Beratungsstelle wird noch einige Jahre gebraucht

»Neue Nachbarn« sind umgezogen – vom Museumscafé ins Haus Auf dem Steinwege | Nachhaltige Integration

Michael Büchting von der Diakoniestiftung, Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Fachbereichsleiter Arnd Severidt, Marco Spindler, Diakoniestiftung, Flüchtlingssozialarbeiter Roland Heimann und Mitarbeiterin Mayssam Freitag (von links) vor der neuen Beratungsstelle, Auf dem Steinwege 7.

Einbeck. Nach dem Umzug im Sommer haben die »Neuen Nachbarn« jetzt ihr neues Quartier offiziell vorgestellt: Zu einem »Tag der offenen Beratungsstelle« hatte das Projekt ins Büro Auf dem Steinwege 7 eingeladen. Knapp zwei Jahre war zuvor das Museumscafé Anlaufstelle für Geflüchtete und ehrenamtliche Helfer.
Viel habe man schon geschafft, aber wenn man nachhaltig arbeiten wolle, müsse man dicke Bretter bohren, stellte Marco Spindler von der Diakoniestiftung »Nächstenhilfe in Einbeck« fest. Im Sommer 2014, erinnerte er, gab es erste Berichte, dass viele Menschen auf dem Weg nach Deutschland seien. Im Oktober waren dann viele Geflüchtete schon vor Ort angekommen – Kirchengemeinden gaben Rückmeldungen, auch mit dem Hinweis, dass Hilfe benötigt werde. Ab November meldeten sich viele Menschen als ehrenamtliche Helfer, aber sie brauchten Unterstützung und Koordination. Die Deutschen hätten sich als weltoffen erwiesen, vielen sei auch das Thema Flucht vertraut. Sie hätten sich aber fachliche Anleitungen gewünscht, wie man sich als Freiwilliger am besten kümmern könne.

Die Beratungsstelle »Neue Nachbarn« sei Anfang 2015 mit Unterstützung der Stadt Einbeck und der AKB-Stiftung, mit Geld vom Landkreis, der Landeskirche und des Landes unter Federführung der Diakoniestiftung eingerichtet worden, blickte er zurück. Ehrenamtskoordinatorin Zsuzsanna Bényei-Büttner war knapp zwei Jahre mit 25 Wochenstunden hier beschäftigt. Sie sei, so Marco Spindler, eine gute Ansprechpartnerin gewesen. Im April habe sie aus persönlichen Gründen dieses Amt aufgegeben. Bereits seit März des vergangenen Jahres ist Flüchtlingssozialarbeiter Roland Heimann mit einer vollen Stelle, finanziert über die Stadt Einbeck, tätig. Für einige Monate gab es auch einen Bundesfreiwilligendienstler, und seit Mai ist Mayssam Freitag als pädagogische Mitarbeiterin dabei – zunächst mit fünf Wochenstunden, demnächst sollen es aber mehr werden.

Ziel der »Neuen Nachbarn« ist es, dezentral untergebrachte Geflüchtete schnellstmöglich in das Gemeinwesen vor Ort einzubinden. Es sollen Netzwerke ehrenamtlicher und professioneller Hilfen geknüpft, koordiniert und fortentwickelt werden.

Außerdem sollen konkrete Angebote und Hilfen erarbeitet werden, die Geflüchtete dabei unterstützen, ein möglichst hohes Niveau an Integration zu erreichen, etwa mit Blick auf die Sprache, die berufliche Integration und die »Kultur-Edukation«. Es sei wichtig, betonte Marco Spindler, die »neuen Nachbarn« schnell zu integrieren und Begegnungen zu ermöglichen, um so die Bildung eigener Milieus zu vermeiden. Dieser gegenseitige Lernprozess erfordere Offenheit auf beiden Seiten. Geflüchtete sollen in die Lage versetzt werden, eine gute Balance zwischen der eigenen und der neuen Kultur herzustellen und ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland zu führen. Auf die Erstversorgung und die niedrigschwellige Integration folgt damit die nachhaltige
Integration.

Die Beratung binde viele Ressourcen bei den Mitarbeitern der »Neuen Nachbarn«, erläuterte Roland Heimann. Darüberhinaus bleibe man Ansprechpartner für Ehrenamtliche. Dazu ist am 23. November eine Fortbildung geplant. Über die Zeit habe das ehrenamtliche Engagement nachgelassen, bis zu einem dramatischen Einbruch. Viele wollten sich nicht langfristig einbringen, das sei ein normaler Prozess. Allerdings seien die Zahlen der Ratsuchenden gesunken: Viele seien weitergezogen. Und auch die Art der Begleitung habe sich verschoben. Nachdem die Erstorientierung geglückt sei, werde jetzt Hilfe in anderen Bereichen benötigt.

Abstimmungsbedarf sieht das »Neue Nachbarn«-Team insbesondere bei den Sprachangeboten. Hier müsse es im Bereich der Erwachsenenbildung eine bessere Verständigung geben. Positiv sei die enge

Kooperation mit der Flüchtlingsinitiative in Dassel/Markoldendorf

Die neuen Räumlichkeiten, die im wesentlichen Roland Heimann gestaltet hat, unterstützt von Schüler des Berufsvorbereitungsjahres Technik der BBS Einbeck, bieten auch neue Chancen für weitere Angebote: Im ehemaligen Blumengeschäft stehen auf 70 Quadratmetern ein Büro beziehungsweise Beratungsraum und ein Gruppenraum zur Verfügung.

Ab dem 15. November ist eine Beratung mit der Handwerkskammer geplant. Einmal im Monat, bei Bedarf später auch öfter, geht es darum, wie Geflüchtete in eine Ausbildung gebracht werden können. Weiter werden zwei Deutsch-Kurse angeboten und ein Näh-Tag. Im Einbecker Kinder- und Familienservicebüro gibt es eine regelmäßige Krabbelgruppe. Das sei, so Mayssam Freitag, besonders wichtig, denn wenn man Angebote für Frauen mache, müsse die Kinderbetreuung geregelt sein.

Die Angebote und Hilfen der Neuen Nachbarn umfassen zudem kulturelle Veranstaltungen, das Gebrauchtwarenmagazin in der Hullerser Straße, Sozialberatung, Kontakt zu Vereine, eine Fahrradwerkstatt und Radfahrkurse, und es gibt einen Dolmetscherpool.

Diese Leistungen, stellte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek fest, hätte die Stadt allein niemals aufbringen können und unter dem Zukunftsvertrag auch nicht dürfen. Bis zu 700 Flüchtlinge hätten Einbeck in den vergangenen zwei Jahren erreicht. Derzeit würden etwa 250 Personen im Raum Einbeck/Kreiensen von den »Neuen Nachbarn« betreut; untergebracht seien hier derzeit etwa 500. Aktuell gebe es wieder einige Zuweisungen, und damit laufe auch alles rund um die Erstversorgung erneut an. Die Anlaufstelle werde auch die nächsten zwei bis drei Jahre noch gebraucht, damit rechnet sie ebenso wie Fachbereichsleiter Arnd Severidt. Man sei noch nicht in der Nähe des Ziels angekommen.

Man arbeite daran, ein Miteinander zu schaffen, aber bei realistischer Sicht bemerke man auch Probleme, führte Roland Heimann aus. Die größten Schwierigkeiten gebe es deshalb, weil man sich nicht kenne.ek