Kreistag stimmt für Verkauf an Sven Tilch
Wirtschaftlichste Gebot wird angenommen | Eventueller Buchgewinn für den Digitalpakt Schule
Northeim. Das ehemalige Jugendfreizeitheim Silberborn wird an den Unternehmer Sven Tilch aus Volpriehausen verkauft. Das hat der Northeimer Kreistag bei seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen. Nachdem der im vergangenen Jahr bereits eingeleitete Verkauf an einen anderen Interessenten gescheitert war beziehungsweise gestoppt wurde, wird die Liegenschaft im zweiten Anlauf zum wirtschaftlichsten Gebot beziehungsweise an den Höchstbietenden veräußert. Es handele sich dabei um 400.000 Euro, sagte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel in der Sitzung. Ein möglicherweise erzielter Buchgewinn soll für die Umsetzung des Digitalpakts Schulen genutzt werden.
Erneut hat der Kreistag über den Verkauf des ehemaligen Jugendfreizeitheims intensiv diskutiert. Im Dezember hatte er beschlossen, dass in dieser zweiten Verkaufsrunde der Bieter mit dem wirtschaftlichsten Gebot den Zuschlag erhalten soll. Auf die Festlegung von Kriterien hinsichtlich der künftigen Nutzung wurde bewusst verzichtet, um den potenziellen Bieterkreis zu erhöhen. Das Exposé wurde 1.588 mal aufgerufen. Es haben zwei Besichtigungstermine für Interessenten stattgefunden. Acht schriftliche Angebote sind bei der Kreisverwaltung eingegangen. Im Sinne eines redlichen vorvertraglichen Verhaltens hat die Kreisverwaltung entschieden, die Angebote vorab nicht zu veröffentlichen.
Die Verkaufsempfehlung zugunsten von Sven Tilch entspreche dem Kreistagsbeschluss vom 4. Dezember, stellte Ludwig Binnewies, SPD, fest. Die Gründe für den Verkauf seien hinreichend erörtert worden. Jetzt habe es deutlich mehr Interesse am Objekt und am Kauf gegeben als im Sommer. Es gebe konkrete Nutzungsideen, und er hoffe, so Binnewies, dass bald wieder Leben in die Liegenschaft komme. Die angestrebte Lösung sei sozial-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch gut für die Region. Verschiedene Nutzergruppen sollen versorgt und betreut werden. Damit ende das direkte Engagement des Landkreises für die Einrichtung, nicht aber für den Solling. Die Solling-Gemeinden könnten weiter mit dem Einsatz des Landkreises rechnen. Und immerhin werde von einem möglichen Buchgewinn die Jugendarbeit profitieren, wie sich der Landkreis überhaupt sehr dafür einsetze. Es sei Zeit, den Blick wieder nach vorn zu richten.
In einer idealen Welt sei Silberborn eine tolle Einrichtung gewesen, stets gut besucht. In der realen Welt hätten Jugendliche jedoch beschlossen, dass Mallorca, London oder Rom interessantere Ziele seien, stellte Marc Hainski, GfE, fest. Die Gästezahlen gingen zurück, und was mit Stolz lange betrieben wurde, sei inzwischen unwirtschaftlich. Die soziale Komponente komme auch jetzt zum Tragen. Es handele sich um das wirtschaftlichste Angebot, und Geld für Jugendarbeit bleibe vermutlich auch noch. Was hätte man nicht alles aus Silberborn machen können, das führten die Kritiker des Verkaufs ins Feld; aber egal, wie viele Runden diese Entscheidung noch drehe, es gebe immer noch eine bessere Idee. Zum jetzigen Zeitpunkt sei dies das beste Ergebnis. Er sei überzeugt, betonte Hainski, dass es im Solling weitergehe: 400 Meter entfernt sei eine Jugendherberge, und auch in Neuhaus gebe es Angebote: Niemand werde gehindert, den Solling zu nutzen. Für den Landkreis bedeute der Verkauf, dass er sein Geld sinnvoller einsetzen könne.
Lange sei dazu beraten worden, schaute Maik Schmitz, AfD, zurück. Man treffe die Entscheidung unter wirtschaftlichen Aspekten, zumal Kaufinteressent Sven Tilch mit seinem Unternehmen in der Region nicht unbekannt sei. Die Verwaltung habe hier gute Arbeit geleitet, seine Fraktion könne mit dem Beschluss leben.
