Die zartblaue Schönheit

Linsen – auf den Spuren einer alten Kulturpflanze | Hoher Eiweißgehalt

Markoldendorf. Der lange, warme Sommer hat in diesem Jahr auch in Markoldendorf  Linsen reif werden lassen. Die Biogärtnerin Ma­rion Schole hatte sie zum ersten Mal in ihrem Garten ausgesät und erntete im September von einer fünf Meter langen Reihe zwei Kilogramm der blau blühenden marmorierten Linse. Dies sei ein sehr guter Ertrag, meint die Biogärtnerin, zumal sie bei ihr ohne Stützfrucht wüchsen, was bei einem recht schweren und fruchtbaren Boden wie am Pfarrgarten nur in besonders warmen und trockenen Jahren gelinge.

Im Sommer ist Marion Schole auf die Schwäbische Alb gereist, um die Öko-Erzeuger­gemeinschaft »Alb-Leisa« (Leis heißt auf schwäbisch Linse) im derzeit größten Linsenanbaugebiet in Deutschland zu besuchen. Auf der Alb findet die Linse die von ihr bevorzugten Böden: leichten, sandigen Kalkmergel. Der Anbau im Gemenge mit Getreide, zum Beispiel Gerste, gibt der Linse Halt, schützt sie vor zu viel Bodenfeuchtigkeit und verhindert Überwucherung durch Beikräuter. Linsen und Getreide werden zusammen ausgedrillt, und ebenso gemeinsam geerntet, getrocknet und gereinigt.

Um 1900 wurden noch 20.000 Hektar Linsen in Deutschland angebaut, um 1960 war der Anbau quasi erloschen. Als der Landwirt und Öko-Pionier Woldemar Mammel aus Lauterach in den 80er Jahren den Linsenanbau wiederaufnehmen wollte, galten die alten Sorten der Schwäbischen Alb »Späths Alblinse I und II« als verschollen. Erst 2006 wurde sie in der Wawilow-Saatgutbank in St. Petersburg wiedergefunden: 1963 war sie dort aufgenommen und versehentlich unter falschem Namen archiviert worden. Die Freude auf der Alb war groß, inzwischen werden wieder auf über 50 Hektar Alb-Linsen angebaut und über Bio- und Dorfläden verkauft.

Auch Südniedersachsen und Thüringen waren früher Linsenanbaugebiet, ein Zentrum bildete das Eichsfeld. Im historischen Garten von Schönhagen kann man die Linse im Abschnitt des Neolithikums finden. Sie gehört zusammen mit Emmer, Einkorn, Gerste, Hirse, Hanf und Erbse zu den Pionierpflanzen der allerersten Ackerbaukulturen in Mitteleuropa, und schon damals, vor rund 8.000 Jahren, existierte die Anbaugemeinschaft mit Getreide. Leider, so die Leiterin des Gartens, Petra Hesse, seien die alten, regional angepassten Eichsfelder Sorten verschollen, seit der Linsenanbau in den 60er Jahren aufgegeben wurde. Da konnte auch die Wawilow- Saatgutbank nicht mehr helfen.

Die Markoldendorfer Linsenernte wurde von Marion Schole nach alter Tradition auf dem Dachboden getrocknet, (in einem alten Kissenüberzug) gedroschen und über Siebe, Windsichtung und Handauslese gereinigt. Das Stroh wurde gebündelt und verbreitet in der Küche seinen wundervollen Duft. Linsen leisten einen wertvollen Beitrag zur menschlichen Ernährung, der Eiweißgehalt liegt je nach Sorte zwischen 25 und 30 Prozent, und ihr Gehalt an Mineralstoffen wie Eisen, Magnesium oder Zink ist hoch. Der nussige Geschmack sitzt in der Schale, deshalb schmecken die kleinen Linsensorten besonders aromatisch.

Zum Beispiel als Linsenfrikadellen: 100 Gramm Linsen mit reichlich Thymian und etwas Salz weich kochen, eine Zwiebel und eine Knoblauchzehe fein hacken, glasig braten und mit den Linsen, 75 Gramm feinen Haferflocken, einem Ei und Gewürzen wie Petersilie, Majoran, Salz, Pfeffer oder auch Chili vermischen, die Masse eine halbe Stunde ziehen lassen, Frikadellen formen, in Mehl wälzen und in Öl braten. Die Menge ergibt etwa fünf Frikadellen. Sie schmecken warm und kalt.oh

Dassel

Dassel grillt mit guter Stimmung an