Kreistag Northeim

Für die Verschiebung der Laga auf 2023

Weiterer Defizitausgleich für Landesgartenschau in Bad Gandersheim mit strengeren Kontrollen verbunden

Der Northeimer Kreistag hat am Freitagnachmittag in Präsenz unter 3G in der Stadthalle getagt. Auf der Tagesordnung stand unter anderem das weitere Schicksal der Landesgartenschau, die 2022 in Bad Gandersheim stattfinden soll. Sie wird, so der Kreistag, auf 2023 verschoben. Damit verbunden ist ein stärkeres finanzielles Einstehen des Landkreises.

Northeim. Es wird so etwas wie »begleitetes Fahren«, wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Grascha es umschrieb: mehr Kontrolle bei der Vorbereitung der Landesgartenschau (Laga) in Bad Gandersheim – und eine Verschiebung auf 2023. Das hat der Northeimer Kreistag am Freitag fast einstimmig beschlossen. Er machte seine Bereitschaft deutlich, die finanzielle Unterstützung an die veränderten Bedingungen »anzupassen«; bis zu 850.000 Euro sollen von einem derzeit geschätzten Defizit von 4,7 Millionen Euro übernommen werden.

Erst in der Kreistagssitzung Ende November habe man erfahren, dass die Laga in Schief­lage geraten sei, stellte die CDU-Fraktionsvorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski fest. Mit dem Wissen von heute, dass nämlich schon bekannt gewesen sei, dass der Eröffnungstermin am 14. April 2022 nicht zu halten und weitere Unterstützung in Millionenhöhe erforderlich sei, sei dieses Vorenthalten von Informationen »unfassbar, eigentlich sogar skandalös«.

Eine dreiviertelfertige Landesgartenschau stehe vor dem Schiffbruch. Bei ehrlicher Betrachtung bleibe nur die Verschiebung um ein Jahr. Es müsse weiter viel öffentliches Geld in die Hand genommen werden, das sorge in ihrer Fraktion für Bauchschmerzen. Man werde das mittragen, aber daran seien Bedingungen geknüpft. Dazu zählten maximale Transparenz und ein klarer Informationsfluss. Die Defizit-Beteiligung sollte zwischen Landkreis und Stadt Bad Gandersheim jeweils zur Hälfte aufgeteilt werden. Zur Stärkung der Projektsteuerung solle eine Stabsstelle geschaffen werden, die den Aufsichtsrat berate.

Die Verschiebung der Laga werde breit mitgetragen. Etwas anderes sei auch nicht möglich, »denn wir haben nur diesen einen weiteren Versuch. Es muss jetzt klappen.« Alles andere würde zu einem nicht zu verantwortenden Imageschaden führen.

Die Menschen in Bad Gandersheim und in der Region würden sich in der großen Überzahl auf die Laga freuen, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Schwarz. Das zeige sich unter anderem am unglaublichen ehrenamtlichen Engagement. Die Entwicklung der vergangenen Wochen habe sich niemand gewünscht, der Schock sitze tief. Aber es sei nicht so, dass die Laga machen könne, was sie wolle. Der Aufsichtsrat tage monatlich, und bislang sei von dort die Auskunft gekommen, alles laufe nach Plan, trotz Corona und weiterer Einschränkungen. Dies sei die erste Landesgartenschau in Niedersachsen, die aus öffentlichen Mitteln gefördert werde, mit strengen Kontrollen bis hin zu Rechnungsprüfungsbehörden.

Bis September habe man im Zeitplan gelegen, selbst im November habe sich die heutige Entscheidung noch nicht abgezeichnet. Dann habe es unterschiedliche Aussagen der Geschäftsführer gegeben. Nach einem Gespräch mit der Landesregierung am 11. November seien verschiedene Szenarien erarbeitet worden, die im Aufsichtsrat vorgestellt wurden.

Drei K.O.-Kriterien würden jetzt zum Tragen kommen: Zum einem werde das Schwimmbad nicht rechtzeitig fertig. Zum anderen wirke sich die Pandemie immer stärker aus, und schließlich sei der Rampenanschluss der B 64 bis 31. März verlängert worden – erst danach könne man den zentralen Parkplatz bauen. Dabei wären die ersten Wochen für die Laga und ihr Image entscheidend. Eine Verschiebung um ein Jahr erscheine also vernünftig. In den vergangenen Wochen sei eine Hiobsbotschaft nach der anderen gekommen, eine Zusammenfügung unglücklicher Situation, wie Schwarz erläuterte. Das treffe derzeit aber auch andere Landesgartenschauen. Jetzt habe man eine gute Vorlage, die den Blick nach vorn richte. Dies sei zugleich eine Bewährungsprobe für den neuen Kreistag, denn alle wollten das Gelingen der Laga auch für die Region, alle hofften auf einen Erfolg.

Die Laga sei eine riesige Chance für den Landkreis, bestätigte Christian Grascha. Man sollte sich nicht in die Tasche lügen und alles auf Corona schieben, sondern es gebe auch strukturelle Schwächen. Die könne man abstellen, aber der Erfolg müsse mit dem ersten Versuch kommen. Es sei nicht so, dass man jetzt Geld nachladen und weitermachen könne wie bisher, sondern es müsse Veränderungen geben.

Der Landkreis müsse, analog zum begleiteten Fahren, mehr Kontrolle übernehmen und die Aufsicht verbessern. Es sei gut, dass die Informationsrechte des Kreistags verbessert würden. Eine vernünftige Informationspolitik habe es bisher nicht gegeben. Der Aufsichtsrat sollte seine gesetzlichen Rechte auch wahrnehmen. Die Lasten, fuhr er fort, müssten fair verteilt werden. Wenn es gut laufe, könnten alle davon profitieren, Stadt und Landkreis, und man sei bereit, dafür einen Beitrag zu leisten.

