Weiter lernen, aber eine Etappe ist jetzt geschafft

Kreishandwerkerschaft verabschiedet erfolgreiche Auszubildende bei traditioneller Freisprechung

Einen Prüfungsbesten und drei Innungsbeste hat die Kreishandwerkerschaft bei der Freisprechungsfeier für die jungen Gesellen besonders geehrt.

Northeim. 96 Prüflinge beziehungsweise 92 Prozent der angetretenen Auszubildenden aus zehn Innungen haben ihr Ziel, die Gesellenprüfung, erreicht. Sie wurden jetzt im feierlichen Rahmen von Kreishandwerksmeister Ulrich Schonlau freigesprochen von den Verpflichtungen der Lehrzeit, und sie erhielten ihre Gesellenbriefe. Wie sie ihre Ausbildung erlebt haben, darüber sprach Handwerkspastorin Hille de Maeyer in ihrer Festrede. Für einen schönen musikalischen Rahmen sorgte Henrike Senger.

»Seid ihr der Meinung, ihr habt es geschafft?«, fragte der Kreishandwerksmeister die ehemaligen Auszubildenden in der Northeimer Stadthalle. Nein, antwortete er selbst, sie hätten es nicht geschafft, wohl aber ein wichtiges Etappenziel erreicht, nicht mehr und nicht weniger. Darauf könnten sie stolz sein. Das sei vergleichbar mit einem Tagessieg bei der Tour de France – es müsse noch weiter gehen. Lernen sei wichtig, nicht nur im Handwerk. Es eröffne viele Aufstiegsmöglichkeiten, bis zum Meisterbrief, der Krönung.

Die berufliche Zukunft sollten die Gesellen in der »Wirtschaftsmacht von nebenan« sehen. Man brauche motivierte Kräfte, die die Zukunft gestalten wollten: »Auf, auf, ihr tüchtigen Handwerksgesellen!«, rief er ihnen zu.
Der Kreishandwerksmeister berichtete, dass 103 Lehrlinge ihre Prüfungen abgelegt hätten, 92 Prozent waren dabei erfolgreich. Wiederum vier davon haben sich als Innungs- und Prüfungsbeste qualifiziert. Man freue sich, so
Schonlau, dass immer wieder herausragende Ergebnisse zu verzeichnen seien. Sie hätten die Möglichkeit, am praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend teilzunehmen, und sie könnten sich auf Kammer-, Landes oder Bundesebene und sogar international auszeichnen.

Als Innungs- beziehungsweise Prüfungsbeste wurden geehrt: in der Elektro-Innung Northeim Einbeck, Ausbildungsberuf Elektroniker, Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik, als Prüfungsbester Roland Igers, Northeim, Ausbildungsbetrieb Abrax Sicherheitstechnik, Delligsen; jeweils als Innungsbeste in der Kraftfahrzeug-Innung Northeim-Einbeck-Duderstadt, Ausbildungsberuf Kraftfahrzeugmechatroniker, Fachrichtung Personenkraftwagentechnik, Pascal Beckmann, Einbeck/Autohaus Hübener Einbeck; in der Innung der Metallhandwerke Northeim-Einbeck, Ausbildungsberuf Feinwerkmechaniker, Fachrichtung Maschinenbau, Pascal Grüne, Bad Gandersheim/Weißenborn Maschinenbau, Einbeck; in der Innung für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Northeim-Einbeck, Ausbildungsberuf Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Jan Kuert, Northeim/Richter Heizungs- und Sanitärtechnik, Northeim.

