Verfassungs- und Finanzausschuss

Kein »Zocken«, sondern echte Chance

Senkung der Gewerbesteuer | Ferienbetreuung wird teurer | Einführung eines Ratsinformationssystems

Dassel. Der neue Verfassungs- und Finanzausschuss tagte jetzt erstmals unter dem Vorsitz von Uwe Fingerhut, SPD. Er hoffte auf konstruktive Zusammenarbeit. Diskutiert wurden die mögliche Senkung der Gewerbesteuer, die Gebühren für die Ferienbetreuung und die Einführung eines digitalen Ratsinformationssystems.

Die Idee, den Gewerbesteuerhebesatz (die »EM« berichtete) zu senken, wurde nicht abschließend beraten. Derzeit bestehe für die Stadt Dassel die finanzielle Möglichkeit, durch eine stringente Haushaltspolitik eine Wirtschaftsförderung durch einen niedrigen Gewerbesteuerhebesatz umzusetzen. Wie Bürgermeister Gerhard Melching erklärte, sei eine Stabilität der Bevölkerungszahlen dringend notwendig. Junge Menschen wanderten ab, es fehlten Arbeitsplätze. Leerstehende Industriegebäude in Dassel müssten wieder mit Betrieben gefüllt werden. Extrem schwankend seien in Dassel die Gewerbesteuereinnahmen. Von der Steuerkraft je Einwohner sei Dassel die zweitschwächste Kommune im Landkreis.

Bisher liegt der Hebesatz in Dassel bei 375 Punkten und damit im Mittelfeld im Landkreis. Mit der Senkung des Hebesatzes auf 320 Punkte – und damit landkreisweit am niedrigsten – soll eine Attraktivitätssteigerung für Betriebe erreicht werden, so dass Arbeitsplätze ein­gerichtet und der Leerstand von Gebäuden verringert werden. Eine Trendwende in der Bevölkerungsentwicklung würde die Finanzierbarkeit kommunaler Einrichtungen erleichtern, erklärte Melching. Mittelständische Familienbetriebe würden mit der Senkung des Hebesatzes ebenfalls gestärkt, gab er zu bedenken.

Die Senkung des Hebesatzes würde für Dassel Mindereinnahmen in Höhe von 360.000 Euro bedeuten. Und das sei kein »Zocken«, sondern eine echte Chance, meinte der Bürgermeister. Denn angesichts der Randlage müsse man einen Weg finden, Dassel in das Interesse zu rücken, warb er für die Idee. Seit Jahren wünsche man sich Industrie, räumte auch ­Joachim Stünkel, CDU, ein. Die Gewerbesteuer allein aber werde es nicht richten, vielmehr sollte man einen »Strauß von Maßnahmen« umsetzen. Er regte an, auch über die Senkung der Grundsteuer nachzudenken, denn auch die Immobilien hätten an Wert verloren. Hartmut Demann, CDU, hingegen hielt wenig von der Idee: Eine Gewerbesteuersenkung habe für Einzelunternehmen oder Kommanditgesellschaften keine Bedeutung: »Das bringt nichts.«

Die SPD hingegen sprach sich für diese Wirtschaftsförderung aus und will dieser ersten Maßnahme zustimmen. Als Marketinginstrument hielt Uwe Fingerhut, SPD, die Idee für gut, schließlich bilde das ein Alleinstellungsmerkmal für Dassel. Für die Grünen sah Werner Richter, keine Möglichkeit, Dassel damit aus dem Sumpf zu ziehen. Er plädierte dafür, dass in den Fraktionen nochmals beraten wird. Ob man sich das leisten wolle, stellte Dr. Carsten Traupe, UBW, zur Diskussion. Und in der vorgeschlagenen Dimension könne man sich das vielleicht nicht leisten, räumte er ein.

Dassel sei eine gewerbe- und industriefreundliche Stadt, so Melching. Man lebe hier nicht nur von Erholung und Naturschutz. Der Bürgermeister wollte ein deutliches Zeichen für den ländlichen Raum setzen. Und: Städte und Gemeinden befänden sich heute in Konkurrenzsituation. Der reduzierte Gewerbesteuerhebesatz wird nochmals im Finanzausschuss, im Verwaltungsausschuss und abschließend im Rat beraten. Die Fraktionen haben also Zeit, sich in das Thema zu vertiefen.

