Von Vertragsschluss wird abgeraten

Flächensicherung für mögliche Windkraftanlagen | Verträge einer juristischen Prüfung unterzogen

Dassel. Anfang des Jahres wurden Pläne für einen Windpark zwischen Sievershausen und Relliehausen bekannt (die EM berichtete). Der Projektierer VSB arbeitet an fünf Windkraftanlagen, von denen einige im Landschaftsschutzgebiet Solling stehen sollen. Der Sievershäuser Ortsbürgermeister Günther Kelter konnte auf Nachfrage beim Landkreis klären, dass Landschaftsschutzgebiete »harte Tabuzonen« sind, in denen keine Windkraftanlagen errichtet werden dürfen.

Außerdem im Gespräch sind WEAs im Bereich Hilwartshausen-Relliehausen. Im Rahmen einer Anzeige in der Einbecker Morgenpost wurde in diesem Zusammenhang vor einer Vertragsfalle gewarnt. Grundstückeigentümer, denen ein Nutzungsvertrag angeboten wurde, wurde abgeraten, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen. Die vorgelegten Verträge wurden einer juristischen Prüfung unterzogen.

Die Juristen stufen den von VSB Neue Energien Deutschland vorgelegten Vertrag als »vollständig unausgewogen« ein. Er sei intransparent und benachteilige die Grundstückseigentümer einseitig.In der Projektvorlaufzeit stehe der Standort der WEAs sowie der Verlauf der Kabelleitungen und Wege noch nicht fest. Erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens werde der Standort bestimmt.

Die beabsichtigte Nutzung des Grundstücks werde ihnen erst mitgeteilt, wenn sie konkret feststehe. Weil es kein Planungskonzept gebe, könne kein Grundstückseigentümer erahnen, ob und in welchem Umfang sein Grundstück in Anspruch genommen werde.

Wenn es nicht in Anspruch genommen werde, bestehe auch kein Anspruch auf Nutzungsentgelt. Möglicherweise erfahre der Grundstückseigentümer also erst am Ende der Projektvorlaufzeit, ob sein Grundstück genutzt werde. Gleichzeitig sei der Grundstückseigentümer aber erheblichen rechtlichen Verpflichtungen ausgesetzt: Er dürfe keine anderen Verträge über die Errichtung und den Betrieb von WEAs mit Dritten abschließen, und er werde daran gehindert, bauliche Anlagen von mehr als zehn Metern Höhe zu errichten.

Die Projektvorlaufzeit habe also reservierenden Charakter. Die Dauer der Reservierung kann fünf Jahre umfassen und um weitere drei Jahre verlängert werden. In der Vorphase würden dafür 300 Euro in fünf Jahren beziehungsweise weitere 200 Euro je Jahr im Rahmen der verlängerten Frist gezahlt. 900 Euro biete also VSB für die unkündbare Reservierung der Flächen. »Das ist unangemessen«, urteilen die Juristen.

Zudem gebe es keine Sicherheit, dass der Windpark überhaupt gebaut werde. VSB verpflichte sich im Rahmen des Vertrages nicht zur Errichtung des Windparks, auch nicht zur Erstellung eines Planungskonzeptes. Auch bei der anschließenden Durchführungsphase sehen die Juristen das Problem einer »unausgewogenen Vertragsgestaltung«. Denn welchen Einschränkungen und Belastungen Grundstückseigentümer ausgesetzt seien, sei aus heutiger Sicht völlig unbestimmt.

Es könne sein, dass die Grundstücke mit WEAs und Nebeneinrichtungen, nur mit Nebeneinrichtungen oder gar nicht bebaut würden. So sei vorstellbar, dass Grundstücke durch die Leitungsführung zerschnitten werden, und es sei nicht gesichert, dass die Bewirtschaftung der Grundstücksoberfläche oberhalb einer Leitung durch landwirtschaftliche Nutzung möglich bleibe.

Werde ein Grundstück nicht für bauliche Maßnahmen in Anspruch genommen, bedeute dies nicht, dass es nicht von Nutzungsbeschränkungen betroffen werde. Die Verwertbarkeit des Grundstücks für künftige Kredite werde eingeschränkt. Die Grundstückseigentümer hätten keinerlei Sicherheit, dass sie die Entgelte tatsächlich erhalten, so die Juristen weiter. Bei Verträgen über die Verpachtung von Flächen zum Betrieb einer Windkraftanlage seien Festvergütungen üblich, die sich zwischen 50.000 und 70.000 Euro pro Jahr und Windkraftanlage bewegen.

Der Vertrag mit VSB regele das anders: Er setze ein Nutzungsentgelt in Höhe von acht Prozent des Erlöses aus dem Verkauf der Stromproduktion pro Jahr, mindestens 41.500 Euro, fest. Auch dies halten die Juristen für unzureichend. Zudem gebe der Vertrag VSB das Recht, eine »Anpassung« der Nutzungsentgelte für die Eigentümer zu verlangen. Da der Höchstwert für Strom aus WEAs zu hoch sei, um dauerhaft aufrechterhalten zu werden, dürften Grundeigentümer einer Entgeltverschlechterung ausgesetzt sein.

Weiter fügen die Juristen an, dass der Anspruchszeitraum, in dem Nutzungsentgelte gezahlt werden, unzureichend sei. So müssten die Grundstückseigentümer es dulden, dass die Anlagen bis zu ihrem Rückbau stehen bleiben. Das Risiko von Verzögerungen würden die Grundstückseigentümer tragen, auch bei Betriebsunterbrechungen. Die Juristen erklären weiter, dass die Verteilung der Nutzungsentgelte unter den Grundstückseigentümern unzureichend sei.

Und dass sie während der gesamten Rückbauphase kein Entgelt mehr erhalten, sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Der Rückbau sei inhaltlich nicht ausreichend definiert. Zusammenfassen bedeute der Vertrag in seiner ersten Phase eine nahezu unentgeltliche Reservierungsvereinbarung von Flächen - ohne Pflichten für VSB.

In seiner zweiten Phase sehe er eine Abwälzung des unternehmerischen Risikos auf die Grundstückseigentümer vor, deren Entgeltansprüche ungesichert seien. Ausreichende Rückbauverpflichtungen gebe es nicht. Grundstückseigentümer wird vom Vertragsschluss abgeraten.sts

Dassel

Dassel grillt mit guter Stimmung an