Fechten

Fechter kreuzten Säbelklingen erstmals in Einbeck

Erste gesamtdeutschen Meisterschaften in den Hubehallen | Finale im Wilhelm-Bendow-Theater

Da die Friesen­kämpfer neben Leichtathletik, Schwimmen und Schießen auch in Fecht-Wettkämpfen antreten mussten, waren im September 2014 viele spannende Gefechte in der BBS-Halle zu sehen.

Einbeck war der Fechtmittelpunkt – am 26. und 27. Januar 1991 kreuzten bei den ersten gesamtdeutschen Meisterschaften im Säbelfechten nach der Wiedervereinigung wieder Sportler aus beiden Teilen die Klingen. Mehrmalige deutsche Meister, Weltmeister sowie Medaillengewinner bei Olympischen Spielen kamen in die Hubehallen, um sich miteinander zu messen. Die Finale fanden unter großen Anfeuerung auf der Bühne im Wilhelm-Bendow-Theater statt.

Einbeck. Die Einbecker Morgenpost schrieb damals: »Der sportliche helle Glanz, der völlig unerwartet erst im November 1990 auf Einbeck fiel und damit die Zentren der Fechtwettbewerbe wie Bonn oder Tauberbischofsheim ausstach, strahlt auf die ganze Stadt.« Weiter hieß es: »Ein Höhepunkt in der Geschichte des deutschen Säbelfechtens und zugleich der 110-jährigen Historie des Turnclubs Einbeck dürfte dieses Wochenende werden.« So wurde es auch. Der TCE und der SV Eintracht Einbeck waren die Vorgängervereine vom Einbecker SV.

Intensive Vorbereitungsmonate

Ursula Gewaltig-Ophüls und Erich Ophüls, Verantwortliche des Deutschen Fechter-Bundes, suchten nach der Wiedervereinigung einen Austragungsort in der Mitte Deutschlands, in dem es auch Fechtsport gibt. Sie stießen dabei schnell auf Einbeck, verwandtschaftliche Beziehungen in die Region förderten ihre Entscheidung. Frauen durften sich damals noch nicht mit dem Säbel messen, nur mit Degen und Florett. Das änderte sich erst Mitte der 1990er Jahre.
Es folgten intensive Vorbereitungsmonate für die Organisatoren Jörg Bernhardt, Abteilungsleiter Fechten im ESV seit 1967, und Horst Bode. Große Hilfe erhielten sie von Mitgliedern ihres Sportvereins um Vorsitzenden Jörg Meister, zahlreichen Helfern, Arbeitskollegen von Kayser Automotive, die sich teilweise sogar Urlaub nahmen, Sponsoren und der Stadt Einbeck um Eckard Körber, Leiter des Kulturamtes. Vereinsmitglied Bernhard Maseberg unterstützte das Projekt im Sportausschuss – die Orga-Station betrieben unter anderem auch Bernhardts Schwager Hans-Georg Förstermann, Werner Beye oder Klaus Rudloff mit dem Team vom Fechter- und Gäste-Treff in den Hubehallen.

Eine Sportart mit Tradition in Einbeck

Es gab viel zu leisten, so Bernhardt: Die Hubehallen mit 18 Planchen zu bestücken, Unterstützer zu gewinnen, rund 400 Sportler, Begleiter, Trainer, Kampfrichter und Offizielle unterzubringen, Empfänge zu organisieren, aber auch die medizinische Versorgung sicherzustellen. Diese übernahmen Turnierarzt Helmut Ostermann und das DRK Einbeck. Zum Glück gab es keine großen Verlet­zungen.

Auch Dopingkontrollen waren gefordert, sagte Ophüls, »diese sind nicht immer einfach. Nur zu oft seien die Fechter vom heißen Match ausgedörrt, und da komme nichts.« Doch wisse man sich zu helfen, betonte er, »die müssen kaltes Wasser schlucken, bis der Erfolg sichtbar wird.« Seine Frau Ursula Gewaltig-Ophüls ergänzte schmunzelnd, in Absprache mit dem zuständigen Arzt könnte man auch Bier benutzen, in Einbeck lade das ja gerade dazu ein.

Einige Jahre vorher entdeckte sie ihr Herz für die Fachwerkstadt und machte sich für die Ausrichtung vor Ort stark. Die beiden Sporthallen am Hubeweg begeisterten sie, »nach solch einem vorbildlichen Zentrum würden sich selbst Großstädte die ›Finger lecken‹.« Hinzu kam, dass Bode und Bernhardt schon Erfahrung mit Wettbewerbsorganisa­tion bis auf Landeshabe hatten und die Fechtabteilung 1990 ihr 40-jähriges Bestehen feierte.

Am 10. Mai 1950 im Hotel »Goldener Löwe« von H. Dröscher, Max Rennhack und Ruth Peter gegründet, existiert sie in wenigen Wochen im Mai 2020 jetzt schon 70 Jahre. Bernhardt hat auch Unterlagen, dass sogar schon vor 1890 ein Fechtclub in Einbeck bestand. Die besondere Sportart hat lange Tradition in der Region.

