Ist ein »like« schon gefährlich?

Volksverhetzung | Amtsgericht spricht 75-Jährigen frei

Volksverhetzung lautete der Vorwurf, über den das Amtsgericht Einbeck jetzt verhandelt hat. Angeklagt war ein Dasseler Bürger, der einen Facebook-Beitrag eines Einbeckers mit »... wie recht du hast« kommentiert hatte. Der Beitrag enthielt herabsetzende Äußerungen über muslimische Zuwanderer. Das Gericht sah den Facebook-Eintrag als verachtenswert an, ebenso den zustimmenden Kommentar. Der Straftatbestand der Volksverhetzung sei indes nicht zu erkennen, der Angeklagte wurde freigesprochen.

Dassel. Am 16. Dezember 2018 wurde, so die Anklage der Staatsanwaltschaft, in einem Facebook-Eintrag zum Hass gegen Gruppen bestimmter ethnischer Herkunft aufgestachelt. Vorurteilsbeladen ging es darin unter anderem um »das Volk aus dem Morgenland mit ihren Endlosforderungen.« Durch seine Zustimmung dazu habe der 75-jährige Angeklagte das wiederum über seine Facebook-Freunde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Der Vorwurf entspreche nicht seiner Gesinnung, sagte er. Er habe in seinem Leben immer wieder mit anderen Kulturen zu tun gehabt, kenne und respektiere sie. Nicht einmal im Ansatz sei er fremdenfeindlich. Zudem erinnere er sich nach mehr als zweieinhalb Jahren nicht mehr genau daran, was er geschrieben habe.

Der Beitrag sei nicht mehr online, stellte die Staatsanwaltschaft fest, und das sei auch gut. Es gebe allerdings Screenshots, die Äußerungen seien eindeutig. Wenn man den Ursprungsbeitrag auf diese Weise unterstütze, sei das zu bestrafen – in diesem Fall mit 30 Tagessätzen à 40 Euro. Zwar habe der Beschuldigte keine eigene Hetze betrieben, wohl aber den entsprechenden Beitrag befürwortet.

Es falle ihm schwer, da zu folgen, stellte Verteidiger Vito Baeumer fest: Sein Mandant habe sich in vieler Hinsicht sozial eingebracht, die Vorwürfe passten absolut nicht zu seiner Gesinnung. »Diese Unterstellung ist fernab von seiner Lebenswirklichkeit.« Selbst wenn er einige Teile des Ursprungsbeitrags unterstützt hätte, fiele das unter die Meinungsfreiheit, »Ist ein «like” schon gefährlich?«, fragte er. So weit dürfe es nicht gehen. Er beantragte Freispruch.

Amtsgerichtsdirektor Thomas Döhrel verkündete einen Freispruch. Es gehe nicht darum, Gesinnungsstrafrecht anzuwenden, sondern Volksverhetzung lege zugrunde, dass der öffentliche Friede gestört und das gesellschaftliche Klima vergiftet sei. Ein Aufstacheln zum Hass komme hinzu, das sei tatbestandsrelevant.

Der vom Angeklagten kommentierte Beitrag drücke zwar Ablehnung und Verachtung aus, gehe aber nicht darüber hinaus. Somit sehe er den Tatbestand der Volksverhetzung nicht, weil es nicht das Ziel sei, eine bestimmte Handlung hervorzurufen. Zudem sei nicht klar, welche Behauptung er kommentiert habe. Gleichwohl seien die Aussagen verachtenswert, und der Verbreiter sei dafür auch rechtskräftig verurteilt worden. Er selbst, berichtete Döhrel schließlich, kommentiere nichts im Internet – da könne nichts falsch verstanden werden.ek

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