Sie finde es fatal, dass es der Kreistag nicht geschafft habe, weitere Verkaufskriterien aufzunehmen, sagte Karoline Otte, Grüne. Ihre Fraktion habe das im Sinne der Jugendhilfe vorgeschlagen, es wurde leider abgelehnt. Man werde diesem Verkauf nicht zustimmen, denn schon die Ausschreibung sei falsch.
Bedauern angesichts des Beschlusses drückte auch Lothar Baumelt, Northeim21, aus. Ein guter Anspruch wäre es, eine Einrichtung zu erhalten, um Kinder und Jugendliche gerade nach der Corona-Zeit körperlich und seelisch zu stärken. Im Gegensatz zum Tilch-Angebot, das eine Nachsorge von seelisch eingeschränkten Kindern und Jugendlichen vorsehe, wäre eine Vorsorgeeinrichtung das bessere Ziel. Man werde der Veräußerung nicht zustimmen. Dass Silberborn nicht schon für einen Kaufpreis von einem Euro den Besitzer gewechselt habe, sei Heinz-Willi Elter als leidenschaftlichem Kämpfer für die Einrichtung zu verdanken. Er habe großen materiellen Schaden verhindert, man sollte ihn für die Verleihung der Silbernen Ehrennadel vorschlagen. Er sei außerdem dafür, die Verwendung des Buchgewinns im Fachausschuss zu entscheiden, und er beantragte geheime Abstimmung - für beides gab es keine Mehrheit.
Der Kreistag habe sich im Dezember inhaltlich gebunden, erinnerte Heiner Hegeler, CDU-Fraktionsvorsitzender. Man habe Wirtschaftlichkeit festgeschrieben, und so bleibe nun keine andere Wahl, als das höchste Gebot abzusegnen, das zudem das einzige sei, was den Buchwert widerspiegele. Das Nutzungskonzept liege im öffentlichen Interesse. Möglicherweise hätte man das gleiche Ergebnis auch mit anderen Kriterien erzielt
Heinz-Willi Elter und seine Mitstreiter hätten ehrenwerten Einsatz für Silberborn gezeigt, aber an der Sache vorbei, stellte Irnfried Rabe, FDP-Fraktionsvorsitzender, fest. Tilchs Idee könne man in vollem Umfang unterstützen, sie gehe in die richtige Richtung, da das Haus am Wochenende auch von Jugend- und Sportvereinen zu nutzen wäre.
Der Landkreis werde mit dem Verkauf eine große finanzielle Belastung los, stellte der parteilose Kreistagsabgeordnete Manfred Schön fest.
Die erste Ausschreibung sei ein Flop gewesen, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Schwarz. Das Konzept von Werner Drese aus Polier, das unter anderem vom Turnkreis unterstützt wurde, hätte in der ersten Runde gute Chancen gehabt, aber »hätte, hätte« helfe heute nicht mehr. Der Ermessensspielraum des Kreistags sei extrem eingeschränkt, und zwischen den Angeboten von Tilch und Drese gebe es so einen erheblichen Unterschied, dass es auch rechtlich gesehen keine Frage sei, wie man entscheiden werde. Sven Tilch werde zudem sozialen Ansprüchen gerecht, betonte Schwarz. Seine Einrichtungen hätten einen ausgesprochen guten Ruf, so dass es auch für Silberborn eine positive Perspektive gebe. Die Situation sei coronabedingt im Moment für viele Familien schwierig. Wenn man den Buchgewinn in den Digitalpakt Schule stecke, komme das Jugendlichen in der Breite zugute im Sinne gleicher Bildungschancen. Er sei, betonte Schwarz, hoffnungsvoll, was die Zukunft angehe: Das Geld sei im Digitalpakt gut angelegt.
Bei Enthaltung von Dr. Hermann Weinreis, SPD, und Gegenstimmen von Grünen und Northeim21 hat der Kreistag die Landrätin mit dem Verkauf des ehemaligen Jugendfreizeitheims an Sven Tilch beauftragt. Für den Fall, dass diese Verhandlungen scheitern sollten, werden Verhandlungen mit Nihat Gümüs geführt, der das zweithöchste Gebot abgegeben hat. Sollte auch das fehlschlagen, käme es zu Verhandlungen mit Werner Drese.ek