»Keiner weiß, wer aus den Bussen aussteigt«

In Notunterkunft in Dassel voraussichtlich ab Sonntag 150 Flüchtlinge | Weitere Menschen angekündigt

Die Notunterkunft in der ehemaligen Rainald-von-Dassel-Schule ist so gut wie bezugsfertig. Voraussichtlich am kommenden Sonntag Nachmittag werden die ersten 150 Flüchtlinge dort ankommen. Über die neue Notunterkunft in Dassel informierte der Landkreis rund 200 Menschen bei einer Info-Veranstaltung in der jetzigen Rainald-von-Dassel-Schule.

Dassel. Mit mehr als 250 Helfern hat der DRK-Kreisverband Einbeck in über 3.000 Arbeitsstunden einen Teil des seit rund vier Jahren leer stehenden Schulgebäudes an der Hermannstraße in Dassel als Flüchtlingsunterkunft hergerichtet. Dank der Hilfe aller konnte innerhalb kurzer Zeit der einstige naturwissenschaftliche Gebäudetrakt der ehemaligen Rainald-von-Dassel-Schule an der Hermannstraße so hergerichtet werden, dass in sieben Räumen Flüchtlinge vorübergehend unterkommen können. Dafür muss von Fachfirmen die Wasser- und Stromversorgung sowie die Heizungsanlage wieder ertüchtigt werden. Vor der neuen Notunterkunft ist eine externe WC- und Duschanlage aufgebaut worden. In einem großen Zelt vor dem Gebäude soll die Eingangsuntersuchung der Flüchtlinge stattfinden. Im Gebäude selbst wird es eine Medizin-Station sowie eine Kleiderkammer geben, die das DRK gemeinsam mit dem CVJM und deren Flüchtlingsunterkunft betreiben möchte.

Der Erste Kreisrat Dr. Hartmut Heuer informierte offen und umfassend über die Dasseler Notunterkunft, die derzeit neben einem ehemaligen Hotel in Bad Gandersheim die zweite im Landkreis ist. Weitere Notunterkünfte könnten das Max-Planck-Institut in Lindau und das Uslarer Krankenhaus werden. Erst danach werde man Turnhallen belegen müssen – dann vorrangig in den Städten, in denen bisher wenige Flüchtlinge Unterschlupf gefunden haben. Die Sporthalle an der Hermannstraße bleibt für die Schul- und Vereinsnutzung zunächst erhalten.

Die ersten drei Busse mit 150 Flüchtlingen werden in Dassel voraussichtlich am Sonntag Nachmittag eintreffen. Hier handelt es sich um Flüchtlinge, die direkt nach dem Grenzübertritt weitergeleitet werden – denn die Erstaufnahmelager sind voll. Die Flüchtlinge sind weder medizinisch untersucht, noch registriert. Bis Ende des Jahres könnten weitere Flüchtlinge in der Schule Unterkunft finden. Nur vier bis sechs Wochen sollen die Flüchtlinge in den Notunterkünften bleiben und dann zur Erstaufnahme weitergeleitet werden. Taschengeld erhalten sie in der Notunterkunft nicht.

Betreiber der Notunterkunft wird das DRK.  »Wir sind seit Monaten auf diese Aufgabe vorbereitet und konnten deshalb sehr schnell die Verantwortung übernehmen«, sagte DRK-Kreisgeschäftsführer Kay Malchow. Er dankte allen für die reibungslose Zusammenarbeit und Unterstützung, besonders den Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Dassel, dem THW, dem ASB, der Stadtverwaltung Dassel, den regionalen Firmen und der DRK-Bereitschaft sowie den hauptamtlichen DRK-Mitarbeitern.

Noch klemme es beim Umbau der Schule, räumte Malchow ein, beispielsweise bei der Heizung. Nach Ankunft der Flüchtlinge werden sie verpflegt und einer medizinischen Eingangsuntersuchung unterzogen. Dr. Kroll, ein syrisch sprechender Arzt, wird  das DRK dabei unterstützen. Ängste vor Seuchen brauche man nicht zu haben, bekräftigte der Mediziner, der auch über Lazarett-Erfahrung verfügt. »Es kommt kein Siechtum auf uns zu«.
Für die Notunterkunft zuständig ist Fabian Binnewies, der die »Gäste« gut unterbringen will. Im Haus werden die Flüchtlinge mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgt wie Duschgel oder Shampoo. Zwei Sicherheitsdienste wurden für die Notunterkunft organisiert. In den bisherigen Notunterkünften im Landkreis ist es nach Aussage von Jürgen Horst von der Poliizeiinspektion Northeim-Osterode zu keiner Gefahrenlage gekommen – lediglich vereinzelte Fälle von häuslicher Gewalt habe man geglättet. Innerhalb des Streifendienstes werde die Polizei die Unterkunft, ebenso wie das Aufnahmelager im CVJM-Heim, im Blick behalten. Der Sicherheitsdienst steht in Kontakt mit der Polizei. »Leben Sie eine Willkommenskultur«, forderte Horst die Dasseler auf.

Die Notunterkunft, stellte Dr. Heuer dar, ist kein Gefängnis, die Menschen, die hierher kommen, können sich frei bewegen. Manche ziehe es gleich in die Ballungsräume, räumte er ein. Ob Familien oder alleinstehende Männer – meist Familienväter – kommen, vermag keiner vorherzusagen. »Keiner weiß, wer aus den Bussen aussteigt.« Bis zu 200 Personen sind für die Dasseler Notunterkunft vorgesehen, ob es aber bei dieser Zahl auch bleibt, ist  fraglich.

Freiwillige können in der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Hermannstraße in Dassel nach Absprache helfen. Weiterhin können beim DRK auch Kleider, Schuhe, Spielzeug und Babyausstattung für die neue Flüchtlingsunterkunft gespendet werden. Ansprechpartner für Freiwillige und Sachspenden erreicht man unter der Telefonnummer 0176/22061369. Im Namen des Landkreises bedankte sich Dr. Heuer für die große Spendenbereitschaft – zwei neue Spendenlager müssen deshalb eingerichtet werden.

Insgesamt sind mehr als 1.300  Menschen bereits in den Landkreis gekommen, weitere 700 werden bis  Ende Januar 2016 noch hinzukommen, rechnet der Landkreis. Es werden somit weitere leer stehende Wohnungen benötigt. Ansprechpartnerin für Anbieter von Wohnraum ist Andrea Schön, Telefon 05551/708-322. Gesucht werden auch Dienstleister oder Anbieter von Wohnungserstausstattungen, weil die Nachfrage bundesweit aktuell sehr hoch ist. Ansprechpartner hierfür ist André Schumann, Telefon 05551/708-770.

Neben diesen Flüchtlingen, die im Rahmen der Amtshilfe untergebracht werden müssen, leben derzeit rund 130 Flüchtlinge im Dasseler Stadtgebiet, die das Erstaufnahmelager durchlaufen haben und dem Landkreis zugewiesen wurden. Rund 63 Menschen im Monat kommen so in den Landkreis. Die Dasseler Flüchtlingsinitiative habe bei der Betreuung dieser Flüchtlinge bisher nur gute Erfahrungen gemacht, hieß es. Und auch Bürgermeister Gerhard Melching appellierte an die Dasseler: »Reden Sie mit den Flüchtlingen«. Die Flüchtlingsinitiative plant zur besseren Verständigung die Einrichtung eines Dialog-Cafés, sucht dafür aber noch Sponsoren.sts

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