Weiteres Thema war die Gebührensatzung für die Benutzung von Tageseinrichtungen für Kinder. Eine eher redaktionelle Änderung ist, dass nun nicht mehr das »positive Einkommen« als Grundlage der Gebühren genannt werden soll, sondern nun das »zu ­versteuernde Einkommen«. In die Gebührensatzung aufge­nommen werden zudem die Sonderöffnungszeiten. Die halbstündige Sonderöffnungszeit wird als volle Stunde berechnet. Für die Ferienbetreuung werden ge­ringe Gebühren erhoben. Ab 2017 werden die Gebühren für eine Woche ­Ferienbetreuung in der untersten Einkommensstufe von 28 auf 35 Euro, in der mittleren Einkommensstufe von 40 auf 50 Euro und in der höchsten Einkommensstufe von 52 auf 66 Euro erhöht. Das empfahl der Ausschuss bei einer Gegen­stimme.

Seit 2012 sind die Gebühren für die Kindertagesstätten nicht erhöht worden, der Landesrechnungshof hatte 2014 den niedrigen Kostendeckungsgrad in diesem Bereich kritisiert. Hinzu kommt, dass der Aufwand für die Kindertagesstätten seitdem unter anderem wegen einer deutlichen Erhöhung der Personalkosten überdurchschnittlich angestiegen ist. Sommerpausen gibt es in den Betreuungseinrichtungen nicht, stellte Bürgermeister Gerhard Melching heraus. Die Gebühren seien immer noch unterdurch- schnittlich und damit fami­lien­freundlich. Die Fraktionen unterstrichen diese Aussage, auch wenn angemerkt wurde, dass die Erhöhung 25 Prozent bedeutet. Das sei aber nur etwas mehr als ein Euro am Tag – ein Glas Bier am Tag sei teurer, rechnete Wolf Koch, SPD, zumal der Kostendeckungsgrad bei den Kitas nur bei rund 50 Prozent liegt.

Eine Lenkungsgruppe, deren Besetzung der Verwaltungsausschuss festlegt, soll sich um die Einführung eines digitalen Ratsinforma­tionssystems und die Anpassung der Ent­schädigungssatzung kümmern, empfahl der ­Finanzausschuss einstimmig. Die Aufwandsentschädigungen wurden vor Jahren im ­Rahmen des Zukunftsvertrages um 7,5 Prozent gekürzt, damit wurden jährlich 7.000 Euro eingespart. Im Haushalt 2017 wurde nun eine pauschale Erhöhung um zehn Prozent eingeplant, denn die bisherigen Aufwandsentschädigungen weichen von den landesweiten Empfehlungen ab. Mit der Einführung eines digitalen Ratsinformationssystems sollen die Unterlagen wie Einladungen oder Niederschriften in ­Papierform reduziert werden. Es gibt verschiedene Systeme am Markt, zu beraten ist auch die Hardware.

Für die CDU führte Joachim Stünkel an, dass es noch Beratungsbedarf zur Entschädigungssatzung gebe. Positiv sehe die CDU aber das Ratsinformationssystem, beides müsse nicht verknüpft werden. Ähnlich sah es auch Wolf Koch für die SPD. Das Ratsinformationssystem könne für die Stadt Kosten ­sparen, biete zudem einen besseren Überblick. Gleichzeitig bedeute es aber auch Mehraufwand für die Ratsmitglieder. Zunächst sollte mit einer Lenkungsgruppe gestartet werden. Für die UBW hob Dr. Carsten Traupe heraus, dass eine Lenkungsgruppe sinnvoll sei, Ratsinformationssystem und Aufwandsentschädigung könne man getrennt behandeln. Werner Richter, Grüne, sprach sich dafür aus, umfangreichere Unterlagen weiter in Papierform auszugeben.sts

Dassel

Dassel grillt mit guter Stimmung an