660 Jahre Sievershausen

Ortsheimatpfleger Karl-Heinz Köke blickt in die Geschichte des Ortes

Der in der Kirche befindliche Taufstein und die aufgefundenen Schießscharten an der Westwand der Kirche sprechen für die Entstehung Sievershausen um 1250.

Sievershausen. Sievershausen ist heute ein Ortsteil der Stadt Dassel mit rund 1.200 Einwohnern. Bis zur Gebietsreform (1974) bildete der Ort mit der ehemaligen Waldarbeiterkolonie Abbecke und dem Gutsbezirk Friedrichshausen (ab 1928) die selbständige Gemeinde Sievershausen. Die erste urkundliche Erwähnung datiert vom 15. August 1356, in der Herzog Ernst der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg seinen Bruder, dem Bischof Heinrich von Hildesheim, auf Lebzeiten drei Hagen im Solling überlässt (Jagd, Holzrecht und Köhlerei), darunter auch den »brokhagen to sydageshusen«.

Das Gebiet umfasst Sievershausen, Hunnesrück bis zur Neuen Stadt (Neuhaus), berichtet Ortsheimatpfleger Karl-Heinz Köke. Neuere Funde und Untersuchungen lassen aber vermuten, dass Sievershausen älter sein muss. Der in der Kirche befindliche Taufstein und die aufgefundenen Schießscharten an der Westwand der Kirche (Wehrkirche) sprechen für eine Zeit um 1250, eventuell zeitgleich mit dem Rittergut Friedrichshausen.

Der Ort wird namentlich nicht erwähnt, da kein Pfarrsitz vorhanden ist, Capellane aus Dassel versorgen die Gemeinde. Der Försterweg und der Steinweg ( heute ein Teil der Gartenstraße) bildeten zu jener Zeit das Unterdorf, das Oberdorf ist der jüngere Teil der Ortschaft. Die kärgliche landwirtschaftlich zu nutzende Fläche in nahezu 300 Metern Höhe, die schwere Arbeit in den Wäldern ( Köhlerei), den vielen Buntsandsteinbrüchen und in den kleinen Handwerksbetrieben (Leineweber, Böttcher, Besenmacher, Stellmacher) erbrachten nicht den notwendigen Ertrag, um sich ausreichend zu ernähren. Die Sievershäuser waren auf Nebenerwerb und Kräuterhandel angewiesen.

Unwetter und Kriegszeiten taten das Ihrige. Die Arbeitsplätze in der benachbarten Papierfabrik Hahnemühle/Relliehausen und der Eisengießerei in Dassel waren begrenzt. Die Hungersnot war groß. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatte Sievershausen noch etwa 1.185 Einwohner, jedoch war die Auswanderungswelle nach Amerika (1829-1832), die Cholera-Epidemie mit 84 Toten (1850) und die Abwanderung zu den Arbeitsplätzen im Ruhrgebiet vorausgegangen.

Im krassen Widerspruch zu der weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannten Wilddieberei (Besetzung des Dorfes durch der Goslarer Jäger 1869, Wilderer-Prozess in Göttingen 1927) stand die musikalische Begabung der Sievershäuser, zuweilen gab es im Ort zwei Nebenerwerbs-Musikkapellen, die zum Tanz in den benachbarten Dörfern aufspielten. Die vielen Familienbeinamen sind eine Besonderheit des Ortes, da die Namen wie Schwerdtfeger, Rojahn, Wedekind und Ebbighausen bis ins 16. Jahrhundert nachgewiesen werden können unterscheidet man sie noch heute durch ihre Beinamen wie Hockschens, Maschis, Jägers, Pilgers oder Huhns.

Trotz Landflucht und Geburtenrückgang ist Sievershausen ein moderner Ort geblieben, der noch immer land- und forstwirtschaftlich geprägt ist und in dem handwerkliche Betriebe vorhanden sind, so Köke. Die Lage am Rande des Sollings, dem zweitgrößten Waldgebiet Niedersachsens und Waldgebiet des Jahres 2013 lädt auf ausgeschilderten Wanderwegen zu Wanderungen und Spaziergängen ein, der »Wichtelpfad« gibt Einblicke in die Naturgeschehnisse des Waldes. Der Botaniker Friedrich Oehlkers (1890-1971) wurde hier geboren.sts

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