Blick auf moderne Züchtungstechnik werfen

CDU-Landesvorsitzender Dr. Bernd Althusmann zu Gast bei KWS?| Mit Entwicklung Schritt halten

»Vielleicht werden Sie morgen den Zucker in Ihrem Kaffee mit anderen Augen sehen«, verabschiedete die KWS Dr. Bernd Alt­husmann, der das Unternehmen im Rahmen einer Frühjahrstour besucht hatte. Der Landesvorsitzende der CDU Niedersachsen und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl im Januar 2018 bestätigte, er habe viel gelernt und sei tief beeindruckt. Althusmanns erster Besuch bei KWS war das indes nicht:?Im Januar 2011 hatte er, damals Kultusminister in Niedersachsen, hier einen Schulpreis verliehen.

Einbeck. Der Politiker wurde von KWS-Vorstandssprecher Dr. Hagen Duenbostel willkommen geheißen. Die Rückbesinnung auf die Grundlagen sei wichtig, um in der Zukunft handeln und auch politisch reagieren zu können, betonte er. Immer neue Technologien bewirkten immer größeren züchterischen Fortschritt. KWS sei innerhalb eines sich konzentrierenden Wettbewerbs zwar nur ein kleiner Player, »aber es ist wichtig, dass es uns gibt.«

Über die Struktur der KWS SAAT SE und die künftigen Anforderungen an Forschung und Entwicklung sprach der Leiter Unternehmensentwicklung und Kommunikation, Dr. Henning von der Ohe. In den vergangenen Jahrzehnten habe es enorme Fortschritte gegeben. Innerhalb von 40 Jahren konnte der Zuckerertrag bei Zuckerrüben von sieben auf 14 Tonnen pro Hektar gesteigert werden. Parallel konnte der Einsatz von Düngemitteln zurückgefahren werden.

Der künftige Bedarf an pflanzlicher Produktion sei aber auch immens, führte er aus: Benötigt würden 14 Milliarden Tonnen Biomasse pro Jahr, und der Nahrungsmittelbedarf werde bis 2050 um etwa 60 Prozent steigen. Es gehe deshalb darum, die Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Saatgut sei Vertrauenssache, und so gelte es, das Vertrauen der Landwirte zu gewinnen und zu erhalten.

KWS könne etwa 300 bis 400 neue Sorten pro Jahr neu zulassen – Sorten, die in einer wesentlichen Eigenschaft besser seien als die Vorgänger. Auf 40 Zuchtstationen weltweit würden modernste Methoden eingesetzt, um einen Ertragsfortschritt von einem bis zwei Prozent pro Jahr zu erreichen. Bisher sei es möglich, dass die Produktion die Nachfrage befriedige; künftig könne man davon nicht mehr ausgehen.

Ein Vorteil des Unternehmens sei, dass es Weltmarktführer in Nischenkulturen sei. »Veränderungen ängstigen uns nicht«, so Dr. von der Ohe. Man setze seit jeher auf organisches Wachstum. Strategie und Steuerung seien, gestützt durch die Familienanteilseigner, langfristig ausgerichtet.

Wenn man von neuen Züchtungstechnologien spreche, müsse man zum einen sachgerecht mit dem Thema umgehen, zum anderen auch globale Aspekte beachten, führte Dr. Jürgen Schweden, Leiter Forschung und Entwicklung, aus. Zu den neuen Methoden zählt unter anderem Genome Editing, etwa CRISPR/Cas. Dabei werden arteigene DNA-Bausteine oder Abschnitte gezielt übertragen.

Das Ergebnis entspricht dem, was man mit klassischer Züchtung erreichen kann – nur viel schneller. Werden artfremde Gene übertragen, entstehen gentechnisch veränderte Pflanzen, sie fallen in der Europäischen Union unter das Gentechnikgesetz. Das bedeute unter anderem, dass in Deutschland keine Feldversuche möglich seien. In den USA?werde so etwas schon gemacht. »Dort funktioniert das reibungsfrei – und man nimmt uns leider die Butter vom Brot«, bedauerte Dr. Jürgen Schweden. Für Europa bestehe die Gefahr, dass man diese Technik vorbeiziehen lassen müsse. »Dabei ist diese Technologie für uns absolut entscheidend. Wir brauchen das Umfeld dafür«, so das Unternehmen. Europa könne sich nicht einigeln.

Entsprechende Hinweise dazu will Bernd Althusmann mitnehmen – genau wie den Hinweis auf Neonicotinoids oder Neonics, worauf Jörg Philipps, Leiter des Bereichs Zuckerrübe, aufmerksam machte. Das sind Pflanzenschutzmittel, die zur Saatgutbehandlung eingesetzt werden. Ein Verbot, wie es derzeit möglich erscheint, hätte erhebliche Auswirkungen auf KWS. Die tatsächliche Gefährdung, die von den mit Neonics verbundenen Stäuben ausgehe, sei gering. Allerdings überhole die Europäische Kommission derzeit die politischen Entscheidungsgremien.

Ein Blick ins Gewächshaus zeigte dem Gast schließlich praktische Pflanzenzüchtung. Mikrochips werden mit Lasersystemen daraufhin ausgelesen, ob die gesuchten Eigenschaften in der neu gezüchteten Pflanze enthalten sind. Dr. Jürgen Schweden erläuterte hier, wie Züchtung in High-Tech-Unternehmen aussieht, wozu unter anderem der »Beschuss« von Zellen mit Goldkügelchen gehört, die mit den gewünschten genetischen Informationen präpariert sind. Nach zwei Jahren kann aus den so behandelten Zellen eine Pflanze entstehen. »Klingt mühsam – ist es auch«, stellte er fest.

Während im universitären Bereich inzwischen aus menschlichen Zellen Organe entstehen könnten, etwa ein Herzpflaster, was niemand ablehnen werde, werde das im Bereich der Pflanzenzüchtung immer noch kritisch gesehen, bestätigte Bernd Althusmann. Pro und Contra müsse man in der sensibel zu führenden Diskussion ernst nehmen. In jedem Fall habe er »tolle Vielfalt in Niedersachsen« kennengelernt. Abgeordnete und Kandidaten, so der CDU-Politiker, hätten hier eine Gegend, die sie hegen und pflegen könnten. »Kämpf’ mal schön«, gab er dem CDU-Landtagskandidaten Joachim Stünkel mit auf den Weg.ek