Die geplante Stabsstelle sei eine gute Idee, und Dezernentin Julia Gottlieb werde im Aufsichtsrat frühzeitig eingreifen können. Man habe einen zielführenden Beschlussvorschlag, mit dem man die aktuellen Probleme lösen könne. Eine Laga 2022 sei keine vernünftige Option, eine gänzliche Absage auch nicht. Damit würde man sich lächerlich machen, sei eine Laga doch keine Raketentechnologie: »Das haben andere auch schon geschafft.«

»Wir wollen die Laga in Bad Gandersheim und im Landkreis«, hob Karen Pollok, Grüne, hervor. Nach den vergangenen Tagen habe man viele Informationen zu verarbeiten, die erstmals in dieser Tiefe gegeben wurden. Die Verschiebung sei alternativlos, doch der kommende Beschluss habe über die Laga hinaus Bestand, etwa für die Bereiche Bauen und Tourismus.

Nach dem ersten Schock könne man nach vorn sehen, die Bereitschaft sei da, weiter an der Ausstellung zu arbeiten. Gemeinsam sollte man sich als Botschafter der Laga sehen und auf weitere Auswirkungen der Verschiebung schauen. Sie hoffe, dass mehr Chancen als Schwierigkeiten deutlich würden. Für den Kreistag sei das in der Tat eine Feuerprobe für die interfraktionelle Zusammenarbeit und die Arbeit mit der Verwaltung; die habe man knapp bestanden, sei gerade so durchgestolpert. Man habe es aber geschafft, die Situation nicht hinzunehmen, sondern sie zu gestalten.

Eine Laga sei weitreichender als ein Weihnachtsmarkt. Millionen an Steuergeldern seien über Jahre investiert worden, und man müsse sich fragen, ob der Aufsichtsrat das getan habe, was er tun sollte, kritisierte Dirk Ebrecht, CDU.

Künftig werde es mehr und engere Kontrollen geben. Man brauche nicht nur begleitetes Fahren, sondern einen sicheren Fahrer ins Ziel. Uwe Schwarz habe mit vielen Zufällen »und am Ende noch Corona« die Lage schön geredet. Hätte die Planung auch ohne Corona funktioniert? Eher nicht, so Ebrecht. Die Geduld mit Bad Gandersheim sei langsam erschöpft. Das Ergebnis sei jetzt richtig, der Kreistag ziehe an einem Strang, wenn es um diesen Leuchtturm für die Region gehe. Man werde das Vorhaben wieder auf richtigen Kurs bringen und ein sehr waches Auge auf die Entwicklung haben.

Was schief anfange, gehe schief weiter, sagte Hendrik Geske, CDU. Mit 60 zu 40 sei der Bürgerentscheid für die Laga knapp gewesen. Er sehe nicht, dass die Einwohner voll mitgenommen würden. Die Stadtverwaltung sei unterbesetzt, das Bauamt könne sich fast nur noch mit der Laga beschäftigen. Die Bürger seien somit hoch belastet. Er sprach sich für eine »Laga light« in abgespeckter Version, dafür aber 2022 aus. Nach und nach könnte man auf dem Gelände einziehen. Die finanzielle Belastung sei schon jetzt untragbar, eine Verschiebung sei dem Haushalt nicht zuzumuten, und Bad Gandersheim sei auf dem besten Weg, wieder zum Sanierungsfall zu werden. Er vermisse, so Geske, personelle Konsequenzen.

Der Kreistag sollte nicht den Fehler machen, sich in innerstädtische Probleme einzumischen, riet Frank-Dieter Pfefferkorn, BLGfE. Er habe Zweifel, ob eine »Laga light« ein Erfolg werden könnte. Er freue sich, dass es gelungen sei, eine gemeinsame Beschlussbasis zu schaffen. Die Probleme seien bekannt, sie würden aufgegriffen. Jetzt gebe der Landkreis Geld, bekomme aber auch mehr Kontrolle und Transparenz.

Mit klarer Mehrheit, bei Gegenstimme von Hendrik Geske, hat der Kreistag die Vertreter des Landkreises in der Gesellschafterversammlung angewiesen, den Beschlüssen zuzustimmen: Die Laga wird um ein Jahr verschoben, sie soll vom 14. April bis zum 15. Oktober 2023 laufen. Die Geschäftsführung soll beauftragt werden, schnellstmöglich einen aktualisierten Wirtschafts- und Stellenplan vorzulegen und Finanzierungsanträge in Höhe von bis zu drei Millionen Euro an das Land zu stellen.

Weiter wurde nach interfraktionellen Gesprächen ein Maßnahmenpaket beschlossen: Unter anderem wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeschaltet. Kurzfristig soll die Geschäftsführung darlegen, welche Aufgaben im Bereich Durchführungsplanung und Realisierung sowie Tourismus und Gruppengeschäft aktuell umgesetzt und noch realisiert werden müssen. Die Landrätin soll eine Stabsstelle zur Stärkung der Projektsteuerung und des Baucontrollings einsetzen.

Im Kreisausschuss wird in jeder zweiten Sitzung berichtet. Der Landkreis will ein Defizit bis zu 850.000 Euro tragen, den gleichen Anteil wie die Stadt Bad Gandersheim. Im Kreishaus soll eine zunächst auf zwei Jahre befristete Stelle zur Unterstützung bei touristischer Vermarktung, Nachnutzungskonzept und Netzwerkarbeit geschaffen werden.
Für Bad Gandersheim entscheidet der Rat am heutigen Montag.ek

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