Auf Ideensuche für Daseinsvorsorge im Jahr 2030

Strategiekonferenz zur Erarbeitung eines Integrierten Entwicklungskonzepts | Arbeitsgruppe sammeln Ideen

Das war ein Erfolg mit hoher Teilnehmerzahl und Ergebnissen, auf denen man aufbauen kann: Für die Erarbeitung des Integrierten Entwicklungskonzepts (IEK) für das Programm »Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke« hat die erste Strategiekonferenz stattgefunden. Ziel des Programms ist es, ein Netzwerk zur Daseins­vorsorge zu knüpfen. In vier Arbeitsgruppen wurden dazu konkrete Handlungsempfehlungen herausgearbeitet mit Blick auf Ziele der künftigen Infrastruktur der vergrößerten und veränderten Stadt Einbeck.

Einbeck. Sie sei überwältigt von dem guten Besuch, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek angesichts von rund 100 Teilnehmern in ihrer Begrüßung. Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung der ländlichen Struktur und zur Daseinsvorsorge sollen beim IEK entwickelt werden, erläuterte Tanja Klein von der Planungsgemeinschaft lange puche, die gemeinsam mit dem Sanierungsträger DSK das Projekt begleitet. Das bedeute eine Stärkung einer dünner besiedelten Region. Es werde hier künftig weniger Menschen geben, und sie würden älter. Mit Blick auf die Auswirkungen des demografischen Wandels müsse man prüfen, welche Synergieeffekte und  Einsparmöglichkeiten es gebe und entsprechende Anpassungsstrategien entwickeln. Sie müssten umgesetzt beziehungsweise politisch ab­gesichert werden, und es sei notwendig, bei Bürgern Akzeptanz dafür zu schaffen. »Ziel ist eine angemessene Versorgung bis 2030«, umriss sie den zeitlichen Rahmen. Was könne man tun, damit Einbeck ein attraktiver Standort für Wohnen, Leben, Lernen, Arbeit und Besuchen bleibe? 14 Handlungsfelder der Daseinsvorsorge seien ermittelt worden; wo es am meisten »drückt«, sollen vier Arbeitsgruppen ermitteln, unter denen die Handlungsfelder aufgeteilt wurden: Bildung/Familie/Jugend, Senioren/Gesundheit, Kultur/Frei­zeit/Sport/Tourismus sowie Innenentwicklung/­Wirtschaft/Mobilität. In den Gruppen sollen Probleme bewertet und Lösungen vorgeschlagen werden, sie sollen Angebote erfassen und eine Prognose zur Nachfrage ermitteln. Was heute gelte, müsse 2030 nicht mehr so sein – man müsse deshalb hinterfragen, ob bestehende Angebote morgen noch passten. Es sei wichtig, verwandte Infrastrukturen zu bündeln. Die intensive Beteiligung der Bürger sei dabei von großer Bedeutung: »Jeder ist ein Experte auf seinem Gebiet.« Die Planerin ermunterte dazu, kreativ zu werden, sich aus bisherigen Strukturen zu lösen und neue Wege zu gehen: »Innovationen sind gefragt.« Es gehe darum, das Gold aus den Köpfen der Region zu holen, wie Planer Dirk Puche diese Ideensuche definiere.

Schlaglichtartig stellten die Arbeitsgruppen im Abschlussplenum ihre Ergebnisse vor. Für die Gruppe Bildung/Familie/Jugend war es wichtig, auf die vorhandenen Stärken und Ressourcen hinzuweisen. Es müssten jedoch mehr Netzwerke gebildet werden, und man müsse die Kommunikation verbessern. Übergänge zwischen den einzelnen Bildungsschritten müssten gesichert werden, und verlässliche Betreuung sei wichtig. Inklusion müsse zur Selbstverständlichkeit werden, und ein gutes Angebot an  Ganztagsschulen sei wichtig. Auch über 24-Stunden Betreuung sei nachzudenken, wenn es Bedarf dafür gebe. »Wir haben hier sehr viele, breit gefächerte Angebote«, so ein Fazit der Gruppe. Man müsse sie aber besser miteinander verbinden und Durchgängigkeit erzielen.

