»Altersvorsorge ist ein Marathonlauf, kein Sprint«

»EM«-Telefonaktion mit Stephan Gelhausen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft / Bandbreite privater Vorsorge

Wie können Angestellte Lücken in ihrer Altersversorgung schließen, für wen lohnt sich die Riester-Rente, was ist für Berufstätige besonders wichtig, welche Geldanlage ist sinnvoll in Bezug auf finanzielle Sicherheit im Alter? Diese und weitere Fragen wurden bei der Telefonaktion der Einbecker Morgenpost zum Thema Altersvorsorge gestellt, und Experte Stephan Gelhausen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gab nicht nur darauf Antworten, sondern zudem umfassende Informationen zum Thema.

Einbeck. »Ich habe eine Riester-Rente. Nach den jüngsten Veröffentlichungen bin ich verunsichert, ob das die richtige Anlageform für meine Altersvorsorge ist.« Dazu stellt Stephan Gelhausen fest, dass man von staatlich geförderten Produkten praktisch immer profitiert. Im Fall einer Kündigung muss man die erhaltenen Zulagen und steuerlichen Förderungen zurückzahlen. Man sollte trotz der Verunsicherung nichts überstürzen und sich eingehend informieren, beispielsweise bei der Stiftung Warentest.

»Ich habe mich gerade selbstständig gemacht, gibt es für mich auch eine staatliche Förderung meiner Altersvorge?« Auch Selbstständige kommen in den Genuss staatlicher Förderung. Wer eine Basisrente, im Volksmund Rürup-Rente genannt, abschließt, kann seinen Beitrag – jährlich bis zu 20.000 Euro bei Ledigen und bis zu 40.000 Euro bei Verheirateten – steuerlich geltend machen.

»Was geschieht mit meiner Basisrente, wenn ich in Zahlungsschwierigkeiten gerate? Kann ich mir den Betrag auszahlen lassen?« Vorzeitige Auszahlung des angesparten Kapitals sei, so der Experte, nicht vorgesehen. Aber die Beitragszahlungen können jederzeit eingestellt werden. Allerdings verringern sich damit natürlich die später gewährten Leistungen.

»Sind Riester-Renten nur für Familien oder auch für Alleinstehende geeignet?« Auch für Singles bieten Riester-Renten eine hohe Sicherheit bei einer guten Rendite, bei gutem Einkommen fällt sogar eine zusätzliche Steuerersparnis an. Es lohnt sich, Vergleiche anzustellen bei Versicherern, aber auch bei Banken und Sparkassen, die die Produkte ebenfalls im Angebot haben, das rät Stephan Gelhausen auf die Frage, ob und wie Angestellte über eine Riester-Rente fürs Alter vorsorgen können. »Der Vertragsabschluss lohnt selbst für Arbeitnehmer im fortgeschrittenen Alter. Im Vergleich zu privaten Geldanlagen sind die staatliche Förderung und die hohe Sicherheit attraktiv.

»Ab welchem Gehalt muss ich bei einer Riester-Rente nur den Mindestbeitrag von 60 Euro im Jahr bezahlen? Was kann ich tun, um die volle Zulage zu bekommen?« Grundsätzlich müssen vier Prozent des vorjährigen Bruttoeinkommens minus der staatlichen Zulage eingezahlt werden, um die volle Förderung zu erhalten. Der zu zahlende Betrag ist also abhängig vom Einkommen und der Anzahl der Kinder für die es auch Zulagen gibt. Eine Mutter mit zwei Kindern, zehn und zwölf Jahre, erhält derzeit zum Beispiel staatliche Zulagen von 524 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus der Grundzulage von 154 Euro und zwei Kinderzulagen in Höhe von 185 Euro. Für ab dem 1. Januar 2008 geborene Kinder beträgt die Zulage sogar bis zu 300 Euro jährlich. Die 60 Euro sind das Minimum, das in jedem Fall selbst in einen Riester-Vertrag eingezahlt werden muss.

