Alte Synagoge: Auf dem Weg zur Begegnungsstätte, 1938 Rettung durch Vergessenheit

Einbeck. Vor 74 Jahren hat auch in Einbeck die Synagoge gebrannt, am Abend des 9. November 1938 wurde sie, wie viele andere in Deutschland, in Brand gesteckt. Nicht gebrannt hat dagegen die Alte Synagoge in der Baustraße – sie war damals vergessen, und das hat sie vor dem Feuer, vor der vorsätzlichen Brandstiftung, gerettet.

Daran erinnerte der Vorsitzende des Fördervereins Alte Synagoge Einbeck, Frank Bertram, in einer Lesung, die der Verein zum Gedenken an den 9. November 1938 veranstaltet hat. Das Gebäude sei zwar lange Zeit als Synagoge nicht im Bewusstsein gewesen, aber nicht verloren. Seit einigen Jahren saniert der Verein das mehr als 200 Jahre alte Gebäude, dort soll ein Ort der Begegnung und des offenen Dialogs über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg entstehen. Auch in der derzeitigen Baustellen-Situation ist das Haus bereits mehrfach für beeindruckende Veranstaltungen genutzt worden, so auch für diese Lesung von Psalmen im Rahmen der Gedenkfeier. Vertreter des Vereins und der Einbecker Kirchen lasen Psalmen, die in besonderer Weise von Not und Leid erzählten, aber auch von Gottvertrauen, Hoffnung und Freude. So waren Psalm 74, die Klage vor dem entweihten Heiligtum, Psalm 36, der vom Reichtum der Güte Gottes berichtet, Psalm 142, ein Hilferuf in schwerer Bedrängnis, Psalm 116, der Dank für die Rettung aus Todesgefahr, und Psalm 84 über die Freude am Hause Gottes zu hören.

Mitwirkende waren Joachim Voges, Vorstandsmitglied des Fördervereins, Dr. Elke Heege, ebenfalls im Vorstand des Vereins, Thomas Klammt, Pastor der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde, und Wolfgang Teicke, Pastor der Münstergemeinde, außerdem Laura Schimmelpfennig, die Psalm 166 auf hebräisch vortrug. Sie studiert evangelische Theologie in Göttingen und ist Mitglied der christlich-jüdischen Gesellschaft Göttingen, die die Alte Synagoge vor kurzem besucht hat. Schließlich berichtete Frank Bertram über das Ermittlungsverfahren, das 1946 bei der Staatsanwaltschaft Göttingen zum Brand der Synagoge 1938 eingeleitet wurde. Das Verfahren wurde eingestellt, die Behörden konnten keine Täter anklagen: Wenige Monate nach Kriegsende und acht Jahre nach der Tat waren die Ermittlungen schwierig. Als Zeuge berichtete ein Arbeiter des Gaswerks, dass er einige Zeit vor der Brandstiftung in der Synagoge in der Bismarckstraße in Begleitung von SS-Männern die Gasleitung abstellen sollte. »Ich habe mir über meine Handlungsweise weiter keine Gedanken gemacht«, damals aus. An der Brandstiftung selbst sei er nicht beteiligt gewesen.ek