Die Gruppe Senioren/Gesundheit hatte zu berücksichtigen, dass 2030 voraussichtlich 2.750 Einbecker 80 Jahre oder älter sein, viele davon pflegebedürftig in Einrichtungen oder in ambulanter Betreuung. Hinzu kommt Fachkräftemangel in der Pflege. Vor Ort könne man an den Bedingungen, die dafür verantwortlich seien, nur teilweise etwas ändern, hieß es. Zum Problem werde sicher die hohe Zahl von Senioren in den Dörfern, die nicht mehr mobil seien. Man könnte über einen Fahrzeugpool nachdenken, aber auch die Idee der Dorfassistenz könne wieder aufgegriffen werde. Es sei schade, dass die Finanzierung weggebrochen sei. Auch bei Wohnformen biete es sich an, über Neues nachzudenken. Im Bereich Gesundheit werde Fachkräftemangel ebenfalls zum Problem. Viele niedergelassene Ärzte hätten Schwierigkeiten, Praxisnachfolger zu finden. Entsprechend müsse man Ideen entwickeln, wie man Ärzte in die Region holen könne. Die Kooperation mit den Bürgerspital, betonte die Arbeitsgruppe, sei ein wesentlicher Garant künftiger Versorgung. Querschnittsthema sei Mobilität, davon seien viele andere Bereich betroffen, und daran hänge es, Versorgungslücken in den Ortschaften zu schließen. Wie man vorhandene Infrastruktur ergänzen und das Angebot optimieren kann, darüber hat die Gruppe Kultur/Freizeit/Sport/Tourismus nachgedacht, Gesammelt wurden Positives und Negatives. Zu den Pluspunkten zählt, dass in Einbeck viel geboten wird: starke Vereine, ein großes Musikangebot, engagierte Ehrenamtliche. Negativ wirkt sich die demografischen Entwicklung aus, es gibt nur ein dünnes Angebot für Jugendliche, zu wenig Übungsleiter und fehlende Kommunikation. Man müsste jemanden finden, der sich als Kümmerer für Freizeit, Kultur und Vereine begeistere. An einem Runden Tisch könnten Zielgruppen angesprochen werden. Eine Menge zu bieten hat der Bereich Tourismus. Allerdings müsse man die Vielfalt häufig erst wecken. Es fehle beispielsweise an einem Fahrradverleih, das Jugendgästehaus werde vermisst, und Sauberkeit lasse zu wünschen übrig. Mangelnde Vernetzung sei ebenfalls negativ zu bewerten. Wünsche für die Zukunft seien ein neues Jugendgästehaus, die Weiterentwicklung des Radtourismus und die engere Verknüpfung von Kernstadt und Ortschaften. Tourismus lasse sich mit Freizeit, Kultur und Sport verbinden. Denkbar seien eine Multifunktionshalle oder Kanu-Tourismus. Das Vereinsnetz müsse in größere Strukturen agieren. Über Kontaktstellen, eine Bedarfsanalyse sowie Foren könne man zu einem Gesamtplan kommen, verbunden mit einer Kontakt- und Ideenbörse. Dies sei, hieß es, vorrangig ein strategischer Ansatz.

Den Verkehrsmix mit Bussen, Bahn, Auto und Rad in der Gewichtung neu zu definieren, hat die Gruppe Innenentwicklung/Wirtschaft/Mobilität vorgeschlagen. Eine der Zukunftsaufgaben sei es, die Ortschaften entsprechend zu versorgen. Car-Sharing spiele dabei ebenso eine Rolle wie die Einrichtung von Elektrotankstellen. Auch über Parkmöglichkeiten vor der Stadt sei nachzudenken sowie über die Schaffung von Parkraum in Baulücken oder durch Abriss. Wenn es 2030 bis zu 8.000 weniger Bürger gebe, bekomme Zukunftsplanung besonderes Gewicht. Man müsse sich darauf einstellen, gesund zu schrumpfen, damit besser zu werden und auch Mut zum Abriss zu haben. Auf diese Weise könne man barrierefrei werden, wo es jetzt noch Hindernisse gebe. Die Stadt werde damit freundlicher, gerade für Kinder und Senioren. Im Bereich Leerstandsmanagement müsse sich etwas bewegen, und wenn die Stadt nicht voller werde, müsse Vorhandenes neu definiert werden. Man sollte die eigenen Schwächen kennen und über die Stärken reden, die Stadt positiv verkaufen. Denkbar sei, Mobilitätsknotenpunkte zu errichten und Busverkehr schwerpunktmäßig auszurichten. Die Bürger in den Ortschaften dürfe man nicht abhängen. Wenn es der Stadt gut gehe, habe sie die Basis, Gäste einzuladen und mitzuteilen: »Einbecker sind nette Leute.«

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen sind nun die Grundlage für die nächste Konferenz. Die zweite Zusammenkunft, gedacht als Umsetzungskonferenz, findet am Freitag, 14. März, wieder im BBS-Forum statt, voraussichtlich von 16 bis 19 Uhr. Ziel, kündigte Tanja Klein an, wird es sein, konkreter zu werden und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Maßnahmen und Projekte sollen skizziert und Ergebnisse überprüft werden. Schließlich gab die Planerin den Teilnehmern ein Lob mit auf den Weg: »Ihre Beiträge waren wunderbar, das hat Spaß gemacht.« Genau so sah es Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek: In der Kürze der Zeit sei eine Menge erarbeitet worden. Nicht alles sei umgehend umzusetzen, »aber es geht keine Idee verloren.«ek