Storchennest: konvexe Wölbung und klein

Keine leichtfertige Entscheidung | Ersatzhorst mit Altmaterial | Gemeindeversammlung in Planung

Markoldendorf. Von oben sehen Dinge manchmal ganz anders aus als von unten: Das Storchennest auf der Spitze der Markoldendorfer Kirche sei nicht »zukunftsfähig gewesen«, sind sich Kirchenvorstand, Bausachverständige und Naturschützer einig. Es sei konvex gebaut worden und eigentlich zu klein für ein Storchennest. Zudem hätte der Vogelkot zu ersten Schädigungen an den Steinen der Kreuzblume geführt. Deshalb habe das Nest von Tristan und Isolde entfernt werden müssen.

Ins Rollen gekommen ist die Untersuchung des hoch gelegenen Nestes durch einen Dachdeckermeister beziehungsweise einen Bausachverständigen. Sie hätten die Pastoren darauf aufmerksam gemacht, dass die Kirchenkonstruktion im Dachbereich sehr filigran sei und deshalb die Festigkeit der Kreuzblume in Frage gestellt. Im Dezember des vergangenen Jahres wurde der Bauausschuss mit dieser Befürchtung konfrontiert, denn der Kirchengemeinde obliegt die Verkehrssicherungspflicht. Ein Vogelschiss auf den Bräutigam bei einer Trauung oder herunterfallende Zweige rund um die Kirche habe es auch gegeben, berichtet Pastor Ressmann, der in der Vakanzzeit für Markoldendorf tätig war.

Eine »Voruntersuchung ohne Hintergedanken«, die vorher auch über die EM auch angekündigt war, wurde  am 13. Februar gestartet. Einen Ersatzhorst hatte man da nicht in petto, denn der Abbruch sei nicht von vornherein geplant gewesen.

Bei der Turmbefahrung wurde festgestellt, dass die Kreuzblume in Ordnung sei, aber aufgrund des ­Vogelkots habe es bereits Schäden gegeben, erklärte der Sachverständige Axel Holst. Über Jahre hätten sie statisch bedenkliche Auswirkungen bedeutet, ergänzte der Sachverstän­dige Eberhard Tiemann. Die Steine der ­Kirch­turm­spitze seien im Inneren durch eine Stabkonstruktion samt Gewicht stabilisiert, das Nest, das eine starke konvexe Wölbung samt Anbau aufwies, hätte per Hebelkraft die Konstruktion erheblich schädigen können. Bei der Turmbefahrung habe man sich deshalb in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde, dem Storchenvater Bernd-Jürgen Schulz und dem Kirchenvorstand für den ­Abbruch entschieden. Da Storchenvater Schulz darauf hinwies, dass die Störche voraussichtlich ein neues Nest dort errichten würden, wurde die Spitze mit Kaninchendraht mit 1,5 Zentimeter ­Maschenweite versehen. Die Maschenweite sei bewusst so gewählt worden, dass ein Storch sich nicht verhaken könne, er­klärte Tiemann.

Neben der konvexen Form des Nestes fiel zudem die Größe auf: Im Durchschnitt sei ein Storchennest 1,40 Meter groß, das Markoldendorfer Nest maß aber nur etwa 60 mal 100 Zentimeter. Die Jungen, so Storchenvater Schulz konnten nicht zusammensitzen, um sich vor Regen zu schützen. Hinzu kam, dass im letzten Jahr zwei, etwa 750 bis 1.000 Gramm schwere Jungen tot auf dem Kirchplatz lagen. »Das waren keine Küken, die an Futtermangel gelitten haben«, so Schulz, sondern ältere Tiere. Das Nest, urteilte er, »hatte keine Zukunft«, es sei zu klein gewesen.  

Pastor Christian Coenen, der im an die Kirche angrenzenden Pastorenhaus lebt, bekräftigte, dass er die Störche »toll« fand, es aber auch eine Gefahr für die Kindergarten-Kinder gegeben habe. Es habe keine Möglichkeit bestanden, das Nest zu sichern.

Die Entscheidung sei keinem leicht gefallen, bekräftigen alle Beteiligten. Die Untere Naturschutzbehörde hatte angeregt, ein Storchennest in der Nähe, auf dem Kirchendach zu installieren. Dieser Vorschlag soll geprüft werden, erfordert aber Berechnungen. Zunächst ist ein Ersatzhorst samt Altmaterial an der Ilme aufgebaut. Hier wurde bereits ein Storch gesehen, erklärt Kirchenvorstandsmitglied Jobst Volger. Und Pastor Roland Ressmann ergänzte: »Wir freuen uns über jedes Nest, das angenommen wird.« Ob sich Tristan und Isolde aber dort niederlassen oder nach  Ellensen ziehen, ist noch offen. Den Ellenser Hort haben sie in den vergangenen Wintermonaten ebenfalls genutzt. Insgesamt gekostet hat der Abbruch des Nestes rund 4.000 Euro. 

Einig sind sich die Verantwortlichen, dass das Thema Sachlichkeit verdient hat. Kirchenvorstandsmitglieder und Storchenvater seien für ihre Entscheidung teilweise »unter der Gürtellinie« angegangen worden, bemängelt Kirchenvorstand Ludolf von Dassel. Die Abbruch-Entscheidung habe man nicht leichtfertig, sondern »schweren Herzens« getroffen. Die Landeskirche, bekräftigte auch der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Pastor Karl-Otto Scholz, nehme den Naturschutz ernst.

Der Kirchenvorstand wird am 11. März zusammenkommen und einen Termin für eine Gemeindeversammlung zu diesem Thema festlegen. Mit der Kritik, dass man nicht kurz vor der Brutzeit das Nest hätte anfassen dürfen, müssen sich die Verantwortlichen dann sicherlich auseinandersetzen. Pastor Scholz  machte deutlich, dass es in der Kirche Raum für Diskussionen gibt - allerdings mit Sachkenntnis und ohne persönliche Diffamierungen.sts

Dassel

Hegering IV sammelt Müll