Ausschuss für Finanzen und Rechnungsprüfung

Anwohner »tappen nach wie vor im Dunkeln«

Prioritäten und Projekte für Haushalt 2020: Ausbau Tiedexer Straße bleibt drin | Sozialverträgliche Lösung

Das Foto zeigt einen Blick in die Tiedexer Straße.

Der Ausbau der Tiedexer Straße und die dafür möglicherweise von den Anwohnern über Straßenausbaubeiträge aufzubringende finanzielle Beteiligung waren Thema der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Rechnungsprüfung. Die Anlieger machten deutlich, dass sie nach wie vor verunsichert sind: Es sei immer noch nicht zu sehen, wie die angekündigte sozialverträg­liche Lösung aussehen würde. Die Politik betonte mehrheitlich, man müsse die gültige Satzung berücksichtigen, an Vorschlägen werde aber gearbeitet.

Einbeck. Vertreter der Bürgerinitiative beziehungsweise Anwohner von Tiedexer Straße und Tiedexer Tor kritisierten, dass die Ausbaumaßnahme ohne Finanzierung ins Visier genommen werde. Man warte weiter auf die angekündigte sozialverträgliche Lösung. »Wir tappen immer noch im Dunkeln, wir sind verunsichert«, machten sie deutlich. Sollte es eine Finanzierungslösung geben, so werde sie bislang nicht kommuniziert. Man sei auf dem gleichen Stand wie vor einem halben Jahr. Dass die Häuser durch einen Straßenausbau an Wert steigen würden, sehe man nicht, zumal bis zu 35.000 Euro an Beiträgen zu zahlen seien – eine Summe, die Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder in der Höhe zurückwies: Diesen Betrag erreiche man bei weitem nicht. Zudem führe ein Straßenausbau »per se« zur höheren Wertigkeit, das sehe die Rechtsprechung so vor.

Die Beiträge einfach abschaffen: Andere Kommunen hätten vorgemacht, dass das möglich sei, betonten BI-Vertreter. Steuern, Ausbaubeiträge, wiederkehrende Gebühren – es werde keine Lösung geben, so die Befürchtung, verbunden mit dem Eindruck. Mit dieser Strategie sollten die Bürger in die Knie gezwungen werden. »Sie wollen von uns für ihr Projekt eine Million Euro haben«, betonte sie in Richtung Politik und Verwaltung.

Man treffe in dieser Sitzung, machte Dirk Ebrecht, CDU, deutlich, nur eine strategische Entscheidung. Ein Fachanwalt – dieser Sitzungstermin war am gestrigen Donnerstagabend – werde »uns aufschlauen«. Ansonsten sei man bisher nicht untätig gewesen, und das Angebot, mit der Bürgerinitiative ins Gespräch zu kommen, gelte weiter. Er verwies darauf, dass man derzeit eine rechtssichere Lösung habe; das Verfahren sei »technisch völlig richtig.«
Dass es so nicht hätte sein müssen, meinte Rolf Hojnatzki, SPD. Die CDU habe einen Beschluss gefasst, ohne eine andere Lösung parat zu haben, und darüber lasse sie die Anwohner im Unklaren. Man hätte sich auf niedrigere Beiträge verständigen können, und es hätte Alternativen gegeben. Eine Lösung könne man aber erst verabschieden, wenn man eine habe. Seine Fraktion sei dafür, sowohl Maßnahme als auch Finanzierung so gar nicht in den Haushalt einzustellen.

Um Geduld bat Dr. Reinhard Binder, FDP: Das Thema beschäftige derzeit auch den Niedersächsischen Landtag. Die Haushaltsposition sehe er als »Platzhalter«. Mindestens zwei Fraktionen des Rates arbeiteten intensiv einer sozialverträglichen Lösung, versicherte er.

Die Kosten für eventuelle archäologische Ausgrabungen würden von der Stadt übernommen, sagte Bauamtsleiter Joachim Mertens auf Nachfrage.
Die Sitzung diene der Projektierung für den Haushalt 2020, machte Kämmerin Brigitte Hankel deutlich, und die Straßenausbauvorhaben seien ein Teil davon. Noch sei nichts mit Kosten hinterlegt, das erfolge erst bei der Investitionsplanung. Der Projektierungsbeschluss gebe die Reihenfolge für die Politik vor, in der Maßnahmen abgearbeitet werden sollten. Dabei würden gültige Satzungen zugrunde gelegt. Die Faktoren, nach denen die Reihenfolge ermittelt werde, habe man vor zwei Jahren entwickelt, erinnerte sie.

