Alles auf eine Karte

Pflanzenporträt: Moschuskraut | Blüten eher unauffällig

Dassel. Alles auf eine Karte! Während die meisten Blütenpflanzen auf Nummer sicher gehen und sowohl optische als auch olfaktorische Signale an potenzielle Bestäuber senden, lockt das Moschuskraut allein mit seinem schwach ausgeprägten Moschusduft Insekten an.

Durch ihre gelbgrüne Farbe fallen seine Blüten, die vom März bis Mai erscheinen, in der Krautschicht des Waldrandes zwischen Scharbockskraut, Buschwindröschen, Bingelkraut, Waldmeister und Jungpflanzen der Brennnesseln kaum auf. Beim genauen Hinsehen entpuppt sich die vermeintliche Blüte als würfelförmiges Köpfchen mit einer endständigen Blüte und vier seitenständigen Blüten am Ende des Stiels.

Über mehrzellige Drüsenhaare geben sie Nektar ab, an dem sich vor allem Fliegen laben und als Gegenleistung den Pollentransport übernehmen. Später entwickeln sich an dem zum Boden gebogenen Fruchtstiel nach Erdbeeren duftende, kleine Steinfrüchte, die durch Ameisen, Schnecken und Vögel verbreitet werden.

Die fünf bis 15 Zentimeter hohen Pflanzen besitzen doppelt dreizählige, langgestielte Grundblätter und dreizählige Stängelblätter. Bereits im Sommer ist davon nichts mehr zu sehen, denn der oberirdische Teil der zart gebauten Pflanzen vergeht recht schnell. Ein waagerecht im Boden verlaufendes Rhizom mit weißen, fleischigen Nebenblättern garantiert, dass auch im folgenden Frühjahr Moschuskrautpflanzen gedeihen werden.

Dabei bevorzugen sie einen kalthaltigen, mullreichen Lehmboden, der nie zu trocken werden sollte. Als Carl von Linné die Art 1753 in Species Plantanum, Band 1, erstmals veröffentlichte, nannte er sie Adoxa moschatellina. Mit dem zweiten Teil des wissenschaftlichen Namens, dem Art-Epitheton, nahm er Bezug auf den Moschusduft der welkenden Pflanze.

Der groß geschriebene Gattungsname ist aus dem Griechischen abgeleitet und besteht aus dem verneinenden Element »a« und »doxa« = Meinung, Ansicht, herrschende Lehre. Linnés System der Einteilung der Pflanzen in Familien, Gattungen und Arten beruhte maßgeblich auf der konstanten Anzahl der männlichen Blütenorgane, den Staubblättern.

Doch ausrechnet beim Moschuskraut variiert die Anzahl der Staubblätter innerhalb der einzelnen Individuen der Sippe und steht damit im Widerspruch zu seiner eigenen Lehre. Seinen Gegnern bot diese Tatsache die Gelegenheit, sein System für unhaltbar zu erklären.

Ihnen nahm er durch die Wahl des Gattungsnamens den Wind aus den Segeln und gab ihnen sozusagen durch die Blume zu verstehen: Ausnahmen bestätigen die Regel! Die zur Familie der Moschuskrautgewächse (Adoxaceae) gehörende Art kommt auf der gesamten Nordhalbkugel vor und ist in ihrem Bestand nicht als gefährdet anzusehen.

Begünstigt durch seine kurze Vegetationszeit und die unauffällige Farbe, kann das Moschuskraut unbemerkt von den meisten Tieren und Menschen dichte Bestände bilden. Keine Investition in aufwändige Blütenfarben oder in Höhenwachstum, nur ein bisschen Chemie, um den Pollentransport zu gewährleisten: im großen Spiel der Evolution hat das Moschuskraut auf die richtige Karte gesetzt.im

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