Alle wollten zu W.-W. Funckes Ausflugs-Gaststätten-Vortrag

Einbecker Geschichtsverein: Von Obsthändler-Besitz, Wartturm und Einsiedelei zu »Waldschlösschen«, »Leineturm« und »Clus«

So groß war der Andrang der Zuhörer am jüngsten Vortrag des Einbecker Geschichtsvereins, dass selbst eilends zusätzlich herbeigeschaffte Bänke nicht ausreichten und einige wegen Überfüllung der Teichenweg-Aula wieder gehen mussten. Walter-Wilhelm Funcke sagte deshalb bereits eine Wiederholung des Vortrags zu.

Einbeck. »Walter, mach’ weiter so«, hieß es, nachdem der Referent mit viel Beifall geendet hatte. »Alte beliebte Ausflugs-Gaststätten der Einbecker Bürger« lautete sein Thema. Er präsentierte umfangreich recherchiertes Quellenmaterial aus Stadtbauamtsunterlagen, Adressbüchern, Aufzeichnungen von Heinrich Ludolph Harland sowie aus Dokumenten und Berichten zur Stadtgeschichte aus den Jahrbüchern und Mitteilungsblättern des Geschichtsvereins und Chronik der Familie von Sigrid Otto. Um»Waldschlösschen«, Greener Burg, »Leineturm« und »Clus« ging es in diesem ersten Teil.

Ein Albert Erfurt aus der Hullerser Straße erhielt im Oktober 1888 die Baugenehmigung für das »Waldschlösschen« zur »Errichtung eines neuen Restaurations- und Kurhauses« auf einer von ihm gekauften »Rehkopschen Besitzung«. Dabei handelte es sich um eine Schutzhütte des Obsthändlers Ernst Rehkop. Nahe dem »Waldschlösschen« wurde im Borntal 1920 der Grundstein der Villa des Industriellen Siegfried Sachsenröder gelegt. Mit Grundrissen, Zeichnungen und Ansichtskarten erläuterte der zweite Vorsitzende des Geschichtsvereins die weitere Entwicklung: Anbau mit Toilette, später eines ganzen Flügels, Posthilfsstelle für das zunächst Kaiserliche Postamt, die scheinbar riesige Ausdehnung des Speisesaals auf einer Postkarte – und der Vergleich in der Realität. Auch Werbung für den »zwanglos und ruhig gelegenen Erholungsort« gab es bereits. »Erholung für Mutter und Kind« fand hier im Dritten Reich statt, danach fungierte es als Kindersanatorium, Müttergenesungsheim und als Haus des Jugendrotkreuzes. Auch über die im Stadtwald oberhalb des Weidenfelds noch vorhandenen Reste der Schießstände informierte Funcke sowie über den Domeier-Gedenkstein.

Was einst als Bauhütte der Eisenbahner begann, hatte ab 1919 täglich geöffnet: die Gaststätte »Zur alten Burg« in Greene mit »hübschem Blick ins Leinethal«. Mit umfangreichem Bildmaterial ließ Funcke auch hier die Vergangenheit lebendig werden. »Leber-, Knack- und Wurst von Blut, von August Lucas schmecken gut! Aber noch viel schöner dabei ein’n lütten Greener!«: Mit launigen Einträgen aus dem Gästebuch lockerte Funcke seinen faktenreichen und gelungenen Vortrag auf, so dass die rund 140 Zuhörer auch großes Interesse zeigten.

Fotos des Sammlers Jochen Prochnow zeigten die Bahnhofswirtschaft in Kreiensen 1914 und 1950, bevor Funcke mit der Historie des »Leineturms« begann: Hierzu hatte er in der Letzner-Chronik, bei Professor Feise und in einem Grabungs-Bericht von Kurt Pretzsch, geforscht. Existiert hatte der Landwehr-Turm wohl von 1434 bis zum Abbruch 1880. In einer Kopfsteuerbeschreibung von 1689 fand sich ein Hinweis zu einem Wirt namens Andreas Bartels, der 24 Groschen zu zahlen hatte. Adressbucheinträge zwischen 1881 und 1930 benennen Christian Sudhoff, August Sauthoff und August Kappey als Wirte. Über den Werdegang des Hauses seit 1980 hatte die Leineturm GmbH Funcke mit Fakten versorgt.

Bei Harland und der Wirtin Sigrid Otto entdeckte Funcke viel Material zur »Clus«. Harland weist darauf hin, dass diese Klause zunächst eine »ehemalige Einsiedelei an dem Wege nach Volksen« war, die erst »später in ein Gasthaus umgewandelt wurde.« Diese Klause sei 1124 begründet worden. Erstmals genannt wird ein »Wirt von der Clause« 1689: Hans Wiedenbrügge. 1829 bittet der Gastwirt Steinhoff in der Zeitung um »geneigten Zuspruch« zu seiner Tanzmusik am dritten Pfingsttag. Durch Urkunden wie Erbzins- und Erbschaftsverträge, Anträge auf Schankerlaubnis, Berichte aus dem Einbeckschen Wochenblatt und der Familienchronik der Familie Otto konnte Funcke hier besonders viel zur Entwicklung und den jeweiligen Wirten berichten. 1880 meldet ein Zeitungsartikel, dass »auf unserer Bahn nach Salzderhelden« an dem »Wegübergange nach der Klus ein neuer Haltepunkt eingerichtet ist«. 1904 wirbt man mit einem »großen Berggarten, mit Veranden und Lauben« sowie Ruderbootverleih. Auch Geschichtliches wird zu Werbezwecken genutzt: »Auf der Sedanshöhe bei der Klus« wollte man am 17. Mai 1911 mit einer »Moltke-Feier« eine Moltke-Büste einweihen. Weitere Anziehungspunkte waren die »Saison-Eröffnungs-Rennen« des Radfahrer-Vereins »mit Konzert« 1911 und 1912. Ab 1920 ist Ullrich Ossenkop der Wirt, ab 1970 die Familie von Heinrich und Marianne Otto. Heute bewirtschaftet Schwiegertochter Sigrid Otto das Hotel-Restaurant in Volksen. Hier wurden bereits die Don Kosaken begrüßt, Gerd Siemoneit-Barum und Professor Billy Mo.

Der spannenden und unterhaltenden Powerpoint-Präsentation folgte anerkennendes Lob und viel Beifall »für diesen Einblick in die Einbecker Wirtschaft«, so die Vorsitzende Dr. Elke Heege. In einem zweiten Teil will Funcke zu Ausflugs-Gaststätten wie »Heldenburg«, »Rosenplänter«, den Türmen in Bartshausen und Kuventhal sowie Hube und »Hasenjäger« berichten.des