Notarztdienste kommunal planen

Ab 1. Januar 2020 soll es ein kommunales Versorgungskonzept geben

Ein Konzept zur kommunalen notärztlichen Versorgung stellten (von links) Matthias Walbrecht, Astrid Klinkert-Kittel, Dr. Bodo Lenkewitz und Jörg Richert vor.

Northeim. Die notärztliche Versorgung im Kreisgebiet übernehmen derzeit die Krankenhäuser in Bad Gandersheim, Einbeck und Northeim; der Landkreis Northeim betreibt in Uslar-Bollensen einen Notarztstandort. Landrätin Astrid Klinkert-Kittel schlägt dem Kreistag am 22. März vor, die notärztliche Versorgung ab dem 1. Januar durch den Landkreis eigenständig durchzuführen.

Im Vorfeld wird dies beim Ausschuss für Brand- und Katastrophenschutz am 12. März beraten. Seit elf Jahren organisieren das Einbecker Bürgerspital sowie Helios Bad Gandersheim und Northeim die Dienstpläne von drei Standorten. In Uslar bestellt der Landkreis seit 2012 Ärzte auf Honorarbasis, nachdem das dortige Krankenhaus geschlossen wurde. Jährlich werden etwa 4.500 Notarzteinsätze im Kreisgebiet gefahren.

Da die Übertragung der notärztlichen Versorgung an die externen Partner zum 31. Dezember endet und nicht einfach verlängert werden kann, hat sich der Landkreis mit möglichen Alternativen befasst. Für die bisherige Weiterführung müsste es eine europweite Ausschreibung geben, die alle fünf Jahr zu erneuern sei.

Nicht garantiert werden könne, dass es eine zukunftsorientierte und qualitativ hochwertige Notarztversorgung vor Ort von den bewährten Partnern gebe. Nach dem Konzept der Kreisverwaltung entsteht eine kommunalisierte notärztliche Versorgung im gesamten Kreisgebiet mit Beginn des kommenden Jahres, erklärte Matthias Walbrecht, Leiter Rechtsangelegenheiten. Nachdem Landkreis Goslar, der dies schon lange erfolgreich praktiziert, wäre Northeim erst der zweite Landkreis in Niedersachsen.

Er wäre ab 2020 wie am Standort Uslar eigenständig für die Erstellung der Dienstpläne und das Vorhalten der erforderlichen Notarztkapazitäten zuständig. Dazu will man bis zu acht Ärzte fest anstellen und die weiteren Stellen über einen ausgewählten Pool an Honorarärzten besetzen. Landrätin Astrid Klinkert-Kittel sagte: »Durch die Kommunalisierung würde sich die Anzahl der einzusetzenden Notärzte von derzeit etwa 80 auf 20 reduzieren.

Damit kann im Personalauswahlverfahren neben der fachlichen Eignung auch besonderer Wert auf Teamfähigkeit, Erfahrung und Kommunikation gelegt werden, was die Qualität der Patientenversorgung auf einem hohen Niveau gewährleisten kann.« Zudem entstehen Möglichkeiten für ein attraktives Arbeitsumfeld für das medizinische Fachpersonal.

Während es in Großstädten wie Hannover oder Braunschweig keine Probleme gebe, führe der sich vergrößernde Ärztemangel im ländlichen Raum dazu, dass es derzeit häufiger zu gewissen Planungsunsicherheiten komme: Teilweise stehe erst kurz vor Dienstbeginn die genaue Besetzung fest. In der Vergangenheit kam es schon zu Lücken.

Anfang Februar blieb in Northeim ein Notarztdienst unbesetzt. Die 13 Einsatzanforderungen wurden von benachbarten Krankenhäusern aufgefangen, die Ärzte fehlten in ihren Häusern und Regionen. Im Bedarfsfall greifen bisher die Hospitäler neben fest angestelltem Personal auf Honorarärzte oder eine sogenannte Notarztbörse zurück, über die kurzfristig und bundesweit Notärzte vermittelt werden. Dr. Bodo Lenkewitz hat viele Jahre Erfahrung als Notarzt und ist gleichzeitig »Ärztlicher Leiter Rettungsdienst« beim Landkreis Northeim.

Das neue Versorgungskonzept entstand mit ihm in enger Abstimmung. »Die fachlichen Anforderungen an die Notärzte stiegen in den vergangenen Jahren massiv, gleiches gilt für die Arbeitsbelastung. Ärzte müssen bei Einsätzen ein großes Wissen haben, ihre Patienten sind jedes Alters, behandelt werden Babys, Kinder, Erwachsene, Schwangere, Senioren, aber auch Personen mit Herzinfarkt, Verletzte, Unfallopfer oder Patienten bei Massenanfällen.

Dr. Lenkewitz ist überzeugt, dass der Landkreis als Arbeitgeber oder Auftraggeber so attraktiv ist, dass die Stellen problemlos und langfristig zu besetzen sind. Die Ausschreibungen für die Arztstellen sollen im zweiten Quartal erfolgen, dass man ab dem 1. Juli schon Planungssicherheit hat. Bei der Erstellung des Konzeptes wird auch von Erfahrungen anderer Landkreise profitiert.

So setzt beispielsweise der benachbarte Landkreis Goslar ein entsprechendes Modell seit Jahren erfolgreich um. Dienstplanunwägbarkeiten kann man mit dem Konzept minimieren und die Qualtiät sukzessive steigern. »Aufbauend mit einem handverlesenen Kreis« soll sich die kommunale notärztliche Versorgung mit verlässlichen Strukturen stetig weiterentwickeln.

Für Jörg Richert, Erster Kreisrat und Leiter des Dezernats »Sicherheit und Ordnung«, spielt vor allem der direkte Kontakt zu dem dann überschaubarerem Team von Notärzten eine entscheidende Rolle: Ein Team, bei dem die Personalfluktuation gering ist, kann sich besser weiterentwickeln. Der Landkreis wäre zum Beispiel schnell in der Lage, mögliche Defizite schnell zu erkennen und die Ärzte stets auf gleichem Level fortzubilden. Die bisherigen Notarztstandorte werden vor Ort weiterbetrieben, der Landkreise mietet sie von den Krankenhäusern an.

Zwei oder mehr Ärzte sind pro Dienst am jeweiligen Standort angedacht. Nach dem Neubau der Rettungswachen in Einbeck und Northeim will man sie dort ansiedeln. Kostenträger sind die Krankenassen, die ebenfalls von dem Konzept angetan sind und es unterstützen, erläuterte Walbrecht. Über das Konzept und dessen Umsetzung wird der Kreistag in seiner Sitzung am 22. März entscheiden.mru

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