Ihm mangele es bei der Prioritätenliste an der finanziellen Dimension, stellte Marcus Seidel, SPD, fest: Wenn die Politik entscheiden solle, seien mögliche Kosten wichtig. Den Ausbau von Tiedexer Straße und Tiedexer Tor sollte man deshalb zurückstellen, solange kein Finanzierungsbeschluss vorliege.

Stattdessen sei die SPD dafür, Ansätze für den Ausbau von ZOB und Bushaltestelle Möncheplatz vorzuziehen. Wenn man sich über die gut angenommene reaktivierte Bahnstrecke freue, müsse man auch für eine verbesserte Busanbindung sorgen. Das sei wichtiger als Prestigeprojekte und durch die damit verbundene Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ein Beitrag zum Klimaschutz. Auch die Sanierung der Abwasserleitungen an der Feuerwache in Einbeck und Maßnahmen der Grundschule Auf dem Berge in Wenzen sollten höherwertig sein, als die Verwaltung sie angesetzt habe.

Von einem transparenten Prozess sprach Dirk Ebrecht. Er dankte der Verwaltung für die strategisch zielgerichtete Arbeit, und er sei von der SPD entsetzt, bei der nur blockieren und bremsen zu erkennen seien im Dauerzustand. Sie versuche, Entwicklungen zu torpedieren, das sei keine sinnvolle Politik. Er forderte die SPD auf, wieder Boot zu kommen und die Weiterentwicklung der Stadt in den Blick zu nehmen.

»Wir haben nicht die Mehrheit zum Blockieren und Bremsen«, hielt Rolf Hojnatzki dagegen. Man habe Vorschläge für andere Prioritäten gemacht beziehungsweise die Meinung dazu gesagt. Dabei gehe es um den Bereich Mobilität, in dem es dränge; diese Vorhaben sollte man auf der Liste deutlich nach oben setzen. Andere Politiker könnten zu den Prioritäten andere Auffassungen haben, aber eine Blockade lasse man sich nicht vorwerfen.

Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch über ein Auseinanderziehen der Bauabschnitte für das Wissensquartier. Während der geplante Neubau des Kindergartens Münstermauer unstrittig sei, sei beim zweiten Bauabschnitt für Museum, Archiv und Bibliothek noch viel zu planen. Aber man müsse am Ball bleiben, schon deshalb, um weitere Förderanträge stellen zu können, mahnten Kämmerin Brigitte Hankel und Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Man sei mit dem Gesamtpaket an den Start gegangen. Das zu hinterfragen oder auseinander zu ziehen, könnte sich förderschädlich auswirken.

Mehr Sparwillen mahnte Dr. Reinhard Binder an. Die Stadt leiste sich viel, aber sie spare nicht konsequent. Wenn man sich Luxus erlaube, müsse man an anderer Stelle zurückhaltend sein.

Er fürchte, dass der Förder-Algorithmus ein Eigenleben entwickele, so Marcus Seidel. Besser wäre, die Politik würde sehen, was ihr wichtig sei und dann eingreifen. Für viele Projekte fehle die solide Finanzplanung. Wenn jedes Jahr etwas neues Dringliches vorgeschoben werde, funktioniere das System nicht.

Sich stur ans Schema zu halten, damit werde man manche Probleme nicht lösen können. Die Forderung nach Finanzierungs- beziehungsweise Kostenschätzungen unterstützte Ulrich Vollmer, CDU. Es sei schwer, bestätigte Frank-Dieter Pfefferkorn, Bürgerliste, mit einer Prioritätenliste zu arbeiten, wenn keine Beträge hinterlegt seien beziehungsweise wenn sich die Inhalte änderten.

Die SPD fand mit ihrem Antrag, die Maß­nahme Tiedexer Straße/Tiedexer Tor von der ­Prioritäten- auf die Warteliste zu schieben, keine Mehrheit. Zustimmung gab es dagegen für den Antrag, die Umgestaltung des ­Zen­tralen Omnibusbahnhofs weiter vorzuziehen, und einstimmig unterstützte der Ausschuss den SPD-Antrag, Planungskosten für Sanierungsarbeiten auf der Greener Burg einzuplanen. Das Gesamtpaket Prioritätenliste wurde bei Ent­haltungen der SPD zur Annahme empfohlen.ek