Heiligabend: Die Frohe Botschaft in den Dörfern

Zahlreiche Kurz-Andachten unter freiem Himmel in den Kirchengemeinden Dassel | Resonanz positiv

Vom Trecker-Anhänger aus hielten Pastor Robert Voss und Keyboarder Stefan Guhl in Amelsen genügend Abstand, und alle Christvesper-Besucher konnten sie sehen.

Der, der die frohe Botschaft nach Amelsen brachte, war kein Verkündigungsengel, ­sondern ein schwarzbemützter Pastor im dicken Anorak, der seine Maske nur zum Sprechen abnahm. Statt der Hirten auf dem Feld lauschten ihm in zwei Andachten jeweils 50 angemeldete Amelser, natürlich ebenfalls mit Masken, auf dem Platz neben der Kirche. Pastor Robert Voss stand – in gebotenem Abstand – auf einem Trecker-Anhänger, den Menschen direkt gegenüber, neben sich Stefan Guhl mit dem Keyboard.

Amelsen/Hilwartshausen/Region Dassel. Die Kirchenvorstände, Pastoren, Lektoren und Prädikanten der Kirchenregion Dassel hatten, unter Einhaltung aller Corona-Regeln und unterstützt von vielen Helfern, Heiligabend zahlreiche Freiluft-Andachten in den Dörfern – mit der nötigen Technik – ermöglicht und organisiert. Für Voss und Guhl begann die logistische Leistung um 11.15 Uhr in einem Unterstand auf dem Hengstaufzuchtgestüt in Hunnesrück. Für Deitersen und Rengershausen hatten sich jeweils 45 Besucher angemeldet, wussten Liane Tschentscher und Peter Zarske vom Kirchenvorstand Lüthorst zu berichten, zu dessen Bereich auch diese Dörfer zählen. Diese Anmeldezahlen zeigten die durchweg positive Resonanz – trotz Corona, trotz Regen.

Umdenken und nehmen was da war

Zu der kurzen Andacht gehörte das Lukas-Evangelium, auch in Hilwartshausen bei Prädikantin Beate Marker, die vor dem Pfarrsaal-Gebäude stand, neben einem wunderschönen Weihnachtsbaum, den die Familie der Küsterin Britta Lampe gestiftet hatte. Als Kirchenvorstandsmitglied war diese mit Tobias Fender und Angela Rimke vor Ort, auf dem Platz zwischen Cyriakus-Kirche und der ehemaligen Schule. Sowohl das Äußere der Kirche – Fenstersimse mit Zweigen und Kerzen – als auch das Innere – Kerzen und Krippe – waren festlich geschmückt. An den Adventssonntagen und den Weihnachtsfeiertagen war die Kirche geöffnet für Besucher, wie auch viele andere Dasseler Dorfkirchen. Nachzulesen war dies in der Sonder-Weihnachtsausgabe der Kirchengemeinden.

Alles anders vorgestellt, umdenken, nehmen, was da war – so erläuterte Pastor Voss Marias und Josefs Herbergssuche und schlug damit die Brücke zur Gegenwart: Gott sei zu Maria gekommen. Er sei auch jetzt da. In diesem Jahr sei man viel näher am Weihnachtsgedanken, mit der Sehnsucht nach Geborgenheit, Frieden, Wärme und Ritualen, die Sicherheit geben würden. »Ich habe das Gefühl, Weihnachten ist dieses Jahr freigegeben, frei von Zwängen, frei zur bewussten Gestaltung. Wenn dir danach ist, dann sing’ ‘Oh du fröhliche’, nur eben nicht in der Kirche. Wenn dir danach ist, einen Braten zu machen, dann tue es und stell ihn jemand anderem hin ... Dieses Jahr ist Weihnachten frei zu entdecken, was wirklich wichtig ist im Leben, aber auch für die Trauer, was nicht sein kann.« Von der unsicheren Zukunft sprach Voss und dass in einem solchen »Lebensnebel« Weihnachten begann und beginnt. Das sei es, was tröste. »Gott sieht uns alle mit unserer Sehnsucht und unseren Nöten.«

Mit dem Lied »Oh du fröhliche« endete hier wie dort die Andacht. Beate Marker wurde unterstützt von Harald Voges, der, im Eingang sitzend, Akkordeon spielte. Sie sprach ebenfalls von dem jetzt veränderten Leben und der Not von Maria und Josef. Doch die frohe Botschaft bleibe, »egal wie die Zeiten sind«. Gott habe seinen Sohn als Zeichen der Hoffnung in die Welt geschickt.

