Abiturienten sollen Fürsorge für andere Menschen als Grundwert behalten

Entlassungsfeier an der Goetheschule / Schulleiter Hartmut Bertram lobt »hervorragende Leistungen / Mitschüler zollen Respekt / Anlagen zum Wohl aller entfalten

»Ein Drama in zwölf Akten« – so das selbst gewählte Motto des diesjährigen Abitur-Jahrgangs der Goetheschule - ist zu Ende. Mit der Entlassungsfeier und der Überreichung der Abiturzeugnisse – diesmal aus Platzgründen im Bendow-Theater – endete für den Jahrgang 2012 die Schulzeit an der Goetheschule. Mit einem Durchschnitt von 2,52 hätten die Schüler »hervorragende Leistungen« erbracht, lobte Schul­leiter Hartmut Bertram. Mit einem Notenschnitt von 1,1 hat Benjamin Miller-Doebeling das beste Abitur, gefolgt von Lizzy Kellner mit 1,2 und Bente Werner mit 1,3. Insgesamt 16 Schüler haben in ihrem Abitur eine Eins vor dem Komma und damit 20 Prozent des Jahrgangs.

Einbeck. Verabschiedet wurde an der Goetheschule nun der erste Jahrgang, der keine Orientierungsstufe mehr durchlaufen hat und der zweite Jahrgang, der das Abitur nach zwölf Jahren abgelegt hat. Fünf Schüler sind noch nicht einmal 18 Jahre alt. Das verkürzte Abitur bringe  erhöhte Anforderungen und weniger freie Zeit mit sich, erklärte Schulleiter Hartmut Bertram. Er sprach sich dafür aus, sinnvolle Bedingungen für erfolgreiches Lernen zu schaffen. Lasse man der Jugend genügend Raum, fragte Bertram, oder bilde man stromlinienförmige Akademiker aus, ohne den Blick über den Tellerrand zu ermöglichen? Man müsse sinnvolle Bedingungen für erfolgreiches Lernen schaffen, forderte er, und erinnerte an die Meinung des SPD-Politikers Thomas Oppermann, der das Abitur an der Goetheschule abgelegt hat. Für die Persönlichkeitsbildung sei es wichtig,  sich umzuschauen, ins Ausland zu gehen: »Geben wir den Kindern die notwendigen Freiräume«.

Der Abiturjahrgang hat einen Notendurchschnitt von 2,52 erzielt. 20 Prozent haben eine Eins vor dem Komma. Die beste Leistung in den Vorleistungen zeigte Lizzy Kellner, die besten Leistungen in den Abiturprüfungen Benjamin Miller-Doebeling und Lisa Marie Kittelmann  Diesmal haben die Jungen besser abgeschnitten als die Mädchen. Das war in den Vorjahren anders. Dass auch Realschul-empfohlene Schüler an der Goetheschule erfolgreich sein können, bekräftigte Bertram. Er wünschte den Abiturienten alles Gute  und appellierte an sie, Individualisten zu bleiben und ihre Anlagen zum Wohle aller zu entfalten.

Für den Schulträger, den Landkreis Northeim, wünschte Leopold Bäcker den Abiturienten alles Gute. Er erklärte, dass es Ziel sei, die Schule energetisch voranzubringen. Mit der Sockelsanierung habe man begonnen, Fenstererneuerung und Außenanstrich folgten. Vier Räume im Physikbereich sollen erneuert werden. Er hoffte, dass für die Schüler die Goetheschule mehr Lust als Last gewesen sei.

