Automobile wecken Erinnerungen und Emotionen

PS.Depot Automobil eröffnet | Über 200 Fahrzeuge in der Bismarckstraße ausgestellt | Start Besucherzentrum

Gemeinsames symbolisches Schieben auf den letzten Zentimetern – dann ist im PS.Depot Automobil alles an seinem Platz. Dazu packten an (von rechts) Kurator Karl-Helmut Larkamp, Stifter Karl-Heinz Rehkopf, Geschäftsführer Lothar Meyer-Mertel, Ausstellungsleiter Sascha Fillies, Matthias Kaluza von ö_konzept und Holger Eilers, Vorstand der Kulturstiftung Kornhaus.

Einbeck. Kommt das Schönste oder das Beste zum Schluss? Im jeden Fall das Aufwendigste, berichtete PS-Pressesprecher Stephan Richter: Mit der Eröffnung des PS. Depots Automobil ist der PS.SPEICHER einen weiteren Schritt Richtung Oldtimer-Mekka Einbeck gegangen. Damit ist jetzt die größte Sammlung historischer Fahrzeuge Europas zugänglich. Sie umfasst über 2.500 Exponate. In der Bismarckstraße sind im dritten City-Depot – nach den in den vergangenen Wochen eröffneten Depots Kleinwagen und Motorrad – mehr als 200 weitere Autos zu sehen, die Erinnerungen und Emotionen wecken und Erstaunen hervorrufen.

Persönliche Erinnerungen teilte PS.Stifter Karl-Heinz Rehkopf mit den ersten Besuchern, indem er an sein erstes Auto erinnerte, einen Opel in schlechtem Lack und beinahe untauglichen Bremsen, aber eben ein richtiges Auto, eingetauscht in den Opel-Autohallen in Göttingen gegen ein Triumph-Motorrad. Müssen es denn gleich so viele sein, könne man fragen, wenn es um seine Liebe zu Autos gehe. Das sei eine Frage des Umfangs der Liebe, die beziehe sich auf Motorräder und auf Autos. Und die Liebe sei, zugegeben, etwas ausgeufert, aber das werde der Schaden der Besucher nicht sein, vermutete er augenzwinkernd.

PS.SPEICHER-Geschäftsführer Lothar Meyer-Mertel konnte feststellen: »Wir sind fertig«, und das gelte, schmunzelte er, im doppelten Sinne: mit dem Vorhaben und mit den Nerven. Mehr als 1.800 Fahrzeuge seien in den vergangenen Monaten mehrfach bewegt worden, nicht nur ein bisschen hin und her. Teilweise sei ein Betrieb gewesen wie bei Ikea. Allen daran Beteiligten dankte er: der Werkstatt der Kulturstiftung Kornhaus ebenso wie ö_konzept als Projektpartner sowie den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Alle seien gerade in den letzten Tagen noch mit dem Lappen unterwegs gewesen, um alles schick zu machen - unter Corona-Bedingungen. Komplett am 18. Juli zu eröffnen, wie es ohne Corona geplant gewesen sei, das wäre ein harter Ritt gewesen, stellte er fest. Auch so habe jeder Tag neue Überraschungen gebracht. Investiert wurden 1,2 Millionen Euro, 60 Prozent davon als Förderung vom Land über EFRE-Mittel der Europäischen Union. Mit fünf Einrichtungen der Mobilität, den drei City-Depots, dem PS.SPEICHER sowie dem PS.Depot Lkw + Bus einschließlich der Lanz-Wirtschaft, könne man nun die größte Sammlung historischer Fahrzeuge Europas freigeben. Und auch wenn der dafür zunächst geplante »große Knall« wegen der derzeitigen Lage ausfallen musste, so sei er sicher, dass alles im kommenden Jahr zu voller Blüte reife.

»Er weiß alles, hat ein unendliches Fachwissen«, stellte Karl-Heinz Rehkopf den Kurator Automobil, Karl-Helmut Larkamp, vor. Der Experte für »alles mit vier Rädern« ist zugleich Stiftungsrat der Kulturstiftung Kornhaus. Für das PS.Depot Automobil sei in den vergangenen Wochen »derart gerackert« worden, so Rehkopf, das könne man sich gar nicht vorstellen. Aber es sei auch Sagenhaftes geleistet worden.