Projekt »Wanderprediger«

Das Hygienekonzept sah jeweils einen anderen Zu- und Abgang vor. In Amelsen ging es nach dem Ende an der Kirche vorbei und damit an einer Sammelbüchse für »Brot für die Welt«. Sowohl Voss als auch Marker – ebenso die weiteren Theologen – baten um Unterstützung für die Arbeit dieses Hilfswerks. Neben der Büchse lagen gemalte Weihnachtsgrüße der Amelser Krippenspiel-Kinder zum Mitnehmen.

Während Pastor Voss kurz nach seiner Andacht bereits auf dem Weg nach Vardeilsen war, Guhl sein Keyboard einpackte und Prädikantin Marker sich auf den Weg in die Seedörfer machte, fuhr in Amelsen bereits der Trecker vor, der den Anhänger abholte. In Hilwartshausen packte man hiernach die gelben Bänder ein, die als Kreise am Boden die Abstände für die Besucher markiert hatten.

Mit Dankbarkeit resümierte Voss den Tag: »Dankbarkeit dafür, dass wir in jedem Ort eine ›Herberge‹ für die Andachten fanden, indem Menschen ihre Privatgrundstücke zur Verfügung stellten, Dankbarkeit gegenüber den Kirchenvorstehern und Küstern, die vor Ort das Hygienekonzept umsetzten, Dankbarkeit gegenüber Frank Pape und Stefan Guhl, die sich auf mein Projekt ›Wanderprediger‹ einließen. Und die Dankbarkeit der Gemeinde, die ich überall spüren konnte, dass wir trotz allem ein bisschen ›Normalität‹ an Heiligabend ermöglicht haben. Auch wenn ich theologisch das System der Voranmeldung ablehne, war es aus organisatorischer Sicht die richtige Entscheidung, da so alle wussten, was auf uns zukommt und die Plätze entsprechend gut vorbereitet werden konnten.« So wurden »zehn schöne Andachten in den acht Dörfern der Kirchengemeinde Lüthorst« gefeiert. Der Gruß »Frohe Weihnachten« am Ende des Segens bekam für Voss »durch die widrigen Umstände noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Dies war für mich jeweils ein sehr intensiver Moment.«

Viele Besucher

Auch Beate Marker zieht ein positives Fazit ihrer Andachten in Hilwartshausen und den Seedörfern. Dort waren es jeweils 30 Besucher. Sie war auch von den vielen »mitreisenden« Helfern beeindruckt. Der Posaunenchor gab den Andachten eine festliche Atmosphäre.

Die vier Christvespern in Markoldendorf waren ebenfalls sehr gut besucht. An den Feiertagen folgten in Markoldendorf und Dassel noch zwei Gottesdienste in den Kirchen mit jeweils 20 Besuchern, berichtet sie.

Frank Pape an der Gitarre löste als Begleiter von Pastor Voss Stefan Guhl ab. Dieser spielte Heiligabend ab 16 Uhr 40 Minuten an der Orgel in der offenen Dasseler St. Laurentius-Kirche, nach ihm dann Pape und Pastor i.R. Ekhard Brandes, der um 18 Uhr ebenfalls als Trompeter vom Kirchturm weithin zu hören war – also auch in dieser geschmückten Kirche war alles organisiert für Besucher. Margrit Brandes, die zurzeit als Küsterin Verena Pape vertritt, die zurzeit durch Krücken gehandicapt ist, machte Besucher aufmerksam auf die Sonderausgabe des Gemeindebriefs. Aber das Einschalten der Dasseler Glocken und damit das Einläuten des Festes um 16 Uhr, das ließ sich Verena Pape trotz Krücken nicht nehmen.des

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