzen und zu bewahren. Aktive Innenentwicklung könne die Verwaltung aber nicht allein betreiben, sondern dazu brauche sie die Bürger.

Als Stadtplaner betrete man mit der Schrumpfungsplanung Neuland, räumte Jürgen Höper vom Fachbereich Bauen, Planen, Umwelt ein. In den letzten Jahren seien die Ortskerne unattraktiver geworden, die Entwicklung habe sich an die Ränder verlagert. Für Salzderhelden stellte er zunächst eine Bestandserhebung und Analyse vor. Eine Grundlage dafür sind die Daten der Bertelsmann-Stiftung zur Entwicklung 2006 bis 2025. Sie sieht Einbeck als »schrumpfende und alternde Stadt mit hoher Abwanderung«. Am Ende dieses Zeitraums wird die Bevölkerungszahl in Einbeck um rund 3.100, im Landkreis um 14.500 Menschen zurückgegangen sein - ein Minus von zehn beziehungsweise elf Prozent. Die Altersstruktur werde sich wandeln, und die Zahl der Erwerber von Wohneigentum werde um ein Viertel zurückgehen. Die Prognosen sehe man, so Höper, durch die Entwicklung der Jahre 2002 bis 2010 bestätigt, in denen Einbeck jeweils 250 Menschen verloren habe. 50 Prozent des Bevölkerungsrückgangs werde als Leerstand sichtbar. Das bedeute, dass rund 1.500 Wohneinheiten nicht mehr benötigt würden. Die Baulandvorräte würden unter diesen Voraussetzungen für die nächsten 100 Jahre ausreichen. Bei Einfamilienhäusern müsse man mit Wertverlusten von bis zu vier Prozent rechnen.

Strukturuntersuchungen gibt es auch für Salzderhelden beziehungsweise den Ortskern. Nach einem Hoch um das Jahr 2000 nehme die Bevölkerungszahl seit 2005 kontinuierlich ab. Im Ortskern gebe es derzeit 580 Bewohner mit einer durchschnittlichen, unauffälligen Altersstruktur. 2025 werden es noch etwa 500 Einwohner sein. Überwiegend stehen hier Einfamilienhäuser, wobei sie oft klein, schmal und ohne Vorgärten, dafür mit geschützten rückwärtigen Bereichen sind. Es fehlen Freiräume und Pkw-Stellplätze, die Nachbarschaft ist beengt. Ungünstig wirken sich die Hangsituation in der Heldenberger Straße und die Ortsdurchfahrt aus. Vereinzelt gibt es Gewerbe und Landwirtschaft. Von den etwa 100 Gebäuden hätten nach der äußeren Betrachtung 23 Prozent erhebliche Sanierungsrückstände, führte Höper aus. Das Erscheinungsbild einiger Straßen werde durch die Gebäude, die in nicht so gutem Zustand seien, geprägt. Von den gut 20 großen Nebengebäuden hätten rund 50 Prozent höheren Sanierungsbedarf. Sie würden besonders häufig zur Last, zu »Pflegefällen«, so dass man über Abriss oder Umnutzung nachdenken müsse. Gezählt wurden weiter neun komplette Leerstände, zwölf Gebäude mit leerstehenden Wohnungen sowie 37 leere Wohnungen.

24 Gebäude seien von einer oder zwei Personen über 65 Jahre bewohnt. Das Leerstandsrisiko werde bis 2025 steigen, so Höper weiter. Man müsse mit Blick auf Lage und Zustand auch mit unverkäuflichen Objekten rechnen. Für die Zukunft gehe es um eine Strategie, die Entwicklung abzufedern. Jetzt seien Hinweise von Eigentümern gefragt, um beispielhafte Planungsansätze zu erarbeiten. Man wolle Entwicklungskriterien erstellen und ein Leitbild für Salzderhelden, übertragbar auf die Gesamtstadt. Das bedeute beispielsweise, dass man sich zu einem Ende von Neuausweisungen von Bau-flächen bekenne, dass man zur Rückentwicklung und Schrumpfungsplanung stehe. Das örtliche Entwicklungskonzept müsse in jedem Fall Anregungen der Eigentümer aufnehmen. Besonderheiten sollten erhalten bleiben - man müsse aber auch sehen, was entbehrlich sei. Der Ortskern sollte für das Wohnen attraktiver gemacht werden. Hervorzuheben, so der Planer weiter, seien positive Standortmerkmale. Dazu zähle in jedem Fall die Verkehrsanbindung, aber auch Freizeit- und Erholungsangebote, das Ortsbild sowie die Tatsache, dass es hier Mietwohnungen gebe.

»Wir wollen Ihre Interessen kennenlernen«, waren die Salzderheldener zur Diskussion aufgefordert, aber auch zum vertraulichen Gespräch. »Planung kann nur gut sein im Dialog«, betonte Gerald Strohmeier. Das sei zwar ein aufwändigeres Verfahren, aber auch eines, das zweckmäßig sei. Ein Ziel solle es sein, günstige und bedarfsorientierte Wohnungen für ältere, fitte Menschen zu schaffen, die sich noch selbst versorgen könnten: Im eigenen Gebäude so leben, dass man darin gut alt werden kann. Thema sei umweltverträgliche Sanierung. Schließlich dürfe man es nicht so weit kommen lassen, dass Notmaßnahmen ergriffen werden müssten. Das Dorf sollte allerdings nicht so verändert werden, dass das Ortsbild in zehn Jahren nicht wiederzuerkennen sei. »Wir wollen mit Ihnen die Innenentwicklung fördern«, machte Strohmeier deutlich, dabei setze man auf machbare Projekte. Ein Fördertopf stehe bisher noch nicht zur Verfügung, Unterstützung sei jedoch möglich, wie ein Vertreter eines örtlichen Kreditinstituts ausführte.

In den kommenden Monaten sollen nun Ideen und Anregungen gesammelt werden, danach soll daraus unter Beteiligung des Ortsrates ein Konzept entwickelt werden. Dahinter steckt viel Hoffnung und auch das Wissen, dass es möglicherweise nicht einfach wird, wenn beispielsweise Eigentümer nicht vor Ort sind und/oder sich überhaupt nicht um ihr Grundstück kümmern. »Wir wollen aber zusammenarbeiten, damit der Ort liebenswert bleibt«, so das gemeinsame Anliegen.ek