Landkreis soll ab 2020 eigene Notärzte einstellen

Einstimmiger Beschluss | Vier Standorte beibehalten | Mit Kostenträgern über Optimierung sprechen

Northeim. Der Landkreis Northeim wird ab dem 1. Januar 2020 Notärzte selber beschäftigen. Das hat der Northeimer Kreistag bei seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen. Zunehmende Schwierigkeiten in der notärzt­lichen Versorgung haben den Landkreis dazu veranlasst, über Alternativen zur bisherigen Organisation nachzudenken und dem Kreistag Vorschläge zur Entscheidung vorzulegen.

Die notärztliche Versorgung erfolgt zurzeit von vier Standorten, die jeweils 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche mit einem Notarzt besetzt sind. Die Standorte befinden sich in der DRK-Rettungswache in Uslar-Bollensen, am Einbecker Bürgerspital sowie an den HELIOS-Krankenhäusern in Northeim und Bad Gandersheim. Die Krankenhäuser bedienen sich, sofern keine eigenen Ärzte zur Verfügung stehen, einerseits eines hauseigenen Pools von Honorarnotärzten, andererseits, wenn sie und dieser Pool offene Dienste nicht mehr abdecken können, werden vermehrt Notärzte der Notarztbörse engagiert.

Trotzdem kommt es immer häufiger zu Schwie­rigkeiten bei der Besetzung der Dienstpläne. So ist es im Februar bereits dreimal vorgekommen, dass die Besetzung des Notarztstandorts Northeim durch den Landkreis selbst auf Kosten des Krankenhauses erfolgen musste.

Die Gesamtsituaion hat Landrätin Astrid Klinkert-Kittel bewogen, dem Kreistag vorzuschlagen, die Notärzte künftig direkt durch den Landkreis Northeim anzustellen. Nach vorbereitender Beratung im Ausschuss für Brand- und Katastrophenschutz sowie im Kreisausschuss lag dem Kreistag eine Beschlussempfehlung vor, wonach der Landkreis die notärztliche Versorgung ab 2020 in Eigenregie durchführen soll. Dazu sollen die benötigten Notarztstellen ausgeschrieben werden. Außerdem soll Landrätin Astrid Klinkert-Kittel mit den Nachbarlandkreisen sprechen, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu klären und auch die Kostenträger einbinden, um die Möglichkeit sektorenübergreifender Zusammenarbeit zu klären.

Bis die Egebnisse vorliegen, soll an den bisherigen vier Notarztstandorten in Bad Gandersheim, Einbeck, Northeim und Uslar festgehalten werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Schwarz stellte fest, dass sich die Situation im Lauf des Jahres 2018 verschlechtert habe, da die Krankenhäuser zunehmend Personalprobleme bei Ärzten hätten beziehungsweise sie sich zunehmend von Notdiensten abmelden würden. Der Landkreis müsse kurzfristig für Ersatz sorgen.

Insbesondere Dr. Bodo Lenkewitz als Koordinator der Notärzte habe sich stark für einen reibungslosen Ablauf eingesetzt und auch selbst kurzfristig Dienste übernommen – der Kreistag honorierte dieses Engagement mit großem Beifall. Es habe nun drei Möglichkeiten gegeben, die Situation zu regeln: Man beauftrage weiterhin die Krankenhäuser, was eigentlich keinen Sinn mache, man führe eine – europaweite – Ausschreibung durch, oder man mache es ab 2020 selbst, und dafür habe man sich entschieden.

Um bei der Einstellung der Notärzte eine ähnliche Debatte zu vermeiden wie bei der Besetzung des Geschäftsführer-Postens von »Living History«, sollte man unbedingt den Personalausschuss einbinden. Die notärztliche Versorgung beziehungsweise die Rettungsbezirke sollten wie bisher beibehalten werden. Die Planung, aus jetzt vier künftig drei zu machen, wobei für Einbeck und Bad Gandersheim eine »mittige« Lösung in Ippensen eingerichtet werden sollte, habe die SPD verworfen: Das sei eine Lösung vom Grünen Tisch.

Es gehe um die Sicherheit der Bürger, und gerade Bad Gandersheim mit den Reha-Kliniken nicht mehr rund um die Uhr zu versorgen, sei nur schwer zu vermitteln. Die neue Lage biete sich an, dass der Landkreis mit Krankenkassen, Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen dabei über alles rede und das Dickicht der Versorgung neu und effektiver ordne. Man habe damit, so Schwarz, die Chance, ein Vorzeige-Landkreis zu werden. Gerade bei den Krankenkassen sehe er eine hohe Bereitschaft, über neue Modelle nachzudenken beziehungsweise etwas Neues im Interesse der Bürger auf die Beine zu stellen.

Karl-Heinz Hagerodt, CDU, stellte fest, dass man die besorgniserregenden Engpässe, zu denen es bereits gekommen sei, mit dem bisherigen Verfahren nicht lösen könne. Eine Kommunalisierung werde deshalb mehr Sicherheit und höhere Qualität bringen. Es seien aber noch kurzfristige Verhandlungen notwendig. Den Standort Ippensen hielt auch er für gegenstandslos. Das Thema brauche eine sachliche Zusammenarbeit, es sei nämlich für alle Beteiligten wichtig. Er nutzte auch den Anlass, auf die wachsende Zahl von Übergriffen gegen Rettungskräfte hinzuweisen, und er rief zu einem respektvollen Umgang miteinander auf.
Er halte dieses Thema für das wichtigste der Sitzung, führte Irnfried Rabe, FDP, aus, gehe es doch um die existenzielle Frage von Leben und Tod. Und da müsse man die optimale Lösung finden – wer einen Notfall erleide, müsse in die besten Hände kommen.

Sie sehe in dem Beschluss auch ein Zeichen gegen die Privatisierung im Gesundheitswesen, sagte Karen Pollok, Grüne.

Beschlossen wurde unter anderem, die Landrätin zu beauftragen, die notärztliche Versorgung im Landkreis Northeim ab 1. Januar 2020 in Eigenregie des Landkreises durchzuführen und von einer erneuten Beauftragung Dritter abzusehen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt soll die Ausschreibung für die benötigten Notärztinnen und Notärzte vorgenommen werden. Vorstellung und Auswahl erfolgen auf Vorschlag der Verwaltung im Personalausschuss.

Nach Kenntnis der Bewerberlage soll das vorgelegte Konzept überarbeitet werden. Es soll auch gemeinsam mit den Kostenträgern, der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Sozialministerium geprüft werden, inwieweit im Zusammenhang mit der Neuregelung der notärztlichen Versorgung – sektorenübergreifend oder modellhaft – im Interesse der Bevölkerung und unter Kostengesichtspunkten die Versorgung optimiert werden kann. Bis zum Abschluss dieser Gespräche sollen die vier Rettungsbereiche und die Einsatzzeiten im Landkreis Northeim unverändert bleiben.

Das bedeutet auch, dass es die in die Diskussion gebrachte Reduzierung von Notarztstunden in Bad Gandersheim nicht geben wird.lpd/ek

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