Undurchdacht und nicht praktikabel

Landwirte organisieren Schlepper-Flashmob und positionieren sich entlang der B3

Zum Schlepper-Flashmob versammelten sich Bauern der Region am Pinkler. Die Aktion war nicht als Verkehrsbehinderung gedacht, sondern spielte sich am Fahrbahnrand ab.

Den Landwirten reicht es – das Netzwerk »Land schafft Verbindung« hat deshalb am vergangenen Mittwoch kurzfristig zu einem Schlepper-Flashmob aufgerufen. Entlang der B3 positionierten sich die großen Fahr­zeuge, um auf die Anliegen der Bauern aufmerksam zu machen.

Region. Nach der großen Trecker-Demo in Berlin und dem Agrargipfel sei der Landwirtschaft Gesprächsbereitschaft signalisiert worden. Neben dem green deal der EU ist nun aber noch ein Referentenentwurf der verschärften Düngeverordnung aufgetaucht - keine der Forderungen der Landwirte sei berücksichtigt worden, kritisiert Landwirt Jens Brandes aus Krimmensen. Man sei bereit, an notwendigen Maßnahmen mitzuarbeiten, sie müssten aber auch sinnvoll sein. »Die Bauern sind sauer«, beschreibt er die Stimmung, sie fühlen sich hingehalten. »Es fehlt nur noch ein Funke.«

Deshalb sammelten sich mehr als 20 Landwirte am Mittwoch kurzfristig am Pinkler und stellten die Schlepper dann gut sichtbar zum Feierabend-Verkehr entlang der B3 ab. Mit dem Schlepper-Flashmob wurde ein Zeichen gesetzt, das verdeutlicht, dass die aktuelle deutsche Agrar- und Wirtschaftspolitik nicht zielführend sei. Außerdem sahen die Bauern die Aktion auch als Solidaritätsbekundung zu den Bauern-Demonstrationen gegen die Agrarpolitik in den Niederlanden.

Die Politik bewegt sich für die Landwirte in Deutschland nicht ausreichend – das unterstrichen die Bauern mit dem Schlepper-Flashmob eindrücklich. »Alle wünschen sich eine regionale, nachhaltige Landwirtschaft, die Agrarpolitik der Bundesregierung wird aber mit der Flut der Forderungen dafür sorgen, dass kleine und mittlere Familienbetriebe aufgeben müssen, und sich die Konzentrierung auf wenige Großbetriebe in industrieller Hand schneller als bisher fortsetzen wird. Wir wollen auch weiterhin eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft.« Die Gesetze und Verordnungen seien geprägt von zunehmend ausufernder Bürokratisierung und Realitätsferne.

Den Vertretern von »Land schafft Verbindung« sei zugesagt worden, dass die Umsetzung des Agrarpakets, vor allem die Verschärfung des Düngeverordnung, aufgrund der parlamentarischen Abstimmungsarbeit in Bund und Ländern nicht vor Sommer 2020 Rechtskraft erlangt. Im Rahmen der Zukunftskommission sei den Landwirten sogar Mitarbeit versprochen worden.

Bei der deutschen Landwirtschaft ist nunmehr der Eindruck entstanden, dass ein ernstgemeinter Dialog von vornherein nicht geführt werden sollte. Anders sei der nun vorliegende Referentenentwurf aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium zur Verschärfung der Düngeverordnung von 2017 nicht zu verstehen. Vorgesehen sei ein Inkrafttreten zum 1. Februar 2020, mit der Folgewirkung, dass die deutsche Landwirtschaft die Produktion von Brotgetreide nicht mehr in bisheriger Form gewährleisten könne. Neben vielen anderen »undurchdachten und nicht praktikablen Vorschriften«, könne auch eine ausreichende Nährstoffversorgung für die Pflanzen nicht mehr gewährleistet werden. In der novellierten Düngeverordnung sei ein weiterer versteckter Mechanismus enthalten, nämlich dass die Düngemenge jeweils um weitere 20 Prozent in Bezug auf das Vorjahr reduziert werden muss. Dieser stetig zunehmende Nährstoffentzug habe einen Abbau des Humusgehalts in den Ackerböden zur Folge. Damit werde ein erheblicher CO2-Speicher aufgelöst, was völlig entgegen der aktuellen Klimapolitik stehe.

Als Folge der geplanten Maßnahmen sehen die Landwirte den Zusammenbruch der ackerbaulichen Produktion in der bisher bekannten Form. Außerdem sei die bisherige preis- und mengenmäßige Marktversorgung mit Milch- und Fleischerzeugnissen nicht mehr durchführbar. Grund: Die mit der zwanzigprozentigen Nährstoffreduktion geforderte Umverteilung von organischem Dünger aus der Tierhaltung, werde nur noch durch lange emissions- und kostenintensive Transportwege möglich sein.sts