Der stellvertretende Bürgermeister Alexander Kloss, der kurzfristig für den erkrankten Bürgermeister eingesprungen war, meinte, dass die Schüler nun beruflich durchstarten könnten. Viele würden Einbeck vermutlich verlassen, und das sei für Einbeck ein wehmütiger Tag. Er hoffte, dass zumindest der private Weg sie wieder nach Einbeck zurückführe und wünschte den Abiturienten im Namen von Rat und Verwaltung alles Gute. Für den elften Jahrgang stellten Lise-Marie Don und Sascha Behrens fest, dass vom jetzigen Abiturjahrgang mehr bleibe als das Erinnerungsfoto - schließlich habe der Jahrgang dafür gesorgt, dass die Sicherheitsauflagen in Kursfahrten verstärkt wurden. Und dem Jahrgang sei es gelungen, bei einer Abi-Party mehr Geld auszugeben als einzunehmen. Für den Jahrgang müsste die Nobelpreiskategorie in Motivation, Organisation und Harmonie eingeführt werden. Zwölf Jahre voller Folterungen liege nun hinter den Schülern. Aber nur unter Druck werde Kohle zu einem Diamanten, und jetzt seien sie funkelnde Diamanten. Größten Respekt hätten sich die Abiturienten für Grillen, Chillen und »Kasten-killen« verdient. Der elfte Jahrgang dankte für die gemeinsame Zeit und passend zum Tag des Kusses gab es zum Abschied Küsschen.

Viel Applaus erhielt Lehrer Christoph Schnapperelle für seine Abiturrede, die humorvoll die Bedeutung des Abiturs in den Mittelpunkt rückte. Dass man heutzutage keine Lexikon- oder gar Bibliotheksrecherche auf sich nehmen müsse, sei dem Internet zu verdanken. Dort findet man bei Wikipedia die Herleitung des Wortes Abitur - von abire, lateinisch davongehen. Dass das passt, stellte er fest, denn die Abiturienten seien ihm manchmal »ziemlich auf die Nerven gegangen«. Da fehlten die Hausaufgaben, dass man Bücher dabei haben musste, wusste man nicht, oft war der Goldhamster Schuld. Mit zunehmender Dauer des Dramas lernten die Schüler ihre Rolle immer besser: Es gab Checker, Null-Checker, Schleimer, Streber, Motzer, In-der-Stunde-Esser und viele mehr. Nun hätten die Schüler die Katharsis durchlaufen, sie gehen von der Schulbühne ab. Vielleicht werden sie nicht wie Alexander der Große ein Großreich erobern, aber vielleicht doch viele kleine Dinge zum Großen beitragen. Er wünschte sich, dass die Schüler die Fürsorge für andere Menschen als Grundwert behalten, dass sie mit bestmöglichem Beispiel vorangehen, auch mal gegen den Strom schwimmen und deutlich machen, dass nicht alles geht, was geht.

Für die Abiturienten ergriffen Kora Bertram, Sabrina Wedemeier, Julian Ewig und Silas Weisser das Wort. Sie rollten das Drama in zwölf Akten auf und stellten fest, das es anfangs noch viel Spaß gemacht habe und es viel zu lachen gab. Ende des zehnten Aktes wurde es dann härter. Das Drama wurde zur Tragödie. Sie erinnerten an die Berlin- und die Prag-Fahrt sowie die Abrechnung der Abi-Party - nicht ohne immer wieder ihr Wissen humoristisch einzufügen. Die Schule verlassen sie mit einem weinenden, einem lachenden und einem stolzen Auge, stellten sie abschließend fest..

Für den Ve2R  überbrachte Frank Bertram Glückwünsche. Er schenkte dem Jahrgang das Gruppenbild. Für ihr soziales Engagement übergab er Jann Schulte und Silas Weisser ein Buchpräsent.

Marion Villmar-Doebeling stellte den enormen Leistungsdruck heraus, unter dem die heutigen Abiturienten litten. Nachhaltiges Lernen brauche Zeit, stellte sie fest, und deshalb seien Phasen der Ruhe und Besinnung wichtig. Sie beglückwünschte die Abiturienten und wünschte sich, dass diese die Gesellschaft respektvoll weiter entwickeln. Dank sagten die Abiturienten - durch das Programm führten Felix Höfer und Lara Droste - dem Schulorchester, das die Feier umrahmte. Ein online-Stipendium für einen Notendurchschnitt besser als 1,5 erhalten Benjamin Miller-Doebeling, Lizzy Kellner, Bente Werner, Lisa Marie Kittelmann und Sven Liebscher. Präsente gab es für gute Leistungen in Mathematik für Philipp Gauß, in Chemie für Melanie Kipp, in Physik für Kolja Thormann und Sven Liebscher und in Sport für Bente Werner.sts