»Ich plane, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Soll ich diese mit einem Riester-Vertrag koppeln?« Man kann beide Versicherungen kombinieren. Es kann jedoch nur ein geringer Anteil des Gesamtbeitrags zur Berufsunfähigkeits-Absicherung eingesetzt werden. Es ist sinnvoller, die Riester-Rente nur zur Altersvorsorge zu nutzen und das Berufsunfähigkeitsrisiko – möglichst frühzeitig – mit einer eigenen Versicherung abzusichern. Man sollte eine Be-rufsunfähigkeits-Rente in Höhe von möglichst etwa 80 Prozent des Netto-Einkommens vereinbaren. Bei gekoppelten Versicherungen, etwa Berufsunfähigkeit und Altersvorsorge, können bei Zahlungsschwierigkeiten Probleme entstehen. Wer sich die gekoppelte Versicherung nicht mehr leisten kann und kündigt, verliert den kompletten Schutz. Bei getrennten Verträgen hingegen kann die Altersvorsorge zunächst ruhen, der wichtige Berufsunfähigkeits-Schutz aber eventuell weiter aufrechterhalten werden. Die Unfallversicherung kann sich aber lohnen, wenn man beispielsweise in besonderer Weise aktiv oder sportlich ist, wodurch man möglicherweise ein höheres Risiko trägt.

»Ich habe bereits eine Riester-Rente abgeschlossen. Was kann ich noch zusätzlich für meine Altersvorsorge tun?« Dazu verweist Gelhausen auf die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung hin. Jeder Arbeitnehmer besitzt nämlich einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber ein Angebot für betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung macht. Zusätzliche Altersvorsorge kann – je nach persönlicher Risikofreude und Zeit bis zur Rente – zum Beispiel über Fondssparen betrieben werden.

»Mein Arbeitgeber hat mir eine betriebliche Altersversorgung angeboten. Welche Vorteile bringt mit das?« Vorteil einer betrieblichen Altersversorgung ist, dass die Beiträge aus dem Brutto- und nicht aus dem Netto-Einkommen gezahlt werden. Es können aktuell bis zu 224 Euro im Monat beziehungsweise 2.688 Euro pro Jahr ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben eingezahlt werden.

»Lohnt sich bei sinkenden Zinsen noch der Abschluss einer Kapitallebensversicherung?«  Wenn die Zinsen nachhaltig sinken, wirkt sich das entsprechend auf die Überschussbeteiligungen aus. Einmal gutgeschriebene Überschussbeteiligungen sind jedoch sicher, und der bei Vertragsabschluss vereinbarte Garantiezins ist für die gesamte Laufzeit festgelegt. Der Abschluss einer Kapital-Lebensversicherung ist immer dann sinnvoll, wenn man Altersvorsorge und Hinterbliebenenversorgung miteinander kombinieren will.

»Ist die Risiko-Lebensversicherung auch eine Form von Altersvorsorge?« Kapital für die Altersvorsorge bildet die Risiko-Lebensversicherung nicht, aber sie trägt entscheidend zur finanziellen Absicherung von Hinterbliebenen bei. Deshalb ist sie beispielsweise ganz wichtig für Familien, denn die gesetzliche Rentenversicherung zahlt häufig erst nach Ablauf einer allgemeinen Wartezeit Witwen- und Waisenrenten. Auch können Darlehen für ein Haus oder eine Wohnung im Todesfall aus der Versicherungsleistung getilgt werden. Daher ist eine Risiko-Lebensversicherung auch ein Vorteil bei der Aufnahme eines Darlehens gegenüber dem Kreditinstitut.

Bei allen Überlegungen, so sein weiterer Rat, solle man bedenken: »Altersvorsorge ist ein Marathon, kein Sprint.« Entsprechend sei Disziplin gefragt: Man sollte sich rechtzeitig kümmern, auch wenn das Thema gerade für Jüngere wenig reizvoll sei, und man müsse konsequent und durchgehend etwas dafür tun.ek