AWO Sertürner-Krankenhaus geht in Planinsolvenz

Betrieb läuft für Patienten und Mitarbeiter ohne Einschränkungen weiter / Gehälter der 500 Mitarbeiter gesichert

In die Planinsolvenz geht das AWO Sertürner-Krankenhaus in Einbeck, ebenso das Haus in Stadtoldendorf, das AWO Charlottenstift. Damit sollen die Altschulden, die die beiden Häuser belasten, neu geregelt werden, teilt die AWO Krankenhausbetriebsgesellschaft mit.

Einbeck. Die sogenannte Planinsolvenz ist ein Spezialfall des Insolvenzverfahrens. Ziel ist der Erhalt des Unternehmens. Bei der Planinsolvenz bleibt die alte Geschäftsführung im Amt, der bestellte Insolvenzberater tritt nur beratend auf. Die Planinsolvenz wird in der Regel von einem Sanierer begleitet, der zusammen mit der Unternehmensführung vor der Antragsstellung den Insolvenzplan ausarbeitet. Über den beim Amtsgericht eingereichten Plan entscheiden dann die Gläubiger. Gibt es eine Perspektive für den Fortbestand des Unternehmens, soll durch diesen Plan ermöglicht werden, ganz oder teilweise von der Insolvenzordnung abzuweichen.

Die Anträge auf Planinsolvenz wurden bei den Amtsgerichten Holzminden und Göttingen eingereicht. Mit der Eröffnung des Verfahrens haben die Mitarbeiter für drei Monate einen Anspruch auf Zahlung eines Insolvenzgeldes. Das Insolvenzgeld entspricht der Höhe des bisherigen Einkommens und wird von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt.

Mit der Entscheidung der AWO Kranken-hausbetriebsgesellschaft mbH für ein Planinsolvenzverfahren sollen die Altschulden, die beide Häuser belasten, neu geregelt werden, teilt das Unternehmen mit. »Das ist der letzte noch ausstehende Schritt im Sanierungsplan«, erklärt der Geschäftsführer der AWO Krankenhausbetriebsgesellschaft, Wolfgang Schuth. »Seit der Übernahme im Dezember 2011 haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Möglichkeiten der neuen Insolvenzverordnung in Anspruch nehmen zu können.«  So wurden mit den Krankenkassen eine neue Budgetvereinbarung für Einbeck geschlossen, Angebote, die nicht in die strategische Neuausrichtung passen, abgebaut, die Pflege in Stadtoldendorf neu strukturiert und mit Einweisern in der Region Kooperationen vereinbart. »Wir haben alle ausstehenden Gehälter inklusive Weihnachtsgelder bezahlt. Die offenen Fachärztestellen sind alle wieder besetzt«, sagt der Geschäftsführer der Kliniken, Holger Neumann. Mit diesen ersten Sanierungsschritten sei es gelungen, die Patientenzahlen erheblich zu steigern und die Erlössituation beider Kliniken deutlich zu verbessern.

Die AWO Krankenhausbetriebsgesellschaft habe innerhalb weniger Monate den Beweis erbracht, dass die beiden Krankenhäuser im operativen Geschäft wirtschaftlich zu betreiben seien. Das sei die entscheidende Bedingung, um die Möglichkeiten der seit März geltenden Insolvenzverordnung nutzen zu können. Dabei wird der Plan zur Sanierung des Unternehmens unter einem zeitweiligen Schutzschirm im Vernehmen mit einem Gläubigerausschuss umgesetzt. Für die Patienten und rund 500 Mitarbeiter geht der Betrieb ohne Einschränkungen weiter. Die Gehälter sind im Insolvenzverfahren gesichert.

»Die beiden Kommunen stehen zu unserem Konzept. Damit sind die Aussichten gut, nun auch noch für die Altschulden eine Lösung zu finden«, so Schuth. »Wir haben die Kliniken übernommen, weil wir für eine gemeinnützige Alternative zu den Konzentrationsprozessen im Gesundheitswesen stehen. Ginge es allein nach den Prämissen des Marktes, wären diese Häuser seit zwei Jahren geschlossen. Als AWO sind wir jedoch überzeugt, dass wir einen neuen Typ Krankenhaus in der Fläche brauchen, zum Beispiel mit einer Akutgeriatrie in Stadtoldendorf – insgesamt ein Krankenhaus der niedrigen Mauern, vernetzt mit anderen sozialen Angeboten, als gesellschaftlicher Akteur in der Region.«

Man wolle ein Gesundheitswesen, dessen einzelne Teile zueinander passten. Die Mitarbeiter sollen heute über Einzelheiten des Sanierungskonzeptes informiert werden.

Das AWO Sertürner-Krankenhaus Einbeck hat 116 und das AWO Charlottenstift Stadtoldendorf 92 Planbetten. Zur Einbecker Klinik gehören außerdem eine Kurzzeitpflege mit 20 Betten sowie eine Sozialstation und ein ambulanter Pflegedienst.sts