Stadt der guten Sportanlagen und kurzen Wege

Viele Erfolge gab es bei Bezirks- und Landesmeisterschaften sowie bei überregionalen Turnieren. Dr. Matthias Wiemer schaffte dreimal hintereinander die Qualifikation für Deutsche Säbelmeisterschaften. In der kürzeren Vergangenheit gelang ähnliches auch Philipp Schlüter. Mit Jörg Bernhardt fuhr er zu deutschen Titelkämpfen dazu in die Fecht-Hochburg Tauberbischofsheim. Dort erkannte Erich Ophüls den ESV-Abteilungsleiter gleich wieder und fragte ihn, wann wieder deutsche Meisterschaften in Einbeck stattfinden könnten – alle fühlten sich damals wohl und würden gern wieder hier ihre Klingen kreuzen.
In kleinerer Form erfolgte das 2011, 2012, 2014 und 2018 im Rahmen der Deutschen Mehrkampfmeisterschaften. Auch bei diesen Wettbewerben lobten die Teilnehmer die guten Sportanlagen, die kurzen Wege, aber auch den guten Durstlöscher nach dem Wettbewerb, das Einbecker Bier.
So war das auch schon 1991. Nach dem Empfang im Alten Rathaus hatten einige Aktive noch Durst. Es folgte eine Kneipentour. Als sich Hunger einstellte, wurde gegen 23 Uhr im »Einbecker Hof« eingekehrt, um sich zu stärken.

»... obendrein eine besondere Atmosphäre ... «

Zum Empfang kamen auch einige Einbecker Politiker zu spät, da sie fälschlicherweise in den Brauerei-Keller gingen. Statt mit dem Präsidium des Fechtverbands und den Bundeskaderathleten saßen sie mit Kaufleuten einer Handelskette zusammen. Erst nach geraumer Zeit in einer geselligen Runde bemerkten sie den Irrtum und begaben sich zum Rathaus, erinnerte sich Bernhardt. Gelobt wurde beim Empfang von Bürgermeister Wilhelm Dörge das »großartige Ereignis in Einbecks Mauern«. Die Stadt war schon einmal Ausrichter nationalen Wettkämpfe: 1969 mit den Deutschen Schwimmmeisterschaften. Die Verantwortlichen des Fechtverbands wie Ursula Gewaltig-Ophüls sagten: »Wir haben hier nicht nur optimale Austragungsstätten, sondern obendrein eine besondere Atmosphäre vorgefunden.«

Wenn sie als Organisatoren nicht die Hilfe der Stadt Einbeck, der Sponsoren und tatkräftiger Mitstreiter gehabt hätten, wäre eine Veranstaltung in diesem Rahmen nicht möglich gewesen, bedankte sich Jörg Bernhardt für die Unterstützung. Vereinsvorsitzender Jörg Meister fügte hinzu: »Für uns alle war es etwas Großartiges.«

Lob auch von Trainerlegende Emil Beck

Im Vorfeld der Deutschen Meisterschaft gab es auch Grußworte von dem Präsidenten des Landesfechtverbands, des deutschen Fechtverbands, von Landrat Axel Endlein oder vom niedersächsichen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, der auch Schirmherr war. Er begrüßte, dass die Deutschen Meisterschaften 1991 in der traditionsreichen Sportart in Niedersachsen stattfanden: »Die Stadt Einbeck mit ihrem schönen Stadtbild bietet dafür einen würdigen Rahmen und gibt mit den verantwortlichen Organisatoren im rührigen Turn-Club die beste Gewähr für das Gelingen.«

Die Finale wurden auf der Bühne im Wilhelm-Bendow-Theater ausgetragen. Zwar war die Planche einen Meter zu kurz, was Bernhardt Boris Stavrev, Bundestrainer Säbel, bei der Pressekonferenz im Brauhaus beichtete. Darauf sagte Stavrev, dass Einbeck alles mit so viel Mühe und Liebe vorbereitet habe, dass der eine Meter nichts ausmache. Lob gab es auch von Trainerlegende Emil Beck aus Tauberbischofsheim.

Viele Interessierte verfolgten die Wettkampftage. Medienvertreter waren zahlreich vertreten – wie Fernsehsender oder auch NDR Radio Niedersachsen, für das der Einbecker Eckhard Senger berichtete.

Nach spannenden Gefechten mit der Hieb- und Stichwaffe wurde Deutscher Meister Felix Becker, der 1994 auch als erster Deutscher die Weltmeistschaft mit dem Säbel gewann, vom OFC Bonn vor seinen Vereinskameraden Uli Eifler und Jürgen Nolte. In der Mannschaftswertung sicherte sich den Titel OFC Bonn mit Jürgen Nolte, Felix Becker, Frank Bleckmann, Jörg Kempenich und Ulrich Eilfer vor FC Tauberbischofsheim und TSV Dormagen. Die Pausen zwischen den Gefechten wurden mit sportlichen Vorführungen des ausrichtenden Vereins wie von der Turnsparte von Seppl und Margarete Schersach gefüllt.

Fechten hat in Einbeck eine lange Tradition. »Treffen, ohne getroffen zu werden«, ist das Ziel auf der Fechtplanche; Taktik und Strategie machen das Fechten auch zum »Denksport«. Beliebt ist es, die Gefechte zu verfolgen; das nutzten unzählige Personen 1991, als erstmals wieder gemeinsam im vereinten Deutschland in Einbeck die Säbel gekreuzt wurden.mru

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