Trend zu Qualität ist Chance fürs Handwerk

Jägermeister-Vorstandsvorsitzender Michael Volke beim Gildentag: Menschen wollen wieder direkte Erlebnisse

Ein regional befüllter Präsentkorb als Dankeschön für Festredner Michael Volke (links): Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe überreichte dem Jägermeister-Manager unter anderem Bier und Wurst.

Northeim. »Wir fühlen uns beim Handwerk sehr wohl.« Gastredner beim Gildentag der Kreishandwerkerschaft Northeim-Einbeck war Michael Volke, Vorstandsvorsitzender der Mast-Jägermeister SE. »Traditionelles Handwerk trifft Zeitgeist« lautete sein Thema, und vieles, was sein Unternehmen im Bereich Marketing nutzt, gilt auch für das Handwerksunternehmen.

Junge erwachsene Zielpersonen wolle man mit dem Traditionsprodukt aus Wolfenbüttel begeistern, mit Rock’n’Roll. Dabei müsse man die Balance halten, diese Kunden anzusprechen und zugleich bei den eigenen Wurzeln zu bleiben.

»Ein Element des Erfolges ... ist die Lust am Handwerk«, dieses Zitat von Chemie-Nobelpreisträgerin Irène Joliot-Curie habe noch immer Gültigkeit. Ein tolles Produkt werde von exzellenten Handwerkern hergestellt. »Made in Germany« sei ein Erfolgsgeheimnis für Jägermeister.

Der Blick in die Zukunft zeige einige Megatrends, denen man sich stellen müsse: Die Globalisierung zähle dazu, mit Informationen in Echtzeit. Das sei eine Froh-, keine Drohbotschaft, denn so könne man auch Schwellenländer teilhaben lassen:?»Unser handwerklich erstklassiges Produkt aus dem Vorharzland, und das gilt auch für andere Erzeugnisse, geht in die ganze Welt - wir sind in 129 Ländern tätig.« Nur 20 Prozent des Geschäfts würden in Deutschland gemacht.

Der Gegentrend zur Globalisierung sei die Glokalisierung:?Die Menschen legten mehr Wert auf lokale Produkte, wollten wissen, woher sie stammten und wer dahinter stehe.

Digitalisierung sei allgegenwärtig: Bei 7,5 Milliarden Menschen weltweit gebe es 4,8 Milliarden Handys - aber nur 4,2 Milliarden Zahnbürsten. Zielgruppen seien also im Wandel. Die junge Generation sei derzeit immer »on«, soziale Netzwerke seien ein perfekter Spielplatz für Eitelkeiten. Aber auch hier gebe es einen massiven Gegentrend hin zu einfachen, analogen, echten Produkten. Die Menschen wollten sich wieder direkt mit anderen treffen, gemeinsame Erlebnisse haben, Echtes erschaffen, und das sei eine Chance für das Handwerk. Die Rückkehr zu echten Werten, das gehe auch aus der Shell-Jugendstudie hervor, habe großen Stellenwert erhalten.

Ein weiterer Trend sei Entschleunigung:?Man wolle Qualitätszeit mit der Familie und mit verbringen, besinne sich zurück: Slowfood, vegan oder Bio seien die Antwort auf fastfood. Die »Generation Jahrtausendwende«, um die man sich jetzt bemühe, habe ein Bewusstsein dafür. Höher, schneller, weiter, das sei für sie nicht interessant; vielmehr gehe es um gesteigertes Qualitätsbewusstsein, und dieser Zeitgeist treffe auch das Handwerk.

Die Chance für lokale Qualitätsprodukte sei gigantisch. Handgemacht müsse es sein, handwerklich fein, mit einer nachvollziehbaren Wertschöpfungskette - dafür würden auch Premiumpreise bezahlt. Ein Beispiel sei der Craft-Beer-Trend in den USA, der bald auch Deutschland erreichen werde.

»Junge Leute glauben, was Freunde empfehlen.« Dieses Empfehlungsmanagement sei phantastisch für das Handwerk, denn es werde nicht nur direkt, sondern auch über die sozialen Netzwerke weiterempfohlen.

Wie könne eine Marke wie Jägermeister bei diesen Trends mitmachen? Vom Wolfenbütteler Produkt werden jährlich 3,24 Milliarden Shots getrunken, 100 Stück pro Sekunde. Damit habe stehe man auf Platz 8 der zehn größten Spirituosenmarken weltweit. Man habe sich fokussiert auf das, was man könne.

Dabei setze man auf emotionales Marketing. Modern, sexy, laut und hip, dieses Bild wolle man vermitteln. Das Unternehmen Mast, gegründet 1878, produziert seit 1934 Jägermeister. Markenzeichen sind der Hubertus-Hirsch und die solide, eckige grüne Flasche. Der Kräuterlikör enthält Bestandteile von 56 Pflanzen. Manufaktur statt Großproduktion, nach diesem Prinzip wird mit dem geheimen Original-Rezept, das nur zwei Personen kennen (einer davon ist Michael Volke), noch immer gearbeitet.

»Der Wunsch nach Perfektion treibt uns an«, stellte er fest. Der Spagat zwischen Tradition und Innovation sei möglich, und daran könne sich auch das Handwerk orientieren. Die Chancen seien riesig - man müsse nur etwas wagen: Das Geheimnis, vorn zu sein, liege auch darin, loszulegen.

Damit die gut 300 Gildentags-Besucher nach so viel Theorie die Praxis schmecken konnten, gab es zum Schluss des Vortrags Jägermeister-Minis für alle - zum gemeinsamen Anstoßen.ek

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