»Man ist mit der Zeit immer selbstständiger geworden«, diese Aussage eines ehemaligen Auszubildenden hat Handwerkspastorin Hille de Maeyer vom Haus kirchlicher Dienste in Hannover, zum Thema ihrer Festrede gemacht, in der sie »Von Freude, Stolz und anderen Gefühlen« berichtete. »Sie haben Ihre Ausbildungszeit geschafft, sind Handwerker geworden, haben viel gelernt, ausprobiert, durchgehalten, gezeigt, was Sie können«, stellte sie fest. Und Handwerker könnten viel. Am Anfang sei Gottes Schöpfung, für den Rest hätten Handwerker gesorgt, hieß es in einer Imagekampagne des Handwerks. Jede Menge Wissen und Fähigkeiten hätten sie sich angeeignet. Es habe sie interessiert, so die Pastorin, was man denn lerne als Elektroniker, als Fleichereifachverkäuferin, als Metallbauer. Deshalb sei sie in Berufsschulklassen gewesen, um mit Auszubildenden zu sprechen. Sie habe gestaunt, wie viel Wissen sie hätten, und dabei hätten alle Fachkräfte unterschiedliche Schwerpunkte. Jeder sei ein Spezialist auf seinem Gebiet.

Danach gefragt, was ihnen besondere Freude bereitet habe, nannten die Auszubildenden auch den monatlichen Lohn – verständlich, sei er doch die Grundlage für ein eigenständiges Leben. Es war aber ebenfalls die Rede von guten Zeiten im Ausbildungszentrum, in denen man sich gegenseitig anspornte, oder von der Zufriedenheit, eigenständig etwas machen zu können, mehr und mehr im Lauf der Ausbildung. Man sehe, was man geschafft habe. Das sei gut gewesen für das Selbstbewusstsein. Gefreut hätten sich die Auszubildenden über alles, was funktioniert habe, und sie seien stolz auf das Wissen, etwas zu können, was andere nicht könnten. Handwerker, so die Pastorin weiter, hätten ein einzigartiges Körperwissen, ein Gespür für die Eigenschaften von Materialien: »Ihre Hände können es einfach.« Dieses Wissen sei hier sozusagen »veredelt«, und es sei ein großer Schatz. Mit Ideen seien sie zu Könnern ihres Fachs geworden – meisterlich. Als nervig hätten viele das Schreiben der Berichte empfunden, und manche Tätigkeiten seien anstrengend gewesen, manchmal sogar blöd, vor allem deshalb, weil es immer die Lehrlinge gewesen seien, die sie ausführen mussten.

Die sogenannte Generation Z, die Jahrgänge 1994 bis 2010, zu der die Auszubildenden gehörten, sei mit dem Netz groß geworden, ständig online, sofort gebe es eine Lösung für alles. Das führe manchmal zu Ungeduld. Die Jugendlichen hätten einen besonderen Umgang mit den Eltern, die sie als Partner ansehen würden. Statt Hierarchien gebe es ein Miteinander auf Augenhöhe. Arbeit müsse für sie sinnvoll sein. Dazu wünsche man sich viel Freizeitausgleich. Die Babyboomer schüttelten dabei mit dem Kopf: Sie würden auf der Matte stehen, wenn es Arbeit gebe. Diese unterschiedlichen Auffassungen müsse man bedenken und um Verständnis füreinander werben.

Die Freisprechung erlebten die jungen Menschen als besonderen Tag, sowohl als Abschluss als auch als Einstieg, beides sei richtig. »Das ist Ihr Tag«, hob sie hervor, und mit den Absolventen würden sich viele freuen. Es sei für die Unternehmen eine Ehre, junge Menschen auszubilden, die von jetzt an selbstverantwortlich seien für ihren Weg. Viele blieben dem Handwerk erhalten. Mit ihren Händen würden sie an dieser Welt bauen, und das könnten sie – hochqualifiziert, modern und innovativ.

Mit der traditionellen Formel sprach der Kreishandwerksmeister nach der Überreichung der Gesellenbriefe die jungen Gesellen frei: »Nach altem deutschem Handwerksbrauch spreche ich euch öffentlich und feierlich frei. Macht eurem Handwerk stets Ehre, haltet hoch die guten Sitten eurer Väter, seid fleißig, sparsam, treu und redlich. Werdet gute, tüchtige und brave Handwerksgesellen.« Damit löste er sie von den Verpflichtungen, die sie in der Ausbildungszeit übernommen hätten: Sie seien nun Handwerksgesellen, sagte Ulrich Schonlau, verbunden mit Glückwünschen zur Erhebung in den Gesellenstand.ek

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