Das Thema nicht einfach vergessen

Jüdische Familien in Markoldendorf / Erinnerungsspaziergang durch den Flecken

Die heutigen Markoldendorfer suchen Spuren des ehemaligen jüdischen Lebens in Markoldendorf – im Rahmen der Aktion »Gegen das Vergessen«. Dazu werden am kommenden Freitag, 5. November, ab 16 Uhr zunächst ein realer Spaziergang und ab 17.30 Uhr im Gemeindehaus ein Erinnerungsspaziergang in Gedanken unternommen.

Markoldendorf. Der erste Teil, der »Spaziergang durch den Ort«, dauert rund eine Stunde. Dieser Rundgang geht ab 17.30 Uhr in den zweiten Teil des Nachmittags über, der im Gemeindehaus stattfindet. Dort soll in Gesprächen die Erinnerung an die zurückliegenden Jahrzehnte des Zusammenlebens mit den jüdischen Mitbürgern aufgefrischt oder neu geweckt werden.

Treffen zum Spaziergang soll an der ersten Erinnerungsstation sein, am Judenfriedhof in der oberen Eickestraße. Für diese längere Etappe zum Judenfriedhof hin und zurück steht für ältere oder gehbehinderte Teilnehmer auf dem Rewe-Parkplatz ein Fahrdienst ab 15.50 Uhr bereit. Gerade ältere Markoldendorfer mit persönlichen Erinnerungen, besonders an die Jahre vor 1939, sowie alle anderen Interessierten sind dazu willkommen.

Der weitere Gang führt in sechs kurzen Etappen durch den Ortskern zu den früheren Arbeits- und Wohnstätten der Markoldendorfer Juden, beispielsweise vorbei am ehemaligen Schlachthaus, in dem die einstigen jüdischen Fleischermeister und ihre Familien gelebt haben, in jüdischer Tradition ein Schächtehaus.

Eine von der Kirchengemeinde herausgegebene Broschüre zum Thema »Jüdische Familien in Markoldendorf« mit Bildern, Fotos und überlieferten Texten wird zum Spaziergang ausgegeben und im anschließenden Gespräch mit Professor Dr. Dietlef Niklaus vorgestellt.

Der Autor sagt zu seiner Absicht und seinen Zielen, die er mit der Schrift erreichen möchte: »Obwohl ich der ganzen Geschichte jüdischen Lebens in Markoldendorf bis ins vorige Jahrhundert zurück nachgegangen bin, soll der Schwerpunkt gerade in dieser November-Woche auf die Jahre 1933 bis 1939 gelegt werden. Vor allem deshalb, weil nachweislich viele Juden in Markoldendorf in der Dorfgemeinschaft gut ›integriert‹ waren, ist es umso weniger verständlich, dass alle jüdischen Familien den Ort verließen. Vielleicht sollte man noch klarer sagen, dass sie Markoldendorf auf Grund der nationalsozialistischen Rassenideologie verlassen mussten.«

Sei es wirklich lebensgefährlich gewesen, von den guten Kontakten, zum Beispiel im Gesangverein »Concordia«, im Schützenverein oder in der privaten Nachbarschaft, zu reden oder sie gar weiterzupflegen, fragt Professor Niklaus. »Müssten wir ein schlechtes Gewissen haben?« Die Antworten auf diese Frage, das weiß er, gehen weit auseinander, aber die schlechteste Form einer Auseinandersetzung wäre es, die Juden einfach zu vergessen. »Deshalb ist in Markoldendorf die ›Aktion gegen das Vergessen‹ sehr zu begrüßen«, so Professor Niklaus. »Es geht uns in den Gesprächen darum, alte Erinnerungen und neue Erkenntnisse zu gewinnen oder wiederzubeleben.«
ek

Dassel

Hegering IV sammelt Müll