Alte Krumme-Wasser-Brücke am Tiedexer Tor wird saniert

Nach der Umleitung des Baches vor fast 700 Jahren erbaut / 1595 erneuert / Nach Tonnage-Beschränkung nun seit Juni gesperrt

Seit Jahrhunderten führt der Weg von der Altstadt nach Westen durch das Tiedexer Tor und die Brücke über das Krumme Wasser. Bei archäologischen Untersuchungen wurden Eichenbohlen des ältesten Tiedexer Tores gefunden, die man auf das Jahr 1207 datierte. Unter und über den Bohlen gefundene Keramik geht bis auf die Zeit um 1145 zurück. Das Krumme Wasser verlief damals noch ungefähr auf der Höhe des Terrassenhauses in einer Breite und sumpfigen Aue durch die Altstadt. Durch die damals noch morastigen Gassen der Altstadt führten schmale Knüppelwege.

Einbeck. Aus einer alten Chronik: »Einbeck wird bereits anno 1239 als Stadt bezeichnet und besaß 1266 zwei Marktplätze, drei große Kirchen im Innern und die Marienkirche vor dem Tiedexer Tor«. Ob Einbeck zu dieser Zeit schon offiziell eine Stadt war, ist nicht nachgewiesen. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1252. Weil ein Großteil der Stadt zeitweise im Schlamm versank, wenn das Krumme Wasser Hochwasser führte, suchten die Einbecker Bürger eine Möglichkeit, ihre Stadt trocken zu legen. Die Lösung war ein neues Bachbett. Das Krumme Wasser wurde umgeleitet und am Tiedexer und Hullerser Tor vorbei bis zur Wasserkunst am Diekturm und weiter in die Ilme geführt. Die immer noch sumpfige Fläche in der Stadt füllte man in den nächsten 150 Jahren mit Mist, Kuhdreck und anderen Abfällen um eineinhalb Meter auf.

Am Tiedexer Tor stand jetzt ein Zwinger mit einer doppelten, jeweils fast einen Meter dicken Mauer, die vom inneren Tiedexer Tor bis zum Krummen Wasser führten. Der Zwinger schützte die aus Kalkstein gepflasterte Zufahrt zur Stadt vor Angreifern und bestand bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Beim großen Stadtbrand von 1540 wurden auch Tore und Stadtbefestigung in Mitleidenschaft gezogen. Besonders betroffen waren wohl das Tiedexer und das Hullerser Tor.

»Anno Christ 1587 hat man das Tiditzer Thor wider neu erbauet, daran findet man nachgesetzte Schrift zu lesen: Si Deus ipse domum aedificat, custodit & Urbem, Irritus haud labor est, moenia tuta manent« (Wenn das Haus von Gott gebaut und bewacht ist, dann war die Arbeit nicht umsonst und die Mauern bleiben sicher). Eine zweite Inschrift lautete: »Wer an den Herrn gleubet, wird nicht zu schanden«. Beide Inschriften drückten die Hoffnung auf Sicherheit aus – bezogen sich also auf die schrecklichen Erlebnisse von 1540. Man hatte in den letzten Jahrzehnten fast die ganze Stadt wieder aufgebaut – dennoch hat es in der Zeit bis zum Bau des Tiedexer Tores einen Großbrand und sechs weitere Brände gegeben. Auch eines der Wahrzeichen der Stadt Einbeck soll sich hier befunden haben. »… wo Ulenspiegel vor dem Tore steht und dat Mul uprit, dat sünd de warteiken von Eimbeck«. Von den beiden Inschriften und der Eulenspiegel-Figur fehlt heute jede Spur. Nur zwischen den beiden Brückenbögen befindet sich an der südlichen Seite eine Jahreszahl: »1595«. Das deutet daraufhin, dass die Bauarbeiten nach acht Jahren beendet waren.

200 Jahre später – 1795 – wurde der Befestigungsbereich rund um die Brücke abgetragen. Das Ufer zur Stadt hin wurde mit dem Bauschutt aufgefüllt und um 60 Zentimeter erhöht. Das machte diesen Bereich etwas sicherer gegen Hochwasser.

Seit 1813 wurden weitere Teile der Tor-Anlage abgebaut. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der gesamte Bereich eingeebnet. Die Brücke am Tiedexer Tor blieb. Als ab 1897 das Kornhaus gebaut und ein weiterer Bereich eingeebnet wurde, um Platz für Neubauten zu schaffen, entfernte man den Rest der noch vorhandenen Steine der Stadtmauer. Diese Steine finden sich übrigens heute noch im gesamten Häuser-Gürtel um die Altstadt wieder. Sie wurden für die seit 1900 gebauten Gebäude als Sockel wieder verwendet. In der Zwischenzeit nagte der Zahn der Zeit an der Brücke. Die oberste Schicht und die Fahrbahndecke wurden zwar aufgebaut, es fand aber keine grundsätzliche Sanierung statt.

2012 wurde die Tonnage begrenzt und die Brücke war nur noch einspurig befahrbar. Um Schäden zu erkennen, hatte man an den beiden Brückenbögen Gipsmarken angebracht. Dadurch wurde festgestellt, dass die Brücke durch die Erschütterungen des Fahrzeugverkehrs in Bewegung gekommen war. Die Bausubstanz hatte sich weiter verschlechtert – aus den Gewölben lösten sich Steine.

Seit dem 22. Juni ist die Brücke für Kraftfahrzeuge ganz gesperrt. Nur Fußgänger können die Brücke überqueren. Die Maschenstraße ist seitdem Einbahnstraße. Deswegen müssen die Anwohner der nordwestlichen Altstadt seit Monaten den Umweg über die Umgehungsstraße am Schwimmbad vorbei nehmen. Fast vier Minuten fährt man seitdem von der Tiedexer Straße bis zur »BBS-Kreuzung« am Walkemühlenweg. Anwohner der Altstadt wünschen sich, dass die Maschenstraße wieder für beide Seiten freigegeben wird: Seit vielen Jahren fuhr man bei Gegenverkehr in der Maschenstraße ein kurzes Stück über den Gehweg – zugegebenermaßen nicht im Sinne der Straßenverkehrsordnung, aber effizient und mit gegenseitiger Rücksichtnahme.

Im Frühjahr 2013 soll die Brücke erneuert sein. Seit dieser Woche werden die ersten Arbeiten durchgeführt. Die ursprüngliche Konstruktion der Natursteinbrücke bleibt dabei erhalten. Eine Stahlbetonkonstruktion über der Brücke wird die Last des Fahrzeugverkehrs tragen. Südlich der Straßenbrücke wird Mitte Januar 2013 eine17 Meter lange Fußgängerbrücke montiert. Dann wird ein Teil der alten Straßenbrücke zurückgebaut und abgedichtet. Danach beginnen die eigentlichen Sanierungsarbeiten an der Natursteinbrücke. Sollte die neue Brücke bis zum Frühsommer 2013 fertig sein, dann war sie ein ganzes Jahr gesperrt.wk

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