Weit verbreitet, aber gut zu behandeln

Chefarzt Dr. Christian Kley spricht beim Förderverein des Bürgerspitals zum Thema Sodbrennen

Brunhild Vatterodt, die Vorsitzende des Fördervereins des Einbecker Bürgerspitals, dankte Chefarzt Dr. Christian Kley für seinen informativen und ausführlichen Vortrag zum Thema Sodbrennen, einem Leiden, das weit verbreitet ist.

Einbeck. »Wer hatte schon mal Sodbrennen?« Fast alle Finger gehen nach oben. Ein großes, interessiertes und betroffenes Publikum hatte Dr. Christian Kley, Chefarzt der Chirurgie im Einbecker Bürgerspital, beim jüngsten Vortrag. »Sodbrennen – was nun?«, wozu ihn die Vorsitzende des Fördervereins des Einbecker Bürgerspitals, Brunhild Vatterodt, willkommen hieß.

Sodbrennen, so der Mediziner, sei weit verbreitet, entsprechend groß sei der Markt für Medikamente. Die zeige sich durch Magenbrennen oder Brennen in der Speiseröhre. Das Gefühl könne ausstrahlen bis ans Brustbein, in den Hals oder in den Rücken. Kennzeichnend sei saueres oder bitteres Aufstoßen. Der Patient könne unter Schluckstörungen, Übelkeit oder Erbrechen leiden. Sodbrennen sei das Hauptsymptom der Refluxerkrankung (gastroesophageal reflux disease/GERD). Die Diagnostik sei verhältnismäßig einfach, die Erkrankung sei behandlungsbedürftig, und es gebe wirkungsvolle medikamentöse oder operative Therapien.

Zunächst erläuterte Dr. Kley die Anatomie mit Speiseröhre, Zwerchfell und Magen. Die Speiseröhre hat drei Engstellen, die mit besonderen Schließmuskeln versehen sind, unter anderem am Zwerchfell. Der Vagusnerv, der bis in den Magen verläuft, organisiert und steuert die Verdauung, und er reguliert die Salzsäureproduktion im Magen. Wenn die Funktion des Schließmuskels gestört ist, steigt der saure Magensaft in die Speiseröhre auf. »Das kann bei jedem auftreten«, so Dr. Kley. Besteht eine Entzündung der unteren Teile der Speiseröhre, kann das auf Dauer gefährlich werden.

Luftnot, Übelkeit, Blutungen, Geschwüre oder sogar – der allerdings seltene – Speiseröhrenkrebs können die Folge sein. Wenn der Magensaft über Jahre zurückgeflossen sei, könne sich das Gewebe umbauen. Ursache der Refluxkrankheit sei beispielsweise ein?Zwerchfellbruch, eine Insuffizienz des unteren Teils der Speiseröhre oder eine Insuffizienz des Mageneingangs. In diesem Fall rutsche der Magen mit seinem oberen Teil in den Brustkorb hinein. Hochdruck im Bauchbereich sei ebenso eine mögliche Ursache, genau wie eine Funktionsstörung der Speiseröhre, und schließlich könnten Nikotin, Stress und Alkohol zu Sodbrennen führen, allerdings ohne pathologischen Befund.

Rutscht der Magen in den Brustraum, gibt es verschiedene Ausprägungen bis hin zum Thoraxmagen. »Das ist immer ein Operationsbefund«, führte Dr. Kley aus. Der Patient leide in diesem Fall häufig unter Atemnot wie bei einem Herzinfarkt, denn der Druck des Magens auf das Herz bereite Beschwerden.

Zur Diagnostik wird zunächst eine Magenspiegelung vorgenommen. Nützlich sind auch eine 24-Stunden-Funktionsprüfung und eine Magensäuremessung. Ebenso kann man messen, ob der Schluckakt funktioniert. Röntgen- und CT-Untersuchungen sind optional.

Medikamente in Form von Magensäureblockern helfen für den Moment. Wirksam, erklärte der Mediziner, sei aber auch eine Änderung des Lebensstils mit Verzicht auf Kaffee, Alkohol oder Nikotin. Protonenpumpenhemmer (PPI) seien die erste Wahl beim Medikament, sie wirkten zuverlässig und gut, und die Dosierung könne man individuell anpassen. Das Medikament beeinflusse die Belegzellen am Magengrund, die die Salzsäure produzieren. Verschiedene Botenstoffe würden das »Rad« nur zur Seite drehen, es aber nicht schließen, so dass weniger beziehungsweise keine Salzsäure mehr produziert wird.

Eine Operation wird dann notwendig, wenn das PPI versagt, wenn ein Krebsverdacht besteht, wenn ein Thoraxmagen vorliegt – oder wenn es der Wunsch des Patienten ist, der nicht lebenslang Medikamente nehmen möchte. Bei der Operation wird versucht, den Schließmuskel der unteren Speiseröhre zu rekonstruieren. Mit einer Manschette wird der Magen fixiert, damit er nicht hochrutscht. Möglich ist das in sogenannter Schlüssellochtechnik; bei einem Bruch ist dagegen ein großer Bauchschnitt angezeigt. Revolutionär war die Erfindung von Rudolf Nissen, der in den 1920er Jahren eine 360-Grad-Manschette erfand, die Fundoplikatio. Dabei wird der Magen um die Speiseröhre herumgeschlagen. Probleme können anschließend unter anderem Schluckstörungen sein. Wird der Vagusnerv verletzt, können weitere unerwünschte Symptome auftreten. Nicht möglich ist die Operation, wenn die Peristaltik der Speiseröhre gestört ist. Eine wirksame Alternative wäre eine 180- oder 270-Grad-Manschette.

Unerwünschte Nebenwirkungen der Anti-Reflux-OP sind Blähungen, Schluckstörungen und Magen-Darm-Beschwerden. Für manche Patienten seien sie schlimmer als das Sodbrennen. Allerdings besserten sich viele Beschwerden innerhalb des ersten Jahres nach der Operation. Die Aufklärung über mögliche Komplikationen sei wichtig, und wegen der komplizierten Thematik sei ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wichtig, machte der Chefarzt deutlich.ek