Selten zu sehen

Aber zu hören: der Kuckuck | Ein reiner Brutschmarotzer

Einbeck. Vogelnamen-Lernen leicht gemacht: von  April bis Juni ertönt der unverkennbare Balzruf des Kuckucksmännchens. In Erweiterung eines bekannten Kinderliedes ruft es nicht nur aus dem Wald, sondern auch aus dem offenen Gelände, einer Buschlandschaft oder aus dem Schilfgürtel eines Sees. Carl von Linné gab der Art im Jahr 1758 den wissenschaftlichen Namen Cuculus canorus, von canor, lat. = Gesang; canorus = wohltönend.

So häufig der Ruf des Kuckucks im Frühling zu hören ist, so selten bekommt man den scheuen, etwa taubengroßen Vogel zu Gesicht. Sein Gefieder ist auf der Oberseite wie an Brust und Kehle meist aschgrau, am Bauch weißlich und mit schwarzen Querrillen geziert. Wie der Specht besitzt er Kletterfüße, kann aber die äußere Hinterzehe auch nach vorne richten (Wendezehe). Dadurch vermag sich der Gauch, wie der Vogel seit dem 8. Jahrhundert genannt wird, auf dicken und dünnen Ästen gleich gut zu halten.

Die Nahrung besteht vor allem aus Insekten, besonders aus behaarten Raupen, die von fast allen anderen Vögeln verschmäht werden. Das Innere des Magens sieht oft wie mit Pelz überzogen aus, so viele Raupenhaare haben sich in die Wände eingebohrt. Später lösen sich dann ganze Felder der mit Haaren gespickten Magenschleimhaut los und werden ausgewürgt. Weil er unter den sehr schädlichen Raupen der Nonne sowie des Prozessions- und des Kiefernspinners gründlich aufräumt, ist der Kuckuck im Forst ein gern gesehener Gast. Nie baut der Kuckuck ein Nest. Nie brütet er selbst. Nie füttert er die Jungen im Nest. Diese drei Eigenschaften machen ihn zu einem reinen Brutschmarotzer. 

Im Abstand von zwei Tagen legt das Weibchen blitzschnell je eines seiner auffallend kleinen Eier in frisch errichtete oder halbbelegte Nester der Vogelart, die es selbst aufgezogen hat. Als Wirtsvögel  in Frage kommen Singvögel, insbesondere Rotkehlchen, Grasmücken, Bachstelzen, Schilf-, Sumpf- und Teichrohrsänger und Heckenbraunelle. Nicht selten bemerkt das Singvogelweibchen den fremden »Untermieter« und entfernt das ­Kuckucksei oder baut an anderer Stelle ein neues Nest.

Die aus diesem Verhalten resultierende hohe Verlustrate macht das Kuckucksweibchen wett, indem es in einem Sommer 16 bis 22 Eier produziert. Wenn alles klappt, schlüpft das Kuckucksjunge als erstes im Nest seines Wirtsvogels. In dem blinden, völlig kahlen, zunächst rosahäutigen und später violetten Schlüpfling erwacht nach circa zehn Stunden der Herauswurftrieb: in einer ungeheuren Kraftanstrengung buckelt er sich Eier oder Mitinsassen auf und schiebt sie über den Nestrand. Danach hat er die Zuwendung seiner Pflegeeltern ganz für sich alleine. Unermüdlich schleppen sie Futter herbei, um den ständig hungrigen Jungkuckuck, der sie schon bald an Größe und Gewicht übertrifft, satt zu bekommen. Nach etwa drei Wochen verlässt er das viel zu eng gewordene Nest und wird als Ästling noch längere Zeit von den Wirtsvögeln gefüttert.

Von Juli bis Mitte August verlassen die Kuckucke ihre Brutgebiete und ziehen in lockeren kleinen Gruppen oder allein an die afrikanische Guineaküste, ins Einzugsgebiet des Kongo bis nach Südafrika. Die Jungtiere fliegen erst vier Wochen später in den Süden.

In den letzten Jahren ist der Brutbestand des Kuckucks deutlich zurückgegangen. Über die Ursachen wird heftig diskutiert. Liegt es am Klimawandel, der die Wirtsvögel früher brüten lässt, sodass die heimkehrenden Kuckucksweibchen kaum noch  unbelegte Wirtsnester finden? Sind Krankheiten für den Rückgang verantwortlich? Liegt es am Einsatz von Pestiziden? Verenden zu viele Wirtsvögel und Kuckucke in Vogelfanganlagen am Mittelmeer?

Der Landesverband für Vogelschutz hat mehrere Kuckucke mit Satelliten-Telemetrie-Sendern ausgestattet, die es ermöglichen, das Zugverhalten und die Lebensweise der Tiere zu erforschen. Aus den erhobenen Daten sollen Schutzmaßnahmen  abgeleitet werden, damit auch in Zukunft Kuckuck und Esel darüber streiten können, wer wohl am besten sänge zur schönen Maienzeit.oh