Die wertvolle Ressource Boden im Blick behalten

Naturschutzbeauftragte Ingrid Müller: Wie der Lebensraum entsteht

Boden ist eine wichtige, aber häufig verkannte Ressource. Boden bildet die Grundlage des Lebens und dient als Lebensraum.

Einbeck. Wir nutzen seine Schätze, turnen auf ihm, finden ihn auf dem Dach und in der Erde, schützen ihn, betrachten uns als seine Kinder, bleiben auf ihm, machen ihn gut, ziehen ihn unter den Füßen weg, erkennen ihn an seinem Profil, möchten manchmal in ihm versinken, stellen Vasen drauf, bepunkten ihn, fallen, wenn wir ihn los sind, backen auf ihm Torten, halten auf ihm Hühner, erkunden ihn - der Boden ist in unserer Sprache fest verankert.

Dennoch dringt er nicht mit der Intensität in unser (Umwelt-)Bewusstsein ein, wie es bei Luft und Wasser der Fall ist. Das liegt sicher daran, dass wir nur drei Minuten ohne Luft leben können und nur drei Tage ohne Wasser. Aber Boden? Brauchen wir den eigentlich? Anscheinend nicht, denn immerhin werden in Niedersachsen jeden Tag zwölf Hektar Ackerland dauerhaft versiegelt für Bauflächen, Parkplätze und Straßen, ohne dass wir es groß merken.

Doch Boden lässt sich nicht vermehren. Er stellt eine wertvolle Ressource dar, um deren Erhaltung wir uns jetzt kümmern müssen, damit künftigen Generationen nicht die Lebensgrundlage entzogen wird. Aus Steinen werden Böden Der Boden, auf dem die heutigen Landpflanzen wachsen, hat sich ganz langsam entwickelt. In unserer Region fiel der Startschuss nach der letzten Kaltzeit vor etwa 10.000 Jahren. Den Anfang macht der Spaltenfrost.

Wassergefüllte Felsenritzen werden durch das sich beim Gefrieren ausdehnende Wasser mit solcher Gewalt geweitet, dass der Fels an seiner Oberfläche zerfällt. Auch große und plötzlich erfolgende Temperaturunterschiede tragen zur Verwitterung des Gesteins bei. Wird derartig zerkleinertes Gestein von Wasser oder Wind davongetragen, wird es abgescheuert und es entstehen noch kleinere Gesteinspartikel.

Im Wasser lösen sich die im Felsen enthaltenen Mineralien. Daher gibt es »Mineralwasser«. Außerdem hat Wasser die Fähigkeit, Kohlenstoffdioxid zu lösen. Dabei entsteht eine schwache Säure, die insbesondere die Abbaureaktion bei Kalken beschleunigt. Wenn das Gestein gelockert ist, dringen Wurzeln in die Felsritzen vor und sprengen das Gestein durch ihr Dickenwachstum. Algen, Flechten und Moose, die als Pioniere die verwitterte Oberfläche besiedeln, scheiden Säuren aus, die ebenfalls zum Auflösen des Gesteins beitragen.

Nach der Verwitterung können die Gesteinsbestandteile durch die Schwerkraft, den Wind, das Wasser oder durch Gletscher an einen anderen Ort gelangen. Aus eisen- und manganhaltigen Mineralien werden im Verlauf der Verwitterung Eisen- und Manganoxide freigesetzt, die dem Boden eine charakteristische Braunfärbung verleihen Abgestorbene Pflanzen verfaulen und tragen so zur Humusbildung bei.

Der dabei entstehende neue Lebensraum lockt Tiere an, die im Boden Gänge graben und somit zu seiner Belüftung beitragen. Das komplexe Gefüge von Wechselwirkungen physikalischer, chemischer und biologischer Vorgänge, das aus einem harten Felsen lockeren Boden werden lässt, kommt nie zum Stillstand, denn ein Boden entwickelt sich durch das Klima, den Bewuchs, die Bearbeitung, durch Düngung und Erosion ständig weiter. oh