Zeichen gegen Rechtsextremismus

Kirchenkreis Leine-Solling regt Gespräch über zehn Thesen an  | Christen achten die Würde jedes Einzelnen

Einbeck. Alternative Fakten, gefühlte Wahrheit, »Fake News« – immer schwerer scheint es, richtig und falsch zu unterscheiden. Für die Kirche hingegen gibt es nur eine Wahrheit und die passt mit Populismus und Rassismus nicht zusammen. Ein deutliches Zeichen setzte jetzt der Kirchenkreis Leine-Solling bei seiner jüngsten Sitzung des Kirchenkreistages.

Von den rund 60 Delegierten aller Kirchenvorstände wurden zehn Thesen gegen Rechtsextremismus verabschiedet als deutliches Signal für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen. »Kirche darf den Diskurs über Wahrheit nicht den Medien überlassen«, machte Kirchenkreisvorstandsmitglied Günter Dietzek deutlich, ein Wertekanon sei nun einmal auch Sache der Kirche.

Und zu diesen Werten zähle eine Verpflichtung zur Wahrheit ebenso wie die Achtung aller Menschen und die Gemeinschaft mit ihnen im Gegensatz zu jeglicher Herrschaftsideologie. Im Dritten Reich wurde die Kirche missbraucht und ließ sich missbrauchen, ergänzte Pastor Bernd Ranke.

Erst spät regte sich Widerstand. Mit der Barmer Theologischen Erklärung wurden 1934 Thesen formuliert, die sich gegen die herrschenden politischen Überzeugungen und die Verbiegung christlicher Lehre wandten. Heute wirft der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, der AfD vor, einen »Kampf der Kulturen« heraufzubeschwören.

»Die AfD spielt ganz bewusst mit Anspielungen auf die Nationalsozialisten, sowas will Kirche nicht unkommentiert lassen«, führte Dietzek aus. Mit den zehn Thesen, die im Kirchenkreis Lüneburg erarbeitet und von mehreren Kirchenkreisen sowie der Landeskirche übernommen wurden, setze man sich auch im Kirchenkreis Leine-Solling für nachprüfbare Wahrheit und gegen pauschale Anfeindungen von Glaubensgemeinschaft ein. Dietzeks Vorstellung traf im Plenum auf Zustimmung, sorgte aber auch für Diskussionsbedarf.

So wurde beklagt, die Kirche habe sich zu diesem Thema viel zu ruhig verhalten, insofern sei es wünschenswert, den Handlungsrahmen durch eine solche öffentliche Stellungnahme auszunutzen. So wurde der Beschluss dann auch einstimmig angenommen. Die zehn Thesen gegen Rechtsextremismus entstanden im Kirchenkreis Lüneburg und wurden seitdem von mehreren Kirchenkreistagen verabschiedet.

Superintendent Jan von Lingen ermutigte dazu, über die Thesen in den Kirchenvorständen zu sprechen und sie in Gemeindebriefen und in Schaukästen zu veröffentlichen. Die zehn Thesen gegen Rechtsextremimus: In den Augen Gottes ist jeder Mensch kostbar. Christen achten die Würde jedes Einzelnen. Im Rechtsextremismus erkennen sie menschenverachtende Züge. Jesus von Nazareth hat ein friedfertiges Leben vorgelebt.

Christen setzen sich für den Frieden ein. Im Rechtsextremismus erleben sie Gewalt und Hass. Jesus Christus sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.« Christen finden in ihm Orientierung. Jesus Christus sendet seine Anhänger in die ganze Welt. Im Rechtsextremismus werden Menschen durch falsche Alternativen verführt. Christen laden alle Menschen zur Gemeinschaft ein. Rechtsextremismus grenzt Fremde aus.

Gott schenkt das Leben. Christen gestalten Leben in Verantwortung. Im Rechtsextremismus sehen sie eine Kraft, die das Leben anderer geringschätzt. Die Schöpfung Gottes ist reich und bunt. Christen erfreuen sich an dieser Vielfalt. Rechtsextremismus klassifiziert Menschen, Völker und Kulturen und schreckt vor Abwertung nicht zurück. Jesus lebte und lehrte Nächstenliebe.

Christen erkennen gerade in den Schwachen den Nächsten. Rechtsextremismus verachtet die Schwachen. Jesus von Nazareth war Jude. Jüdische Menschen sind Vorfahren im Glauben. Rechtsextremismus steht für Antisemitismus. Jesus hat Vergebung gelehrt. Christen wissen um die Unvollkommenheit menschlichen Lebens.

Im Rechtsextremismus sehen sie eine Ideologie des perfekten Herrenmenschen. Gott ist der eine Herr. Das bewahrt Christen vor jeglicher Herrschaftsideologie. Rechtsextremismus kommt ohne Führerprinzip nicht aus.oh