Karl-Heinz Rehkopf habe vermutlich vergessen, das erste Auto zu verkaufen, als er das zweite erworben habe, umriss Karl-Helmut Larkamp den Beginn der Sammlerleidenschaft. Die mehr als 200 Fahrzeuge hier seien fast alle fahrbereit. Es sei nicht gut, wenn solche Fahrzeuge nur stehen würden, und so setze man sie immer mal wieder beispielsweise bei Veranstaltungen oder bei Rallyes ein. Einige seien in einem Top-Zustand, andere charmant unrestauriert.
Die Stars der Sammlung stehen auf einem nicht nur sprichwörtlichen roten Teppich, beispielsweise ein Tatra T 87, ein luftgekühlter Achtzylinder. Während er durch seine perfekte Restaurierung beeindruckt, glänzen andere durch ihren Seltenheit.

Die »Flachware« verdient ebenfalls nur mehr als einen flüchtigen Blick, nicht nur Rennsportenthusiasten werden begeistert sein vom BMW von Keke Rosberg, Vater von Nico Rosberg und ebenfalls eine Rennsport-Legende, oder vom Honda von Rubens Barrichello. Aber auch Borgward konnte entscheidende Kapitel in der Rennsportgeschichte mitschreiben.

DKW mit Holzkarosserien, dabei stormlinienförmig, repräsentative Adler aus den Vorkriegsjahren, emotionale Autos, etwa der Mercedes 8/18 des amerikanischen Hoteliers John Jacob Astor, der 1912 als Passagier der »Titanic« ertrunken ist und dessen Fahrzeug mit dem vor rund 110 Jahren neu entwickelten Kardanantrieb nach Stationen unter anderem in Stuttgart und Doha nun im Originalzustand in Einbeck steht, als absolute Rarität der 450 SEL 6,9 eines Wuppertaler Fabrikanten, der seine Hunde komfortabel transportiert wissen wollte, Importe aus Brasilien oder Südafrika, ein Berliner Taxi samt Taxameter, unterwegs von 1929 bis 1933, der Ford 15M, mit dem Rehkopf und Larkamp die Mille Miglia mitgefahren sind, ein Stoewer 8 Typ S 10, seinerzeit vergleichbar mit Mercedes und Horch, heute eines von nur noch vier erhaltenen Exemplaren: Zahlreiche Einzelstücke aus kleinen und exklusiven Serien stehen neben Fahrzeugen, an die sich viele noch erinnern werden: weil es das erste Familienauto war, weil der Onkel sich im Sonntagsstaat für ein Schwarz-weiß-Foto neben den Ford Taunus stellte oder weil man sie einfach bewundert, aber nie das nötige Kleingeld dafür hatte, etwa die Citroën DS, die »Göttin«, mit der hydropneumatischen Federung.

Auf 3.800 Quadratmetern Fläche sind mehr als 200 Autos zu sehen, vor allem aus der Zeit des Wirtschaftswunders. Das Gebäude der ehemaligen Tapetenfabrik Fripa in der Bismarckstraße wurde dazu umfassend umgebaut. Auf zwei Ebenen werden unter anderem BMW, Glas, Ford, Mercedes-Benz, Opel, Adler, Borgward und weitere Marken, heute oft in Vergessenheit geraten, ausgestellt.

Das PS.Depot Automobil ist in vorgegebenen Zeitfenstern zugänglich: dienstags bis freitags von 11 bis 15 Uhr sowie sonnabends und sonntags von 10 bis 16 Uhr. Die Gruppengröße ist auf 20 Personen begrenzt. Eine vorherige Reservierung über ps-speicher.regiondo.de/kategorien ist erforderlich. Bei Bedarf werden weitere Zeitfenster eingerichtet. Für Gruppen sind individuelle Termine möglich. Die Rundgänge starte im Besucherzentrum im PS.Depot Kleinwagen, Altendorfer Tor 3/Zugang über die Schusterstraße.ek